08.04.2022 |

Agrarstaatssekretärin: Regeln für neue Gentechnik nicht aufweichen

Agrarstaatssekretärin Silvia Bender  Foto: BMEL Agrarstaatssekretärin Silvia Bender Foto: BMEL

Pflanzen, die mit neuen Gentechnikverfahren (NGT) wie Crispr/Cas verändert wurden, müssen auf ihre Risiken geprüft, behördlich zugelassen und gekennzeichnet werden. Das seien wichtige Elemente des geltenden regulatorischen Rahmens, in dem sich ihr Ministerium in der neuen Legislaturperiode bewegen werde, sagte Agrarstaatssekretärin Silvia Bender heute bei einer Diskussion des Grain-Club. Dabei wolle man die ökologischen und gesellschaftlichen Folgen dieser Techniken stärker betrachten als bisher.
Die Grünenpolitikerin verwies darauf, dass alle Studien der jüngsten Zeit eine stabil hohe Skepsis der Bevölkerung gegenüber gentechnischen Verfahren zeigen und die Menschen sich daher beim Thema Gentechnik in Lebensmitteln Transparenz und Wahlfreiheit wünschen. „Eine Deregulierung auf europäischer Ebene würde diesen Wünschen der Verbraucherinnen und Verbraucher entgegenlaufen und ich bin der Meinung, dass wir das nicht tun sollten“, sagte Bender im Blick auf die aktuelle Diskussion in der Europäischen Union (EU), NGT-Pflanzen aus dem Gentechnikrecht auszunehmen. Ihr Minister und Parteikollege Cem Özdemir hatte vergangene Woche in einer Fragestunde des Verbandes Deutscher Agrarjournalisten gesagt, er müsse sich ins Thema neue Gentechnik erst noch einlesen.
Seine Staatssekretärin, die aus ihrer früheren Arbeit in Bio- und Umweltverbänden bereits viel Expertise zur Agrogentechnik mitbringt, zählte zum Auftakt der Diskussion heute die offenen Fragen auf, die vor gesetzgeberischen Entscheidungen geklärt werden sollten: Welche Risiken birgt die neue Gentechnik für die Gesundheit der Menschen, die Umwelt und die Ökologie? Wie ist damit umzugehen, dass Eingriffe mit Crispr/Cas zu Genveränderungen führen können, die gar nicht beabsichtigt waren (off-target-effekte)? Dass die Technik Bereiche des Pflanzengenoms verändern kann, die vor natürlichen Mutationen geschützt sind. Welche sozioökonomischen Folgen hat es, wenn die Hersteller das genveränderte Saatgut patentieren lassen und es damit für Kleinbauern möglicherweise nicht mehr nutzbar ist? Und passt das Ziel der Bundesregierung, eine vielfältige Agrarlandschaft zu fördern, zu den Zielen der großen Pflanzenzuchtunternehmen?
Der Geschäftsführer des Bundes deutsche Pflanzenzüchter, Carl-Stephan Schäfer, entgegnete, dass er den Titel der Veranstaltung „Mit der Genschere Crispr/Cas zu mehr Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Umweltschutz!?“ als Arbeitsauftrag für seine Branche betrachte. Er sieht in den neuen gentechnischen Verfahren ein großes Potential, schneller als bei konventioneller Züchtung stabile Erträge unter sich ändernden Umweltbedingungen zu erhalten. Die Frage aus dem Chat, welche Crispr-Pflanzen weltweit bereits angebaut werden, konnte Schäfer nicht beantworten. In der EU sei der Anbau jedenfalls verboten. Das gelte auch in der Schweiz, ergänzte Jürg Niklaus vom schweizerischen Verein «Sorten für morgen». Dort hat das Parlament die Regierung kürzlich damit beauftragt, bis 2024 zu ermitteln, welche Folgen es hätte, würde die neue Gentechnik vom geltenden Anbaumoratorium ausgenommen (der Infodienst berichtete).
Einig waren sich Staatssekretärin und Pflanzenzüchter, dass es fraglich ist, ob man Pflanzen mit einem punktuellen Eingriff ins Genom fit für den Klimawandel machen kann. Die Anpassung einer Pflanze an ihre Umgebung sei ein komplexer Vorgang. Silvia Bender hob hervor, wie widersprüchlich es sei, einerseits zu betonen, wie klein und schwer nachweisbar eine Genveränderung mit Crispr/Cas sei. Andererseits solle sie in der Lage sein, komplexe Wirkungen wie eine Trockentoleranz zu erzielen. Das müsse alles noch besser erforscht werden. Denn ist eine NGT-Pflanze einmal in die Umwelt entlassen, kann sie nicht zurückgeholt werden. Damit unterscheide sich das Problem auch deutlich von der Frage, ob die neue Gentechnik in der Medizin eingesetzt werden soll, um Patienten zu behandeln, betonte die Staatssekretärin.
Die österreichische Organisation Global 2000 und die IG Saatgut haben übrigens gestern eine Übersicht vorgestellt, welche neuen Gentechnikpflanzen sich aktuell in den Entwicklungspipelines der Unternehmen befinden. Sie fanden drei Pflanzen, die in einzelnen Ländern auf dem Markt sind: herbizidresistenter Raps, Soja mit einem veränderten Ölsäuregehalt und die so genannte GABA-Tomate. „Unsere Recherche offenbart vollmundige Versprechungen, real findet sich bislang kein einziger Zulassungsantrag für ‘klimafitte’ NGT-Pflanzen”, so Autorin Eva Gelinsky von der IG Saatgut. [vef]

06.04.2022 |

Indien nimmt Crispr-Pflanzen aus Gentechnikrecht

Indien Kleinbäuerin in Indien (Foto: V.Reddy/CCAFS/flickr.com)

Genomeditierte Pflanzen, bei denen kein artfremdes Erbgut eingebaut wurde, brauchen in Indien künftig keine Zulassung nach dem Gentechnikrecht mehr. Dies ordnete das indische Umweltministerium an. Umweltorganisationen kritisierten diesen Schritt, während Gentechniker und deren Lobbyverbände ihn begrüßten.
Das Ministerium verkündete seine Entscheidung Ende März in einem als „Office Memorandum“ titulierten Schreiben. Es berief sich dabei auf einen Passus im indischen Gentechnikgesetz von 1989, der ihm die Vollmacht dazu erteile. Weiter schrieb das Ministerium, dass die Abteilung Biotechnologie im Forschungsministerium und die Abteilung Agrarforschung im Landwirtschaftsministerium diesen Schritt empfohlen hätten.

