26.02.2023 |

China: mehr Anbau und Import von Gentech-Pflanzen

Export Soja Hafen Transport Export von Agrarrohstoffen (Foto: Oregon Department of Agriculture / flickr, Lizenz: creativecommons.org/licenses/by/2.0)

China will nach Medienberichten seine Pilotprojekte für die Industrialisierung von gentechnisch verändertem (gv) Mais und Sojabohnen für Tierfutter weiter ausdehnen. Außerdem erlaubte es im Januar nach langem Zögern den Import von acht gv-Pflanzen, die teils in den USA entwickelt wurden. Die Nachrichtenagentur Reuters verwies darauf, dass der chinesische Staatspräsident Xi Jinping kurz zuvor mit US-Präsident Joe Biden über bessere Handelsbeziehungen gesprochen hatte.
China werde seine Anbauprojekte „in Übereinstimmung mit internationalen Standards in geordneter Weise fördern, und wenn die Versuche reibungslos und erfolgreich verlaufen, kann die Legalisierung im nächsten Jahr erfolgen", zitierte das Portal Global Times Li Guoxiang, den Forschungsbeauftragten an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften. Zu den im eigenen Land entwickelten und zugelassenen Pflanzen gehören seit Januar ein neuer insekten- und glyphosatresistenter Mais von Yuan Longping High-tech Agriculture und Hangzhou Ruifengs insektenresistente Sojabohne, berichtet Reuters. Aufgrund von Unwägbarkeiten und Sicherheitsbedenken dürften die gv-Pflanzen nur als Tierfutter verwendet werden, nicht als Lebensmittel.
Chinas "sehr vorsichtige" Haltung gegenüber gentechnisch veränderten Pflanzen bleibe unverändert, versicherte Li. Angesichts steigender Agrarpreise auf dem Weltmarkt hofft die Volksrepublik dennoch mithilfe der Gentechnik sicherstellen zu können, dass sie selbst für ihre Milliardenbevölkerung genug Nahrungsmittel produzieren kann. Das sei einer der Schwerpunkte der chinesischen Agrarpolitik in diesem Jahr, teilte das zuständige Ministerium nach Angaben der Global Times diese Woche mit. Außerdem solle stärker überwacht werden, dass die Technologie gesetzeskonform eingesetzt werde. So hat die Volksrepublik nach einem Bericht des Portals China.org von Anfang Februar sechs Unternehmen und Einzelpersonen zu Geldstrafen verurteilt, weil sie an illegalen Versuchen, dem Anbau und dem Verkauf von gentechnisch veränderten Pflanzen beteiligt waren. Das Agrarministerium forderte demnach Unternehmen und Einzelpersonen auf, dem Sicherheitsmanagement für gentechnisch veränderte Pflanzen Priorität einzuräumen. Forschung, Tests, Handel, Verarbeitung und Kennzeichnung dürften nur in strikter Übereinstimmung mit Gesetzen und Vorschriften erfolgen.
Den Import der acht gv-Pflanzen genehmigte China rückwirkend ab dem 5. Januar für fünf Jahre, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Auch diese Pflanzen dürfen nur zu Tierfutter verarbeitet werden. Darunter sind zwei glyphosatresistente Luzernelinien, deren Einfuhrgenehmigung bereits vor zehn Jahren beantragt worden war. Die Rechte an den Pflanzen, die in den USA auch angebaut werden, liegen bei der US-Firma Forage Genetics International, die die Luzerne ursprünglich gemeinsam mit dem ehemaligen US-Konzern Monsanto entwickelt hatte. Außerdem genehmigte China einen glyphosatresistenten Raps der US-Firma Corteva, der noch aus dem Portfolio der Vorgängerfirma DuPont Pioneer stammt und seit Sommer 2012 auf seine Importzulassung in China wartete. Wie Reuters weiter berichtete, versprach Peking, den Zugang zu seinem Markt im Rahmen eines Handelsabkommens mit den Vereinigten Staaten künftig zu beschleunigen.
Saatguthersteller und die US-Regierung begrüßten die Entscheidungen, da sie neue Exportchancen in einen der weltweit größten Agrarmärkte biete. Der Zugang zur Biotechnologie sei angesichts der zunehmenden Sorge um die globale Ernährungssicherheit und die hohen Rohstoffpreise besonders wichtig, zitierte die Agentur einen Vertreter des US-Landwirtschaftsministeriums. Und auch den brasilianischen Agrarunternehmen öffnete China neue Märkte: Sie dürfen künftig zwei dort entwickelte gv-Zuckerrohrlinien in die Volksrepublik exportieren. Grünes Licht bekam schließlich eine gv-Baumwolle aus dem Hause BASF. [vef]

22.02.2023 |

Gesetzeslücke: Erste Gentech-Pappeln wachsen in US-Wäldern

Pappel Baum Bäume Foto: sonnentau / flickr, 2007 Pappel, bit.ly/2bn1uSK, creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0