Für die Zulassung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in Indien ist die dem Umweltministerium zugeordnete Behörde GEAC zuständig. Sie hat für den kommerziellen Anbau bisher nur gentechnisch veränderte (gv) Baumwolle zugelassen. Vorstöße für die Zulassung von gv-Senf und gv-Auberginen scheiterten, nicht unbedingt an der GEAC, sondern an öffentlichen Protesten, die den jeweiligen Umweltminister zum Einlenken brachten.

Die Zeitung The Hindu berichtete, staatliche indische Agrarforscher hätten bereits im Januar 2020 Leitlinien vorgeschlagen, um genomeditierte Pflanzen vom Gentechnikrecht auszunehmen. Dieser Vorschlag habe seither unbearbeitet bei der GEAC gelegen. Im Oktober 2021 forderten mehrere hochrangige Agrarforscher Indiens Ministerpräsident Narendra Modi auf, das Gentechnikrecht zu ändern. Sie argumentierten, dass diese genomeditierten Pflanzen harmlos seien und die Pflanzenzüchtung enorm beschleunigen würden. Indische Forscher arbeiten mit gentechnischen Methoden wie Crispr/Cas vor allem an Reispflanzen und wollen diese Medienberichten zufolge schon in den nächsten Jahren auf den Markt bringen.

Dieser Reis müsste jetzt nicht mehr zugelassen oder gekennzeichnet werden. Das Office Memorandum erwähnt lediglich, dass die im Labor entwickelten Pflanzen von der dem Forschungsministerium unterstehenden Behörde IBSC überprüft werden müssen, bevor sie angebaut werden dürfen. Diese soll sicherstellen, dass die genomeditierte Pflanze tatsächlich kein artfremdes Erbgut enthält. Anschließend würden nur noch die üblichen Gesetze für Saatgut für den Verkauf der Saaten und den kommerziellen Anbau gelten.

Für Suman Sahay von der gentechnikkritischen Organisation Gene Campaign ist Genome Editing auch dann riskant, wenn keine fremde DNA eingeführt wird. „Der Punkt ist, dass Sie dabei einen aggressiven Eingriff in einen natürlichen Prozess vornehmen“, sagte er der Nachrichtenagentur IANS. Auf der Plattform The Ecologist schrieb Bharat Dogra, Campaigner von Save Earth Now: „Diejenigen, die sich für den Schutz der indischen Landwirtschaft vor dem Ansturm gentechnisch veränderter Pflanzen einsetzen, haben bereits erklärt, dass diese kürzlich vorgenommenen Änderungen riskant und unwissenschaftlich sind und dass sie rechtlich angefochten werden sollten.“ Als einen mutigen Schritt mit weitreichenden Folgen für die landwirtschaftliche Entwicklung Indiens lobte hingegen der indische Gentechnik-Forscher Vijay Paranjape für die Alliance for Science die Entscheidung des Umweltministeriums. Diese dürfte der Saatgutindustrie und den Landwirten des Landes einen enormen Auftrieb geben, schrieb der frühere Monsanto-Mitarbeiter Paranjape. [lf]

02.04.2022 |

Streit um Crispr-Patente: Wer bekommt die Milliarden?

Kein Patent auf Leben Foto: Kein Patent auf Leben

Vor zehn Jahren stellten Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna Crispr/Cas9 als neues gentechnisches Werkzeug vor. Sie bekamen dafür den Nobelpreis. Doch im Streit um die Patente für das Verfahren mussten die beiden Wissenschaftlerinnen und die mit ihnen verbundenen Universitäten von Kalifornien und Wien in den USA eine herbe Niederlage hinnehmen. Beendet ist der Patentstreit damit noch lange nicht.

Das US-Patentamt wies Ende Februar 2022 Patentansprüche zurück, die Charpentier und die beiden Universitäten (in den Unterlagen als CVC abgekürzt) gestellt hatten. Stattdessen sprach das Patentamt diese Rechte dem Molekularbiologen Feng Zhang und dem Broad Institut in Cambridge, Massachusetts zu.

Die Ansprüche bezogen sich auf die Anwendung von Crispr/Cas9 in eukaryotischen Zellen, also Zellen mit einem Zellkern, aus denen Pflanzen, Tiere und Menschen bestehen. Alle Anwendungen von Crispr/Cas9 in der Agro-Gentechnik und der medizinischen Therapie beim Menschen fallen darunter. Wer in diesen Bereichen mit Crispr/Cas9 Produkte oder Therapien entwickelt und diese vermarkten will, braucht eine Lizenz der Patentinhaber. Diese könnten damit bis zu zehn Milliarden Euro verdienen, sagte ein Patentrechtsexperte der Zeitung East Coast Times.

Bereits 2016 hatte das US-Patentamt entschieden, dass CVC 2012 die ersten waren, die die Anwendung von Crispr/Cas in prokyriotischen Zellen ohne Kern, wie sie Bakterien aufweisen, vorgestellt hatten. Solche Zellen enthalten natürlicherweise Crispr-Systeme, um sich gegen Viren zu wehren. Dort entdeckten Charpentier und Doudna Crispr und entwickelten daraus das Werkzeug Crispr/Cas9. Das Patent, das sich auf Bakterienzellen bezog, sprach die Behörde CVC zu.
Bei der Anwendung in eukaryotischen Zellen sah das Patentamt jedoch das Broad Institut vorne, das diese im Januar 2013 vorgestellt hatte. Aus Sicht der Behörde hätten die Forscher aus Massachusetts die Crispr-Technologie so grundlegend erweitert, dass dies eigene Patente rechtfertige und keine Verletzung des grundlegenden Patents von Charpentier und Doudna darstelle. Diese Auffassung bestätigte ein Bundesberufungsgericht der USA 2018.