Erstmals pflanzt ein US-Unternehmen in großem Stil gentechnisch veränderte Bäume in freier Natur. Es hat die Gene der Pappeln mit dem Ziel verändert, mehr Biomasse zu erzeugen und damit mehr Kohlendioxid zu binden. Wissenschaftler sind skeptisch, ob das im Wald ebenso funktioniert wie im Labor. Trotzdem plant das Unternehmen, im Jahr 2024 Millionen dieser Pappeln anzubauen.
Living Carbon ist ein vier Jahre altes Startup-Unternehmen aus Kalifornien. Es hat ein ursprünglich an Tabakpflanzen entwickeltes Genkonstrukt auf Pappel-Hybride übertragen. Dabei wurden künstlich hergestellte Gene von Kürbis und Grünalgen in das Erbgut der Bäume eingeschleust. Sie sollen den Photosynthese-Stoffwechsel so verändern, dass die Pflanze aus dem Kohlendioxid der Luft und Sonnenlicht mehr Biomasse in Form von Blättern und Holz produziert als üblich.
Beschrieben ist das Verfahren in einem Papier, das Living Carbon vor einem Jahr auf dem PrePrint-Server bioRxiv veröffentlicht hat. Es ist bis heute nicht von Experten begutachtet in einer Fachzeitschrift erschienen. In dem Papier berichten die Wissenschaftler:innen des Unternehmens, dass die von ihnen gezüchteten gentechnisch veränderten (gv) Pappeln in Laborversuchen innerhalb von fünf Monaten 30 bis 50 Prozent mehr Biomasse produzierten als die unveränderten Bäumchen. Allerdings ließ sich der Effekt nur bei zwei der vier überprüften gv-Linien nachweisen. Berichtet wird auch, dass die Universität von Oregon im Juli 2021 für einen Feldversuch 672 Pappeln von Living Carbon pflanzte, elf gv-Linien sowie unveränderte Kontrollbäume.

Noch liegen von diesem Feldversuch keine Ergebnisse vor. Die New York Times (NYT) zitierte den Versuchsleiter der Universität, Steve Strauss: „Er sagte, die Bäume wüchsen gut, aber es sei noch zu früh, um festzustellen, ob sie die nicht veränderten Bäume übertreffen werden.“ Doch Living Carbon hat nach einem Bericht des Blattes bereits den nächsten Schritt unternommen und zusammen mit einem Waldbesitzer 5000 gv-Pappeln gepflanzt. Weitere Anbauprojekte sollen noch in diesem Frühjahr folgen. So soll ein alter Tagebau renaturiert werden. Das Portal freethink.com schreibt von 60.000 Bäumen insgesamt. Für 2024 kündigte das Unternehmen an, mehrere Millionen seiner gv-Pappeln pflanzen zu wollen und sucht dafür aktiv nach Waldbesitzern. Risikokapitalgeber, darunter Toyota Ventures und der Staatsfonds Temasek aus Singapur, haben Living Carbon nach eigenen Angaben mit 36 Millionen US-Dollar an Kapital ausgestattet. Später will das Unternehmen mit Zertifikaten für das von den Pappeln aus der Atmosphäre entnommene Kohlendioxid Geld verdienen.

Anders als bei gv-Kastanien, deren Auswilderung in den USA umstritten und noch nicht behördlich genehmigt ist, darf Living Carbon seine gv-Pappeln ohne jede Genehmigung pflanzen und verkaufen. Das Unternehmen nutzte dazu eine Lücke in der US-Gesetzgebung, die inzwischen geschlossen wurde, erklärte die NYT. Ursprünglich war das Genkonstrukt mit Hilfe von Bakterien in die Pappeln geschleust worden. Dieses Verfahren wäre genehmigungspflichtig. Deshalb hat das Unternehmen seine gv-Setzlinge noch auf einem anderen Weg produziert: Mit einer Gen-Kanone wurden die fremden Gene ins Erbgut der Pappel geschossen. Dafür verlangte das US-Landwirtschaftsministerium keine Genehmigung. Im andauernden Zulassungsverfahren des Ministeriums für die mittels Bakterien veränderten Kastanien endete am 26. Januar die öffentliche Beteiligung.

„Die langfristigen Risiken dieser gentechnisch veränderten Bäume, ihrer Pollen oder Samen für Wälder, Wildtiere oder die menschliche Gesundheit sind nicht bekannt“, mahnt die Kampagne zum Stop von gv-Bäumen. Zwar sind die von Living Carbon gepflanzten gv-Pappeln alle weiblich, produzieren also keine Pollen. Doch sie können von anderen Pappeln befruchtet werden und ihre Eigenschaften über die Samen weitergeben. Angesichts fehlender Daten aus Freilandversuchen haben selbst Wissenschaftler Zweifel, ob die Rechnung von Living Carbon und seiner Kapitalgeber aufgehen wird: "Ihre Behauptungen scheinen kühn zu sein, basierend auf sehr begrenzten realen Daten", zitiert die New York Times den leitenden Kastanienforscher des SUNY College of Environmental Science and Forestry im US-Bundesstaat New York.

Eine wichtige Rolle bei der zukünftigen wirtschaftlichen Nutzung von gv-Pappeln und anderen gv-Bäumen kommt dem Forest Stewardship Council (FSC) zu. Diese Organisation steht mit ihren Standards und ihrem Siegel für eine zertifiziert nachhaltige Forstwirtschaft und hatte bisher gv-Bäume komplett ausgeschlossen. Doch inzwischen erlaubt sie ihren Mitgliedern, Anbauversuche mit gv-Bäumen durchzuführen. Im Zuge eines „Gentechnik-Lernprozesses“ (GELP) will die Organisation Erfahrungen sammeln, ob sie zertifizierten Holzproduzenten den kommerziellen Anbau von gv-Bäumen außerhalb des FSC-Systems künftig gestatten wird. Im März will der Vorstand des FSC entscheiden, ob das GELP weiter fortgesetzt werden soll. Die Kampagne zum Stop von gv-Bäumen hat den FSC aufgefordert, zu seiner strikten Ablehnung der Gentechnik in der Forstwirtschaft zurückzukehren und das GELP einzustellen. [lf/vef]

19.02.2023 |

Brasilien: Bayer muss Sojabauern Lizenzgebühr erstatten

Gentechnik-Soja "Intacta": Beschwerde am EU-Gerichtshof (Foto: CCO, Pixabay) Gentechnik-Soja "Intacta" (Foto: CCO, Pixabay)

Der Agrarchemiekonzern Bayer muss brasilianischen Bauern 252 Millionen US-Dollar Lizenzgebühren für die gentechnisch veränderte Soja Intacta zurückzahlen. Das entschied diese Woche der oberste Gerichtshof Brasiliens auf eine Klage von Bauernverbänden aus elf brasilianischen Bundesstaaten. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte der Bayer-Konzern, er werde die Summe wie gefordert auf ein Treuhandkonto überweisen.
Bereits im Mai 2021 hatte der Gerichtshof einen Paragraphen für verfassungswidrig erklärt, der es ermöglichte, die Gültigkeit von Patenten über 20 Jahre hinaus auszudehnen. Die Folge: Der Patentschutz endet nach spätestens 20 Jahren. Umstritten war, für welche Art von Patenten das Urteil gilt. Es betreffe auch das Patent PI9816295-0 für die Soja Intacta RR2 Pro, das im Jahr 2018 ausgelaufen war, schrieb Richter Nunes Marques in seinem am Freitag veröffentlichten Urteil. Damit müsse der Bayerkonzern den Landwirten die Lizenzgebühren für diese Soja zurückzahlen, die sie seit 2018 entrichtet hatten. Die herbizidresistente und schädlingsvernichtende Sojalinie war vom US-Konzern Monsanto entwickelt worden, den Bayer 2018 übernommen hatte.
Ursprünglich hatte der Verband der Sojabauern des Bundesstaats Mato grosso, Aprosoja-MT, im Jahr 2017 mit der Begründung gegen Monsanto geklagt, dass der einzige Absatz von Art. 40 des Gesetzes über gewerbliches Eigentum, der die Gültigkeitsdauer des Patents in Brasilien um mehr als 20 Jahre verlängert, verfassungswidrig sei. Außerdem bezweifelte er, dass die Soja tatsächlich die für ein Patent erforderliche Innovation darstelle. Auf einem großen Teil der Sojaäcker in Mato Grosso werde laut Aprosoja die Linie Intacta RR2 PRO angebaut. 2019 schlossen sich Sojaproduzentenverbände in 10 brasilianischen Bundesstaaten dieser Klage an.
Bayer werde nun das Urteil analysieren und die nächsten Schritte planen, schreibt Reuters. Ein Anwalt von Aprosoja-MT sagte, Bayer könne das Urteil vor dem Plenum des Obersten Gerichtshofs anfechten. Der Konzern vertrat weiter die Ansicht, dass die Sojalinie durch „weitreichende und vielfältige Rechte an geistigem Eigentum geschützt“ sei. Er vertraue darauf, dass dies in Brasilien beachtet werde. Der Anwalt von Aprosoja warf Bayer dagegen vor, Gerichtsentscheidungen zu missachten und unter Verstoß gegen brasilianisches Recht Lizenzgebühren für abgelaufene Patente zu kassieren. Auch Aprosoja-Präsident Fernando Cadore kritisierte, Bayer beeinträchtige durch sein Verhalten die Beziehung zu den Sojaproduzenten, die das Saatgut erwerben.
Nach Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) soll in Brasilien im laufenden Wirtschaftsjahr die Höchstmenge von 153 Millionen Tonnen Sojabohnen geerntet werden, 23,5 Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr. Mit einer Flächenausweitung um 1,9 auf 43,4 Millionen Hektar kann Brasilien seine Spitzenposition vor den USA weiter ausbauen, schrieb der Branchendienst proplanta. Auch brasilianische Baumwollproduzenten haben Bayer nach Angaben von Reuters wegen des gentechnisch veränderten Baumwollsaatguts Bollgard II RR Flex verklagt. [vef]