Im nun entschiedenen Patentstreit versuchte CVC nachzuweisen, dass sie ebenfalls an der Anwendung in eukaryotischen Zellen geforscht hatten und das Broad Institute nur deshalb schneller gewesen sei, weil sie wichtige Daten aus der ersten Veröffentlichung über Crispr/Cas schon vorab zugespielt bekommen hätten. So berichtete es Heise.de mit Verweis auf das Biotech-Nachrichtenportal StatNews. Die Patentbehörde entschied nach der Durchsicht von Labornotizen und E-Mails dennoch, dass Zhang das erste funktionierende Crispr-System für Eukaryoten entwickelt habe. Doudna und Charpentier kündigten laut Heise.de an, in Berufung zu gehen.

Die Entscheidung des Patentamtes gilt nur für die USA und betrifft insbesondere Unternehmen, die mit Lizenzen von CVC an Crispr-Therapien für Menschen arbeiten. Dazu zählen etwa die von Jennifer Doudna mitgegründeten Unternehmen Intellia Therapeutics und Caribou oder das von Charpentier mitgegründete Crispr Therapeutics. Sie müssten „möglicherweise eine Vereinbarung mit dem Broad-Team treffen, das Anspruch auf einen Teil der Gewinne aus den Behandlungen haben könnte“, schrieb die Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft.

Das Europäische Patentamt hingegen hat sich in dem Patentstreit weitgehend auf die Seite von CVC geschlagen. Auch in vielen asiatischen Ländern seien die wichtigsten Patente noch in der Hand der Nobelpreisträgerinnen, schrieben die RiffReporter und vermuteten, dass dieses „Patentchaos“ den internationalen Handel mit gentechnisch hergestellten Produkten und den Einsatz von Therapien erschweren werde. Schon jetzt sei die Lage für Unternehmen unübersichtlich, da es neben den grundlegenden Patenten inzwischen „mehrere hundert Crispr/Cas-Patente für Anpassungen der Technologie“ gebe. Spektrum der Wissenschaft schrieb mit Verweis auf das Schweizer Wirtschaftsforschungsunternehmen Centredoc sogar, dass es „inzwischen mehr als 11000 Patentfamilien für Crispr-bezogene Technologien“ gebe. In den Fachmedien gab es zwei Prognosen: Entweder die beiden Streitparteien einigen sich und verwerten ihre Patente gemeinsam oder sie streiten sich noch weitere zehn Jahre und geben für die Prozesse dann womöglich ebenso viel Geld aus, wie sie über die Patente bekommen könnten. [lf]

30.03.2022 |

Ukrainekrieg: Ausnahmeregeln für Bio-Eiweißfutter?

Schweine fressen viel Soja Foto: United Soybean Board, https://bit.ly/3uIjaPq, creativecommons.org/licenses/by/2.0 Schweine fressen viel Soja Foto: United Soybean Board, https://bit.ly/3uIjaPq, creativecommons.org/licenses/by/2.0

Weil die Ukraine ein wichtiges Exportland für gentechnikfreie Soja- und Rapsfrüchte ist, sorgen sich angesichts des dortigen Krieges Bauern und Verbände um den Nachschub. Wichtig sind diese Ackerfrüchte vor allem als Eiweißfutter für gentechnikfreie konventionelle oder biologische Schweine und Hühner. Politiker und Verbände fordern, die Fütterregeln für diese Tiere vorübergehend zu lockern und die Tierbestände generell zu reduzieren.
So hat sich Agrarstaatssekretärin Silvia Bender vergangene Woche beim Agrarrat in Brüssel dafür ausgesprochen, „EU-weit als zeitlich begrenzte Maßnahme konventionelle Futtermittel in Bio-Eiweißfuttermitteln zu nutzen“, teilte ihr Ministerium mit. Diskutiert werde vor allem, Biolandwirten fünf Prozent konventionelles gentechnikfreies Eiweißfutter für Schweine und Geflügel aller Altersgruppen bis maximal 31.12.2022 zu erlauben, schrieb eine Sprecherin des Agrarministeriums auf Anfrage des Infodiensts. Ziel sei es, eine rechtliche Lösung zu finden, um eine Versorgung der Bio-Tiere mit Eiweißfuttermitteln sicher zu stellen. Regeln müsse das die Europäische Kommission und umsetzen die Bundesländer; mit beiden sei man dazu im Austausch. Eine Beschlussvorlage zum Thema sei unter den Bundesländern bereits im Umlauf, hieß es aus Sachsen-Anhalt. Österreich hat die fünf-Prozent-Ausnahme für erwachsene Tiere nach Expertenangaben schon verlängert.
Hintergrund ist, dass es bis Ende 2021 in der Europäischen Union (EU) erlaubt war, dem Bio-Eiweißfutter für erwachsene Schweine und Geflügel in Mangelsituationen fünf Prozent konventionelles Futter beizumischen. Denn Eiweißfutter in Bioqualität war schon vor dem Ukraine-Krieg zuweilen knapp. Zum Jahreswechsel wurde diese Ausnahme der EU-Öko-Verordnung dann auf Jungtiere beschränkt. Da der Krieg in der Ukraine die Warenströme stört und in diesem Jahr dort absehbar weniger Sojabohnen und Raps geerntet werden, fordern Bioverbände wie der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) oder Naturland, die Fünf-Prozent-Regel für Bio-Eiweißfutter auch für erwachsene Schweine und Geflügel befristet fortgelten zu lassen. Dabei muss es sich nach EU-Öko-VO grundsätzlich um gentechnikfreies Futter handeln.
Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG), der die Produzenten konventioneller Lebensmittel mit dem „Ohne Gentechnik-Siegel“ vertritt, sieht aktuell noch ausreichende Mengen an gentechnikfreiem Raps- und Sojaschrot auf dem Markt. Er verweist auf Zahlen von Donau-Soja und Ovid, wonach nur rund zehn Prozent der in Deutschland verfütterten konventionellen gentechnikfreien Soja- und Rapsfrüchte aus der Ukraine kommen. Die Versorgung bis zur nächsten Ernte sei gesichert. Für 2022 erwartet Donau-Soja, dass ukrainische Bauern 70 Prozent der Sojamenge des Vorjahres ernten, heißt es in einer Medieninfo des VLOG.
Auch wenn aktuell noch ausreichend gentechnikfreies Futter verfügbar sei, gebe es einen deutlichen Preissprung, der ein großes Problem für die Betriebe darstelle, konstatiert VLOG-Geschäftsführer Alexander Hissting. „Hier setzen wir auf Solidarität entlang der Wertschöpfungskette, die Kosten müssen weitergegeben werden.“ Sprich: Fleisch und Eier ohne Gentechnik werden teurer. Was zu tun ist, falls doch einmal gentechnikfreier Nachschub fehlen sollte, darüber tausche man sich aktuell eng mit Unternehmen, Verbänden, Behörden und Politik aus. „Gemeinsam treffen wir Vorsorge für alle denkbaren Szenarien und bereiten auch Lösungen dafür vor, falls künftig in Einzelfällen vorübergehend tatsächlich keine gentechnikfreien Futtermittel verfügbar sein sollten“, so Alexander Hissting.
Ziel sei, die Versorgung der Tiere stets sicherzustellen und zugleich dafür zu sorgen, dass die Unternehmen möglichst im VLOG-System bleiben können, erläutert der VLOG-Geschäftsführer. Wenn eine gentechnikfreie Fütterung nicht durchgehend möglich sein sollte, müssten die Verbraucher immer transparent informiert werden. Eine Alternative zeigen Bioverbände und grüne Politiker auf: weniger Tiere aufziehen. Dass in Europa rund 70 Prozent der auf landwirtschaftlichen Nutzflächen erzeugten Rohstoffe in Trog oder Tank landen, das sei kein effizienter Umgang mit Ressourcen, kritisiert der grüne Europaabgeordnete Martin Häusling. Gerade in Kriegs- und Krisenzeiten müsse die Agrarwirtschaft prioritär Lebensmittel produzieren. [vef]

25.03.2022 |

Brasilien: Gentech-Mais kontaminiert alte Landsorten

Gentechnik bedroht die Vielfalt (Foto: CCO) Gentechnik bedroht die Vielfalt (Foto: CCO)

Traditionelle Maissorten in Brasilien sind großflächig mit dem Erbgut gentechnisch veränderter Maissorten verunreinigt. Wissenschaftler der brasilianischen Agrarforschungsbehörde Empraba fanden in einem Drittel von gut 1000 untersuchten Proben Gene für Herbizidresistenzen und für die Produktion verschiedener für Insekten giftiger Bt-Toxine. Die Experten folgerten daraus, dass die in Brasilien geltenden Biosicherheitsstandards nicht ausreichen, um die alten Landrassen zu schützen.

Brasilien weist ähnlich wie Mexiko eine große Vielfalt an alten Maissorten auf, von denen viele endemisch sind, also nur dort vorkommen. Ihre genetischen Besonderheiten, die sich im Laufe der Jahrhunderte des Anbaus in einer regenarmen Region herausgebildet haben, sind eine wertvolle Ressource, um andere Maissorten züchterisch an den Klimawandel anzupassen.

Dieser Diversitäts-Hotspot ist durch den massiven Anbau von gentechnisch verändertem (gv) Mais auf mehr als 15 Millionen Hektar bedroht. Das Ausmaß dieser Bedrohung macht die Studie der Empraba deutlich. Es ist die erste, die seit der Zulassung von gv-Mais in Brasilien 2007 dieses Thema anging. Dazu zogen Empraba-Mitarbeiter aus den Ernten 2018/19 und 2020/21 von Familienbetrieben aus dem trockenen Nordosten Brasiliens insgesamt 1098 Proben. In 34 Prozent davon konnten sie im Labor Gentech-Konstrukte im Erbgut nachweisen. Dabei lag die Fallzahl in der Ernte 2020/21 mit 41 Prozent deutlich höher als in der Ernte zwei Jahre davor. Das deutet auf eine ansteigende Tendenz hin.

Am häufigsten traten Verunreinigungen auf, wenn Bauern Saatgut auf dem Markt einkauften oder aus öffentlichen Programmen bezogen. Die meisten Proben jedoch stammten von Landwirten, die ihr Saatgut nur untereinander tauschten, aus dörflichen Saatgutbanken bezogen oder nur die eigene Ernte wieder zur Aussaat verwendeten. Auch in diesen Fällen war das Saatgut zu einem Drittel verunreinigt. Die meisten verunreinigten Saatgutproben enthielten ein oder mehrere Gene, um Bt-Toxine zu produzieren. In über der Hälfte der Proben fanden die Forscher eine Glyphosat-Resistenz. Überlappend wiesen 37 Prozent der verunreinigten Proben sowohl eine Herbizid-Resistenz als auch Bt-Gene auf. Einige Pflanzen waren zusätzlich noch gegen das Herbizid Glufosinat resistent. In einer Probe kamen sogar sieben verschiedene Gentech-Konstrukte vor.