12.02.2023 |

Neue Gentechnik: Kompromisse in der Regierungsstrategie

Pflanzenzüchtung Züchtung Labor Hier ohne Gentechnik, da Bio-Forschung (©BLE, Bonn/Foto: Thomas Stephan)

In ihrer neuen Forschungsstrategie will die Bundesregierung „auch die Chancen und Risiken von neuen Züchtungstechniken (zum Beispiel Crispr/Cas) in den Blick nehmen“. Im europäischen Verfahren zur Reform des Gentechnikrechts werde sie sich „konstruktiv“ einbringen, „um die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und resiliente Züchtungsforschung zu stärken“, heißt es in dem Papier, um das die Koalitionäre dem Vernehmen nach intensiv gerungen haben. Ein Blick in den ursprünglichen Entwurf der „Zukunftsstrategie Forschung und Innovation“ des FDP-geführten Forschungsministeriums (BMBF) zeigt, was sich dabei verändert hat.
So hieß es in dem Entwurf vom Oktober vergangenen Jahres etwa, man werde „unter anderem die Erforschung sogenannter neuer Züchtungstechniken (zum Beispiel Crispr/Cas) voranbringen und deren Nutzung vereinfachen“. Während die Ampelregierung also jetzt Chancen wie Risiken relativ neutral „in den Blick nehmen“ will, stand für das BMBF ursprünglich schon vor der Erforschung der neuen Gentechnik (NGT) das Ziel fest, ihre Nutzung zu vereinfachen. Hintergrund ist, dass die Koalitionspartner beim Thema NGT völlig unterschiedliche Positionen vertreten. Während die FPD neue gentechnische Verfahren als Innovationen begrüßt und die europarechtlichen Regeln liberalisiert sehen möchte, betonen SPD und die Mehrheit der Grünen, dass man zunächst die Risiken erforschen und NGT-Produkte weiterhin kennzeichnen und rückverfolgbar machen müsse. Auseinandersetzen mussten sich darüber in der Ressortabstimmung zur Zukunftsstrategie die grün geführten Ministerien für Landwirtschaft (BMEL) und Umwelt (BMUV) sowie das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) unter der ausgewiesenen Gentechnikkritikerin Svenja Schulze (SPD). Diese Woche verabschiedete dann das Kabinett die Strategie.
Besonders genau beobachtet wird diese Auseinandersetzung auch deshalb, weil das Ergebnis Hinweise gibt, wie Deutschland über den für Sommer erwarteten Regelungsvorschlag der EU-Kommission zu NGT in Brüssel abstimmen könnte. Im Strategieentwurf des BMBF hatte es zu diesem Thema zunächst geheißen: „Wir … setzen uns dafür ein, das (EU-)Gentechnikrecht grundsätzlich zu überarbeiten und die Regelungen am jeweiligen Risiko der konkreten genetischen Veränderung im jeweiligen Organismus bzw. Produkt auszurichten.“ Das hätte eine Abkehr von den geltenden europarechtlichen Regeln bedeutet und neue gentechnische Verfahren konventionellen Züchtungstechniken bei der Beurteilung gleichgestellt. Nach der Ressortabstimmung mit BMUV, BMEL und BMZ heißt es jetzt nur noch, man werde sich in Brüssel konstruktiv einbringen. Welche Maßnahmen helfen sollen oder um welche Technologien es bei der nachhaltigen und resilienten Züchtungsforschung gehen soll, lässt die Ampelkoalition offen. Experten erwarten, dass die EU-Kommission vorschlagen wird, die geltenden strengen Regeln für NGT zu lockern. Sollte sich die Ampelkoalition bis zu der für Jahresende erwarteten Abstimmung nicht auf eine gemeinsame Position einigen können, wird sich Deutschland wie zu Zeiten der Großen Koalition enthalten müssen.
Zur Frage eines Anbaus von NGT-Pflanzen in Deutschland äußert sich das Forschungspapier nicht explizit. Im Ursprungsentwurf sollte die „Nutzung der Ergebnisse in allen Anwendungsgebieten biotechnologischer Verfahren“ unterstützt werden. Hier könnte man mit etwas Phantasie den Anbau von NGT-Pflanzen herauslesen. Diese Passage fehlt aber in der Endfassung. Danach will die Ampel nicht die neuen Technologien voranbringen, sondern „die Züchtung und Nutzung von klima- und standortangepassten, robusten und ertragreichen Sorten …, auch für den ökologischen Landbau“. Und vor allem für letzteren kommen dabei keine gentechnischen Verfahren in Betracht.
Was allerdings auffällt ist, dass unter den 17 genannten Indikatoren zur Erfolgskontrolle der Strategie keine sind, anhand derer man ihre Klimawirkung oder ihre Wirkung auf Biodiversität, Umwelt oder Gesundheit der Menschen prüfen könnte. Es handelt sich lediglich um wirtschaftliche Kennzahlen wie Zahlen zu Unternehmensgründungen oder Beschäftigten im Forschungssektor. Der Naturschutzbund NABU kritisierte denn auch in seiner Stellungnahme, den „ungebrochenen Glauben an technologische Lösungen wie Wasserstoff, Gentechnik und Fusionsforschung als Heilsbringer“ gegen die drängenden Probleme unserer Zeit. [vef]

01.02.2023 |

Welszucht: Abfallvermeidung mit Alligator-Gen?

Getüpfelter Gabelwels  Foto: Ryan Somma - https://bit.ly/3XWfpmD, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7192330 Getüpfelter Gabelwels Foto: Ryan Somma - https://bit.ly/3XWfpmD, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7192330

Forschende der Auburn University im US-Bundesstaat Alabama haben in das Genom des Speisefischs Wels mithilfe der Methode Crispr/Cas ein Alligator-Gen eingefügt. Das soll seine Überlebensrate um das Zwei- bis Fünffache erhöhen und so Fischabfall vermeiden, so die Wissenschaftler:innen in ihrer Studie, die sie im Januar auf dem Preprint-Server Biorxiv veröffentlichten. Zugleich hemmten sie die Fruchtbarkeit der Fische um zu verhindern, dass sie ihre neue Eigenschaft an wilde Verwandte weitergeben.
Laut einem Portal der Auburn Universitäten wurden in US-amerikanischen Fischfarmen 2021 rund 150 000 Tonnen Wels produziert. Doch die Welszucht sei ein guter Nährboden für Infektionen, zitiert das Portal heise online einen der Forscher. Weltweit stürben etwa 40 Prozent der Fische an verschiedenen Krankheiten, bevor sie verwertet werden könnten. Diesen Anteil wollten die Wissenschaftler:innen reduzieren. Ihre Idee: Ein Gen des Alligators, das den Code für das antimikrobiellen Protein Cathelicidin enthält, könnte die Welse widerstandsfähiger gegen Infektionen machen.
Doch ein Risiko gentechnischer Veränderungen von Tieren ist stets, dass erstarkte Arten vorhandene Wildpopulationen verdrängen. Um das zu vermeiden, setzten die Forscher das Alligator-Gen beim Wels in den Teil des Genoms ein, der die Produktion von Fortpflanzungshormonen steuert. Wie die Forscher selbst schreiben, sei ihre Rechnung aufgegangen: Bei Versuchen in bakterienverseuchten Wassertanks zeigte sich bei den genveränderten Fischen eine höhere Überlebensrate. Und sie konnten sich auch tatsächlich nicht mehr fortpflanzen. Ein Wissenschaftler der Louisiana State University bezweifelte gegenüber Heise online aber bereits, dass das Verfahren in größerem Umfang praktikabel wäre. "Es ist einfach zu schwierig, genug von diesen Fischen zu produzieren, um eine lebensfähige, genetisch gesunde Linie auf den Weg zu bringen", gab Greg Lutz zu bedenken. [vef]

25.01.2023 |

Neue Gentechnik: Ringen um Kurs der Ampel

Agrarverbände übergeben Minister Cem Özdemir (am Mikro) eine Protestnote Foto: Nick Jaussi/www.wir-haben-es-satt.de Agrarverbände übergeben Minister Cem Özdemir (am Mikro) eine Protestnote Foto: Nick Jaussi/www.wir-haben-es-satt.de