Deutliche Kritik äußerten die staatlichen Forscher an den brasilianischen Koexistenzregeln, die lediglich einen Abstand von 100 Metern zwischen Feldern mit und ohne gv-Mais vorsehen. Zudem würde gv-Saatgut häufig ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Hinweise verkauft, so dass die Landwirte gar nicht wüssten, dass sie sich gv-Pflanzen aufs Feld holen. Die Forscher forderten weitere Studien für andere Landesteile und empfahlen dafür ihr Vorgehen. Sie hatten die Landwirte in die Messungen eingebunden und dafür Schnelltests verwendet, die sofort ein Ergebnis lieferten. Allerdings, so schreiben sie, seien diese Tests für die Landwirte teuer, für ein umfassenderes Monitoring müssten sie vom Staat zur Verfügung gestellt werden. Notwendig sei auch, dass die Tests neue gv-Sorten nachweisen könnten. In diesem Zusammenhang schreiben die Empraba-Experten: „Die kommerzielle Zulassung von gentechnisch veränderten Sorten in Brasilien erfolgt schneller als das Land in der Lage ist, wirksame Maßnahmen zum Schutz von Landsorten und Saatgutmanagementsystemen der Landwirte zu ergreifen“. Die brasilianische Regulierungsbehörde CTNBio forderten sie auf, ihre Zulassungsregeln zu überarbeiten und die Erleichterungen der letzten Zeit wieder zurückzunehmen. Diese betrafen vor allem neue Maissorten mit mehreren Gentech-Konstrukten, so genannte Stacked Events. Das Fazit der Empraba: „Es sind wirksame Maßnahmen erforderlich, um gentechnisch verändertes Saatgut auf die Gebiete und landwirtschaftlichen Systeme zu beschränken, für die es entwickelt wurde“. Nur so könne verhindert werden, dass die Landwirte, die alte Landrassen anbauen und damit erhalten, ihre Rechte und ihr Saatgut verlieren. [lf]

22.03.2022 |

Aus dem Gentech-Reaktor: In den USA kommt Milch ohne Kuh auf den Markt

Milch Tasse Milch (Foto: Andreas Levers / flickr, bit.ly/1TLvA1b, creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0)-+-

Das Unternehmen Betterland Foods will diesen Sommer in den USA die erste Milch auf den Markt bringen, die ohne Kühe erzeugt wurde. Sie besteht aus pflanzlichen Ölen und Milcheiweiß. Dieses stammt von gentechnisch veränderten Mikroorganismen, die Kuh-DNA enthalten und damit die Proteine im Bioreaktor herstellen, aus einer Nährlösung mit Zucker.

Entwickelt hat die Gentech-Mikroorganismen und die damit hergestellten Proteine die Firma Perfect Day. Das Startup aus San Francisco begann damit vor acht Jahren, hat inzwischen insgesamt 750 Millionen US-Dollar an Wagniskapital eingeworben und arbeitet an seinem Börsengang. Es wirbt damit, dass seine Herstellungsweise weitaus weniger Wasser verbrauche und Treibhausgase ausstoße als die Milcherzeugung mit Rindern. Laut Perfect Day haben die Proteine von der US-Lebensmittelbehörde FDA den Status „Generally Recognized as Safe“ (generell als sicher anerkannt) bekommen. Das Unternehmen vermarktet sie in den USA bereits als Bestandteil von Eiscreme, Backmischungen und veganem Käse sowie als Proteinpulver zur Nahrungsergänzung.

Perfect Day macht aus der gentechnischen Veränderung des benutzten Schlauchpilzes kein Geheimnis und verweist darauf, dass die gereinigten Proteine keine gentechnisch veränderten Organismen mehr enthalten. Nach diesem Verfahrensprinzip werden übrigens auch Enzyme – die ja ebenfalls Eiweiße sind – hergestellt. Diese Gentech-Enzyme müssen in der EU nicht deklariert werden, da sie nur als Verarbeitungshilfstoffe eingesetzt werden, etwa bei der Pressung von Saft. Von gentechnisch veränderten Mikroorganismen (GVO) hergestellte Molkeproteine als Zutat in einem Lebensmittel bräuchten jedoch aufgrund des prozessorientierten Ansatzes des EU-Gentechnikrechts eine Zulassung. Denn nach der einschlägigen EU-Verordnung 1829/2003 gelten auch aus GVO hergestellte Produkte als GVO, selbst wenn das geänderte Erbgut sich in ihnen nicht mehr nachweisen lässt.

Nun gibt es auf dem Markt (in den USA ebenso wie in der EU) längst pflanzlichen Milchersatz aus Soja oder Hafer, der ebenfalls mit seinen Umweltvorteilen wirbt und starke Wachstumsraten verzeichnet. Deshalb stehen beim Marketing der Betterland-Milch auch die Milchproteine im Vordergrund. Sie sollen dafür sorgen, dass sich das Produkt ebenso verarbeiten lässt wie Kuhmilch und ebenso schmeckt. Nach Angaben des Herstellers enthält das Produkt mit acht Prozent Eiweiß etwa doppelt soviel davon wie echte Kuhmilch, dafür aber zwei Drittel weniger Zucker. Der Vitamingehalt sei gleich, was darauf schließen lässt, dass die dafür notwendigen Vitamine zugesetzt werden. Die Fette bringen nach Firmenangaben Sonnenblumenöl und MCT-Öl ins Gemisch. Als MCT-Öl werden bestimmte aus Kokos- oder Palmöl gewonnene Fettsäuren-Mischungen bezeichnet. Als frei von Lactose und Cholesterin bewirbt Betterland Food sein Produkt. Milchallergiker allerdings haben Pech: Für sie ist die kuhfreie Milch ebenso unverträglich wie echte. [lf]

20.03.2022 |

Genome Editing: England erleichtert Feldversuche

Mais-Versuch Mais Versuchsfeld (Foto: Infodienst)

Trotz vielfältiger Kritik hat das britische Parlament zugestimmt, die Anforderungen an Feldversuche mit genomeditierten Pflanzen in England zu senken. Künftig reicht eine kurze Information ans Agrarministerium, wenn Wissenschaftler einen Versuchsanbau im Freien planen. Und die britische Regierung will die Regeln für Produkte neuer gentechnischer Verfahren weiter lockern. Opposition und Verbände warnen, dass jegliche Sicherheitsvorschriften für Umwelt und Gesundheit aufgegeben werden.
Die Regelung des Agrarministers, der das Londoner Oberhaus diese Woche zustimmte, sieht vor, dass Testanbau mit bestimmten genomeditierten Pflanzen von der geltenden Freisetzungsverordnung für Gentechnik-Gewächse ausgenommen wird. Nicht mehr reguliert werden Versuche mit solchen Pflanzen, die auch konventionell hätten gezüchtet werden oder natürlich hätten entstehen können, erläuterte Staatssekretär Richard Benyon. Sollen solche genomeditierten Pflanzen kommerziell angebaut werden, gelten weiter die bisherigen Regeln. Benyon kündigte Leitlinien an, die festlegen, welche Pflanzen genau unter die Ausnahmeregelung fallen. Nach Information der Organisation Beyond-GM will das Ministerium die Leitlinie bis Ende April vorlegen.
Die Direktorin von Beyond-GM, Pat Thomas, kritisierte, dass es damit keine Regeln geben wird, wie solche Feldversuche von gentechnikfreiem Anbau getrennt werden müssen. Es werde auch nicht verlangt, die Ernte der genomeditierten Versuchspflanzen einzusammeln oder zu zerstören. Sogar ein Selbstschutz sei für gentechnikfreien Anbau unmöglich, da weder Ort, noch Zeit oder Umfang des Versuchsanbaus öffentlich bekannt gemacht werden. Schließlich wies Thomas darauf hin, dass die Feldversuche nicht nur auf die Agrarforschung beschränkt seien. Es könnten auch genomeditierte Blumen, Gräser, Bäume oder Sträucher zu Demonstrations- oder Bildungszwecken angebaut werden, sofern die zuständige Behörde kurz über die Pflanzengattung informiert wurde. Mögliche Risiken für die Umwelt – etwa durch Auskreuzen – würden nicht mehr geprüft, warnte Thomas.
Im Februar hatte bereits ein Spezialausschuss des Oberhauses einen ausführlichen, kritischen Bericht zur geplanten Regelung herausgegeben. Er monierte zum einen, dass die Ausnahme für bestimmte genomeditierte (ge) Pflanzen nicht als Gesetz vom Parlament verabschiedet wurde, sondern als „Statutory Instrument“ (SI). Das SI ist ein britisches Rechtsinstrument, das einer deutschen Verordnung ähnelt, in bestimmten Fällen jedoch vom Parlament bestätigt werden muss. Da die Mehrheit der Briten weiterhin gegen Sonderregeln für ge-Pflanzen sei, wäre eine Diskussion im gesamten Parlament für die Akzeptanz wichtig gewesen, so der Ausschuss für die Kontrolle solcher Instrumente (SLSC).
Außerdem vermisste SLSC wissenschaftliche und regulatorische Kriterien „um festzustellen, ob eine genetische Veränderung auf natürliche Weise oder durch traditionelle Züchtungsmethoden stattgefunden haben könnte". Diese müssten festgelegt werden, bevor die neuen Regeln in Kraft treten, was nun am 4. April der Fall sein wird. Baroness Nathalie Bennett, die für die Grünen im Oberhaus sitzt, hatte die neue Regelung daher auch als "technisch fehlerhaft" kritisiert und vergeblich beantragt, sie abzulehnen.
Bedenklich fanden die Kontrolleure des Oberhauses ferner, dass die Meldepflicht weder den Umfang oder den Ort der Feldversuche noch Schutzmaßnahmen enthalte. Das britische Agrarministerium verwies auf die Verantwortung der Forscher, die Umgebung vor Verunreinigung mit ge-Pflanzenteilen zu schützen. Da die neuen Regeln nur für England gelten werden, befürchtete der Ausschuss schließlich Probleme bei der Zusammenarbeit zwischen Forschern in verschiedenen Teilen des Vereinigten Königreichs. Schottland und Wales wollen die Regeln derzeit nicht übernehmen.
Der kritische Bericht des SLSC, dem mehrere Eingaben von gentechnikkritischen Organisationen wie Beyond-GM vorausgegangen waren, konnte das Oberhaus jedoch nicht bewegen, das Rechtsinstrument abzulehnen. Das Unterhaus hatte dem SI bereits am 9. März mit 305 zu zwei Stimmen zugestimmt. Zur Freude von Forschern müssen Feldversuche mit ge-Pflanzen in England ab April nicht mehr geprüft und genehmigt werden. Der Bauernverband forderte, dass sowohl der britische Binnenmarkt als auch der Handel mit der Europäischen Union weiter funktionieren müssten. Die nächsten Schritte, wie Großbritannien ge-Pflanzen und ihre Produkte von den Regeln für Anbau und Zulassung für Gentechnik-Pflanzen ausnehmen will, soll die britische Königin Elisabeth demnächst in einer Rede erläutern. [vef]

15.03.2022 |

USA erlauben Crispr-Steaks ohne Kennzeichnung

Rinder Viel Vieh auf wenig Raum (Foto: Cattle pens, RT Peat, bit.ly/RTpeat, bit.ly/2CCBYNCND20)

Die US-Lebensmittelbehörde FDA erlaubt die Vermarktung von Rindern, deren Gene mit der Crispr/Cas-Technologie verändert wurden. Die Tiere haben sehr kurze Haare, sollen dadurch Hitze besser ertragen können und schneller Fleisch ansetzen. Die FDA stufte die Veränderung vergangene Woche als „risikoarm“ ein und gestattete so, das Fleisch dieser Rinder ohne weitere Risikoprüfung und Kennzeichnung auf den Markt zu bringen. Dies könnte in zwei Jahren der Fall sein, schätzte die Behörde.