Anfang Juni plant die Europäische Kommission einen Vorschlag vorzulegen, wie sie neue gentechnische Verfahren wie Crispr/Cas in der Pflanzenzüchtung künftig regulieren will. Über diesen müssen dann die EU-Mitgliedsstaaten abstimmen. In der deutschen Ampelkoalition mehren sich die Stimmen, die neuen Technologien genauso streng zu regeln wie alte Gentechnik. Auch die Bevölkerung ist mehrheitlich dafür.
Vom grünen Koalitionspartner hat vergangene Woche Bundesumweltministerin Steffi Lemke bei einem Agrarkongress bekräftigt: „Wir müssen weg von der industrialisierten Landwirtschaft, die durch Gentechnik, seien es klassische oder neue gentechnische Methoden, noch befeuert werden soll, hin zu einem ganzheitlich nachhaltigen System. Da weist das Bestreben der EU-Kommission, für Pflanzen, die mit neuen Gentechniken hergestellt sind, die Risikoprüfung wegzulassen leider nicht den richtigen Weg“, gab die Agraringenieurin die Richtung vor. „Wenn wir mit dieser Technologie arbeiten, muss das Vorsorgeprinzip und die Risikoprüfung beibehalten werden“, forderte Lemke.
Ähnlich hatte sich Anfang Dezember gegenüber dem Infodienst auch eine Sprecherin des Agrarministeriums geäußert: „Für das BMEL ist der Ökolandbau das Leitbild einer nachhaltigen Landwirtschaft. Der Einsatz von Agro-Gentechnik ist dabei nicht vorgesehen“, versicherte sie auf Anfrage. Was mit neuen gentechnischen Verfahren gezüchtete Pflanzen angehe, wolle das BMEL an einem europarechtlichen Zulassungsverfahren mit Risikoprüfung im Einzelfall, an der stringenten Kennzeichnungspflicht und der Nachverfolgbarkeit festhalten. Von Agrarminister Cem Özdemir selbst waren so klare Äußerungen bislang allerdings nicht zu hören. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Steffi Lemke wiederholte er auch ein Jahr nach seinem Amtsantritt erneut, dass er sich zur Regulierung neuer Gentechnik noch eine Meinung bilden müsse. Immerhin geht er inzwischen davon aus, dass die Technologien nicht für zeitnahe Lösungen taugen und es „töricht“ wäre, sich auf „ferne Heilsversprechen“ zu verlassen. Stattdessen will er einstweilen die biologische Pflanzenforschung stärker fördern.
Auch seine SPD-Kollegin Svenja Schulze stellte vergangene Woche im Bundestag klar: "Es gibt keine gentechnisch veränderten Pflanzen, die den Hunger in der Welt wirklich bekämpfen. Was hilft, ist, lokal angepasste, regionale Pflanzensorten zu fördern… und deswegen werden wir das weiter unterstützen“, sagte die Entwicklungsministerin bei einer Regierungsbefragung. Süffisant hatte der CDU-Abgeordnete Thomas Rachel zuvor gefragt, ob Frau Schulze das Bestreben des Koalitionspartners FDP unterstütze, das europäische Gentechnikrecht zu liberalisieren. Das wies Schulze deutlich zurück. Es ist derzeit also nicht erkennbar, dass die Ampelkoalition sich beim Thema neue Gentechnik wie angekündigt auf einen Kompromiss zubewegt. Und sollte sie keinen finden, wird sich Deutschland bei der Abstimmung über einen Regelungsvorschlag der EU-Kommission, die schon Ende des Jahres anstehen könnte, enthalten müssen.
Das wäre jedoch nicht im Sinne der deutschen Bevölkerung. Bei einer Umfrage des Verbands Lebensmittel ohne Gentechnik sprachen sich kürzlich 58 Prozent dagegen aus, dass Deutschland einer Senkung der Gentechnik-Standards durch die EU-Kommission zustimmt. Auch vor der traditionellen „Wir haben es satt“-Demonstration vergangenen Samstag unterzeichneten mehr als 120 Organisationen – von ADFC bis Zukunftsstiftung Landwirtschaft – ein 6-Punkte-Papier, das unter anderem fordert, eine gentechnikfreie Landwirtschaft zu sichern. Etwa 10.000 Menschen gingen dafür auf die Straße. Und schließlich überreichte eine Bündnis internationaler Organisationen Agrarminister Cem Özdemir einen Aufruf an die zeitgleich stattfindende Internationale Agrarminister:innenkonferenz (GFFA). Darin fordern sie „Bestrebungen, Produkte der neuen Gentechnik zu deregulieren, wie es in der EU und verschiedenen Staaten derzeit diskutiert wird, einzustellen…. Wir erwarten eine klare Haltung des GFFA und von Minister Özdemir zum Schutz der Gentechnikfreiheit - weltweit!“ [vef]

18.01.2023 |

„Schocker“: Narrative der Gentechnik-Entwickler im TV-Programm

Mai Thi Nguyen-Kim präsentiert ihre Sendung: "MAITHINK X - Die Show"  Foto: ZDF/ben knabe Mai Thi Nguyen-Kim präsentiert ihre Sendung: "MAITHINK X - Die Show" Foto: ZDF/ben knabe