Entwickelt hat das Kurzhaar-Rind die Firma Acceligen, indem sie ein Gen namens PRLR verkürzte, das die Haarlänge beeinflusst. Nach Angaben von FDA und Acceligen kommt diese Veränderung auch natürlicherweise bei Rinderrassen vor, die an tropisches Klima angepasst sind. Sie soll sich dominant vererben, so dass Acceligen mit derzeit zwei männlichen Crispr-Kälbern das Erbgut in verschiedene Fleischrinder-Herden einbringen könnte. Die FDA schreibt in ihrer Risikoabschätzung, dass die Freigabe auf die beiden überprüften Rinder, ihre Nachkommen und die daraus hergestellten Produkte wie lebende Tiere, Sperma, Embryonen und Fleisch beschränkt sei.
Die Risikoabschätzung der FDA und ihre Entscheidung, dass es sich um eine risikoarme Veränderung handle, basiert auf den von Acceligen eingereichten Unterlagen. Diese umfassten laut FDA auch eine komplette Genomsequenzierung der Kälber und ihrer gentechnisch unveränderten Eltern. Die FDA-Experten hätten die Sequenzen auf unbeabsichtigte Veränderungen untersucht, die ein Problem für die Tier- oder Lebensmittelsicherheit und ein Risiko für die Umwelt darstellen könnten. Zwar seien etliche unbeabsichtigte Veränderungen festgestellt worden, doch hätten sich daraus keine Sicherheitsbedenken ergeben, schrieb die FDA in ihrer Risikoabschätzung. Aus ihrer Sicht entsprechen die Crispr-Kälber den natürlicherweise vorkommenden Tieren mit verkürztem PRLR-Gen, deren Nutzung seit langem üblich sei und sich als sicher erwiesen habe.
Es ist das erste Mal, dass die FDA ein mit Crispr/Cas verändertes Nutztier für die Lebensmittelproduktion zulässt – und dies auch noch in einem deutlich abgekürzten Verfahren. Steven M. Solomon, Direktor des FDA-Zentrums für Veterinärmedizin geht davon aus, dass die Entscheidung andere Entwickler ermutigen werde, ihre gentechnisch veränderten Tiere zur Risikobestimmung durch die FDA einzureichen. So könnten Tiere mit risikoarmen Veränderungen schneller auf den Markt kommen.
Für die Wissenschaftlerorganisation Center for Science in the Public Interest begrüßte deren Biotechnologie-Experte Greg Jaffe gegenüber der Agentur AP, dass die FDA ihre Entscheidungen vom Einzelfall abhängig mache und nicht generell dereguliere. Er forderte die Behörde auf, ihr Prüfverfahren transparenter zu gestalten und öffentlich zumachen, welche Einzelfälle geprüft würden. Jaydee Hanson von der Verbraucherorganisation Center for Food Safety sagte AP, dass die FDA die Tiere über mehrere Generationen hinweg verfolgen sollte, um sicherzustellen, dass es keine unbeabsichtigten Probleme gebe.
Sollten Steaks dieser Crispr-Rinder in zwei Jahren auf den Markt kommen, könnten sie ungekennzeichnet in die EU importiert werden. Relevanter dürfte sein, dass Zuchtbullen mit dem veränderten Gen oder ihr Samen in die EU eingeführt werden könnten. Damit würde dieses gentechnisch veränderte Erbgut dauerhaft in hiesige Rinderherden eingekreuzt werden und sich verbreiten. In den USA hat der dortige Züchterverband für Rote Angusrinder bereits beschlossen, diese Crisp-Tiere für die Zucht zuzulassen. Acceligen nennt auf seiner Webseite das kanadische Unternehmen Semex als Partner, einer der größten Rinderzüchter der Welt. Der Markt sei nicht auf die USA beschränkt, zitierte AP eine Tiergenetikerin der Universität von Kalifornien: „Seien wir ehrlich, Stiersperma wird in der ganzen Welt verkauft“. [lf]

10.03.2022 |

Neue Gentechnik: das leere Versprechen von klima-angepassten Pflanzen

Dürre Die Landwirtschaft bleibt vom Klimawandel nicht verschont (Foto: CC0)

Mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) könnten schnell Pflanzen hergestellt werden, die widerstandsfähig gegen Dürre und Hitzestress seien. Das erzählen NGT-Befürworter und das glaubt ihnen die EU-Kommission. Für die Umweltorganisationen BUND und Global 2000 sind das dagegen leere Versprechungen. Als Beleg verweisen sie auf eine Studie der EU-Kommission.

Das gemeinsame Forschungszentrum (Joint Research Center, JRC) der EU veröffentlichte im April 2021 einen Bericht über NGT-Pflanzen, an denen Gentechnikkonzerne und Forschungseinrichtungen derzeit arbeiten. Die EU-Experten identifizierten lediglich 16 Pflanzen, deren Entwicklung in einem „vor-kommerziellen“ Stadium sei und die in den nächsten fünf Jahren auf den Markt kommen könnten. Bei sechs der 16 Pflanzen wurde mit NGT eine Herbizidresistenz erzeugt, bei fünf von ihnen der Gehalt bestimmter Inhaltsstoffe verändert. Nur zwei Pflanzen sollen widerstandsfähiger gegen Krankheiten sein. Keine einzige der Pflanzen, die in den nächsten fünf Jahr auf den Markt kommen könnte, ist gegen abiotischen Stress tolerant, womit das JRC Dürre, Hitze, Überflutungen oder salzige Böden meint. In der Kategorie „fortgeschrittene Forschung“ zählte das JRC 15 Projekte zu abiotischer Stresstoleranz und geht davon aus, dass diese Pflanzen „voraussichtlich mittelfristig, das heißt bis 2030“ auf den Markt kommen könnten.

Die Behauptungen der Industrie, kurz- oder mittelfristig Pflanzen für die Klimakrise erzeugen zu können, sei also falsch, folgert der BUND aus diesen Zahlen – und erklärt, warum dies so ist: „Eigenschaften wie Dürretoleranz beruhen nicht auf einzelnen DNA-Strängen, sondern gehen aus einem komplexen Zusammenspiel unterschiedlicher Gene und der Umwelt der Pflanze hervor“. Bei komplexen Eingriffen ins Erbgut mit NTG sei zudem fraglich, ob diese Pflanzen auch außerhalb eines geschützten Laborsettings gedeihen könnten.