Gentechnische Verfahren in der Nutzpflanzenzucht und ihre rechtliche Regelung sind komplexe Themen. Diese verständlich und ausgewogen darzustellen, gelingt deutschen Medien mit wechselndem Erfolg. Das Münchner Institut Testbiotech sah sich in jüngster Zeit mehrfach veranlasst, einseitige, von Narrativen der Entwickler geprägte Berichterstattung zu kritisieren. Der ZDF-Fernsehrat räumte bereits ein, dass in einer Maithink X-Show zur Agrogentechnik Fakten und persönliche Meinung der Autorin nicht klar genug getrennt wurden.
Jüngster Anlass zur Intervention: Eine Sendung „Unser Land“ im bayrischen Fernsehen zum Thema Gentechnik in Lebensmitteln von vergangener Woche. In zeitlich vergleichsweise ausgewogenem Verhältnis kommen befürwortende und kritische Fachleute zu neuen gentechnischen Verfahren wie Crispr-Cas zu Wort. Das Defizit der Sendung sieht der Geschäftsführer von Testbiotech darin, dass die jeweiligen Argumente zur Risikobewertung der Technologie nicht genannt und einander gegenübergestellt worden seien. Die Autor:innen hätten lediglich festgestellt, dass die Argumente der Warnenden von der Mehrheit der Wissenschaftler:innen nicht geteilt würden, kritisierte Christoph Then, der in der Sendung ebenfalls zu Wort kam. „Die Position von wissenschaftlich argumentierenden Minderheiten auszugrenzen, ohne ihre Argumente zu prüfen und ernsthaft zur Diskussion zu stellen, ist kein guter Journalismus“, schrieb er gestern in einem offenen Brief an die Redaktion. Er verwies darauf, dass anfangs auch diejenigen Forschenden in der Minderheit waren, die frühzeitig vor einem Klimawandel gewarnt hatten.
Deutlich bis polemisch pro Gentechnik positioniert hatte sich bereits im März vergangenen Jahres Mai Thi Nguyen-Kim in ihrer Wissenschaftsshow Maithink X im ZDF. Es sei „völlig bananas“, die Sicherheit einer neuen Pflanzensorte auf Basis ihres Herstellungswegs zu beurteilen, anstatt aufgrund ihrer Eigenschaften, sagte die Chemikerin in der Sendung. In einer fünfseitigen Beschwerde an den Fernsehrat des ZDF wandte sich Testbiotech vor allem gegen drei Aussagen der Sendung: Gentechnik sei nicht – wie behauptet - einfach eine Fortsetzung der bisherigen Züchtung. Ferner sei es falsch, die Risiken der Gentechnik denen der bisherigen Züchtung gleichzusetzen. Und schließlich müsse kritisch überprüft werden, ob gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen wirklich den Nutzen brächten, den Entwickler und Unternehmen versprächen.
Und nicht nur Testbiotech ist die Sendung sauer aufgestoßen. Auch Bernd Rodekohr von der Aurelia-Stiftung zum Schutz der Biene belegt in einer ausführlichen Analyse, wo und warum Thesen und Hypothesen der Sendung einseitig oder unpräzise sind. Der ZDF-Fernsehrat hat zwar keinen Verstoß gegen Rechtsvorschriften festgestellt. Wie er am 9. Dezember an Testbiotech schrieb, handele es sich bei der Sendung jedoch „in Teilen um ein Werturteil zum Thema Grüne Gentechnik, ohne dass dies in dem neu entwickelten Hybrid aus Wissenschaftssendung und Show- Format hinreichend kenntlich gemacht wird“. Der wissenschaftliche Anspruch der Sendung stehe „in Spannung zu ausgeprägten Meinungselementen“, räumte Fernsehratsvorsitzende Marlen Thieme ein. Das ZDF müsse zwar nicht innerhalb jeder einzelnen Sendung ausgewogen berichten. Es fehlten hier jedoch Hinweise „auf andere ZDF-Sendungen zum Ausgleich des vorgetragenen Standpunkts“. Thieme versicherte, eine gut begründete Beschwerde werde im ZDF konstruktiv diskutiert und führe „wo nötig, auch zu Reaktionen in der redaktionellen Arbeit“.
Dem Team der heute-Show vom 2. Dezember schien zumindest klar zu sein, dass das Thema heikel ist. Denn Oliver Welke kündigte es als „Schocker“ an, über den man doch zumindest mal debattieren sollte. Auch er verbreitete die These, zwischen neuer Gentechnik und konventioneller Züchtung gebe es keine Unterschiede. Dass dem nicht so ist, erläutert Testbiotech regelmäßig mit konkreten Beispielen auf seiner Webseite. Auch das Bundesumweltministerium erklärt unter "häufig gestellte Fragen" gut verständlich die Unterschiede zwischen Pflanzen und Tieren aus "normaler" Züchtung und solchen, die mit neuer Gentechnik erzeugt wurden.
Wozu die gentechnikkritischen Organisationen aber applaudierten, war die Tatsache, dass der Comedian ungewohnt ernsthaft dafür plädierte, mit neuer Gentechnik entwickelte Pflanzen auf ihre Risiken für Umwelt und Gesundheit zu prüfen und sie zu kennzeichnen. Denn, wie Bernd Rodekohr an Oliver Welke schrieb: „Nur so können Verbraucher:innen entscheiden, ob sie sich auf die Pilzpfanne mit 'genomeditierten essbaren Knollenblätterpilzen' stürzen möchten (Rezept der Maithink X-Show vom 27.3.2022) oder lieber auf die klassische, aber erprobte 'Atompilzpfanne' aus der heute-Show (yummy!).“ [vef]