„So verführerisch die Versprechungen sein mögen: Es gibt keine einfachen Lösungen“, lautet deshalb das Fazit der BUND-Gentechnik-Expertin Daniela Wannemacher. Statt mit neuer Gentechnik auf ein Weiter so in der Landwirtschaft zu setzen, müsse sich das Agrarsystem grundsätzlich ändern. „Statt Gentech-Hochleistungssorten, deren ökologische Risiken unklar sind, brauchen wir den agrarökologischen Umbau für die Landwirtschaft“, erklärt Wannemacher. In einem Bericht stellen BUND und Global 2000 die positiven Erfahrungen der Agrarökologie den Versprechungen der Gentechnik und der industriellen Landwirtschaft gegenüber. Von der EU-Kommission verlangen beide Organisationen eine klare Richtungsentscheidung. Sie solle „keine öffentlichen Gelder mehr in Gentechnik-Verfahren stecken, die den Status quo der Landwirtschaft aufrechterhalten wollen“, heißt es in dem Bericht. Statt dessen müsse sie „nachhaltige und bereits existierende landwirtschaftliche Techniken wie die Agrarökologie, die nachweislich funktionieren und in großem Maßstab umgesetzt werden könnten, unterstützen“. [lf]

08.03.2022 |

Update: Schweiz öffnet Moratorium ab 2024 für neue Gentechnik

Schweiz Gentechnikfrei Foto: Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG)

Nach dem Nationalrat hat auch die zweite Parlamentskammer der Schweiz, der Ständerat, einem Kompromiss über das Moratorium zum Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in der Schweiz zugestimmt: Das Ende 2021 ausgelaufene Moratorium wird bis Ende 2025 verlängert. Die Regierung soll bis Mitte 2024 eine Regelung erarbeiten, die für genomeditierte Pflanzen ohne fremde DNA eine Ausnahme macht.
Erarbeitet hatten den Kompromissvorschlag zur Änderung des Gentechnikgesetzes die Wissenschaftskommission des Nationalrats gemeinsam mit dem Bauernverband. Danach sollen in naher Zukunft auf Schweizer Äckern Pflanzen wachsen dürfen, „die mit Methoden der neuen Züchtungstechnologien (NZT) gezüchtet wurden, denen kein transgenes Erbmaterial eingefügt wurde und die gegenüber den herkömmlichen Züchtungsmethoden einen nachgewiesenen Mehrwert für Landwirtschaft, die Umwelt oder die Konsumentinnen und Konsumenten haben“. Die Schweizer Regierung, der Bundesrat, solle dem Parlament „spätestens bis Mitte 2024 einen Erlassentwurf für eine risikobasierte Zulassungsregelung“ für solche Pflanzen und Saatgut für Land- und Forstwirtschaft sowie den Gartenbau vorlegen.
Mehrere Parlamentarier sowie eine Regierungsvertreterin kritisierten im Nationalrat das Vorgehen als überstürzt. Die für Umwelt zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) erinnerte daran, dass das Parlament ihre Regierung erst kürzlich beauftragt hatte, den Einsatz solcher Gentechnikmethoden und ihrer Folgen gründlich zu prüfen. „Sie wollen etwas prüfen lassen und gleichzeitig schreiben Sie schon im Gesetz, was gilt, das ist vom Ablauf her etwas schwierig“, mahnte Sommaruga - auch im Blick auf die Akzeptanz der mehrheitlich kritischen Bevölkerung. Die Regierung plädiere daher weiter dafür, das Moratorium unverändert bis 2025 zu verlängern.
Die Schweizer Allianz gentechnikfrei (SAG) zeigte sich „erleichtert“, dass der Anbau von Gentech-Pflanzen prinzipiell verboten bleiben soll. Die verbleibende Zeit müsse jetzt genutzt werden, für Produkte neuer gentechnischer Verfahren „eine risikobasierte Zulassung auszuarbeiten, die die Sicherheit von Mensch, Umwelt und Wirtschaft gewährleistet sowie die Wahlfreiheit von Konsum und Landwirtschaft sichert. Dazu ist eine Regelung der neuen gentechnischen Verfahren im Gentechnikgesetz zwingend“, betonte die SAG. Sie hob erneut hervor, dass genmanipulierte Pflanzen nicht sicherer seien, wenn keine fremden Gene eingeführt wurden. Da mit neuen gentechnischen Verfahren wie Crispr/Cas besonders tief ins Erbgut der Pflanzen eingegriffen werden könne, seien die Risiken im Gegenteil größer als bei der klassischen Gentechnik. „Das erhöhte Risiko verlangt nach einer strengeren Regulierung, die eine umfassende Risikoprüfung vorschreibt“, so das Bündnis. Der Anbauverband Bio-Suisse argumentierte, die kleinräume Schweiz sei gut beraten, in Zukunft auf den lukrativen gentechnikfreien Qualitätsmarkt zu setzen, anstatt eine unmögliche und teure Koexistenz von gentechnisch veränderten mit unveränderten Pflanzen zu versuchen.
Wie berichtet hatten Bundesrat und Nationalrat (144 zu 35 Stimmen) vergangenes Jahr empfohlen, das seit 2005 geltende Moratorium unverändert bis 2025 zu verlängern. Nach einem entsprechenden Votum seiner Wissenschaftskommission hatte der Ständerat jedoch im Dezember in einem Stichentscheid dafür votiert, genomeditierte Pflanzen, bei denen keine fremde DNA eingefügt wurde, vom Moratorium auszunehmen. Daraufhin musste sich der Nationalrat erneut mit dem Vorhaben befassen und verabschiedete seinen Kompromiss. "Der Nationalrat hat einen pragmatischen Mittelweg beschlossen, mit dem die Forschung, die Wirtschaft und damit auch die Mehrheit von Kommission und Ständerat leben können, ebenso die Minderheit", sagte Hannes Germann, Vorsitzender der Wissenschaftskommission des Ständerats und empfahl die Annahme. Umweltbundesrätin Simonetta Sommaruga erklärte, dass sich der Bundesrat dem Kompromiss anschließen könne. Dieser muss nun formell noch in einer Schlussabstimmung von beiden Kammern bestätigt werden. [vef/lf]
Update: Beschluss des Ständerates vom 8. März aufgenommen

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