21.12.2022 |

US-Behörde will Gentech-Kastanie zulassen

American Chestnut   Foto: DM, https://bit.ly/3Gbe991, https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/ American Chestnut Foto: DM, https://bit.ly/3Gbe991, https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/

Das US-Landwirtschaftsministerium sieht keine Umweltrisiken, wenn gentechnisch veränderte Kastanien im großen Stil in den Wäldern der USA gepflanzt werden. Noch bis 27. Dezember sammelt die Behörde öffentliche Kommentare zu ihrer Risikobewertung. Danach will sie ihre Entscheidung fällen. Kritiker:innen befürchten, dass hier unter dem Deckmantel des Artenschutzes das Tor für gentechnisch veränderte Bäume geöffnet wird.

Die amerikanische Esskastanie ist bedroht, seit ein zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingeschleppter Pilz die Bestände absterben lässt. Abhilfe versprechen schon seit Jahren Gentechniker der Universität des Staates New York. Sie haben Weizen-Erbgut in die Kastanie eingeschleust. Diese soll damit ein Enzym produzieren, das die Wirkungskette des Pilzes unterbricht und ihn dadurch unschädlich macht. 2020 beantragten die Forscher bei den US-Behörden die Erlaubnis, die gentechnisch veränderte (gv) Kastanie „Darling 58“ in die Wälder der Ostküste zu pflanzen - mit dem Ziel, eine aussterbende Art zu retten.

Die zuständige Behörde APHIS des US-Landwirtschaftsministeriums veröffentlichte im November 2022 das Ergebnis ihrer Umweltrisikobewertung. Die Freisetzung werde gewisse Umweltauswirkungen mit sich bringen, räumte das APHIS ein, beschreibt diese aber als eher positiv: Die Kastanien als Futterquelle könnten zu mehr Vielfalt bei Tierarten führen. Durch das schnellere Wachstum im Vergleich zu anderen Bäumen würde mehr Kohlendioxid gebunden. Und da Kastanienpollen laut APHIS nur bis zu 400 Meter weit fliegen, bestehe auch kaum Verunreinigungsgefahr für Plantagen mit anderen Esskastanienarten.
„Die Annahme, dass gentechnisch veränderte Kastanienbäume sich in einer bestimmten und vorhersehbaren Weise verhalten werden, die nur auf einem Jahrzehnt der Forschung beruht, ist verfrüht, wenn nicht sogar schlechte Wissenschaft“, hält Donald Edward Davis dagegen. Der Umwelthistoriker hat sich intensiv mit der amerikanischen Esskastanie beschäftigt und bezeichnet die geplante Freisetzung als „gefährliches, nicht rückholbares Experiment“. Die amerikanische Kastanie lasse sich auch ohne Gentechnik retten, ist Davis überzeugt. Schließlich gebe es in den USA noch 400 Millionen Exemplare. Der Verband der amerikanischen Kastanienzüchter (ACCF) arbeitet seit 1985 daran, pilzresistente Exemplare zu finden und zu vermehren und hat dabei zunehmend Erfolg.

Das Bündnis Stop GE Trees, in dem mehrere Umweltorganisationen gegen die Freisetzungspläne vorgehen, sieht die gv-Kastanie deshalb vor allem als Türöffner für andere gv-Bäume. „Das ist ein verrückter Vorschlag, der versucht, eine ökologische Tragödie zu nutzen, um den Einsatz der Gentechnik in der Forstwirtschaft voranzubringen“, sagt Rachel Smolker von Biofuelwatch und fügt hinzu. „Es ist ein Trojanisches Pferd aus gentechnisch verändertem Kastanienholz.“ In einem Report hat Stop GE Trees die derzeit laufenden Projekte mit gv-Bäumen aufgelistet: schneller wachsende Platanen, Pappeln und Gummibäume, herbizidtoleranter Eukalyptus, Pappeln mit geänderter Holzqualität und viele mehr. Bisher gibt es nur Feldversuche und eine kommerzielle Zulassung für Eukalyptus in Brasilien. Diese wird derzeit nicht genutzt, weil der Forest Stewardship Council mit seinem FSC-Siegel für nachhaltige Waldwirtschaft seinen Mitgliedern den kommerziellen Anbau von gv-Bäumen noch verbietet. Feldversuche erlaubt er allerdings schon. Ein Vorstoß, den Mitgliedern auch Feldversuche zu untersagen, scheiterte auf der letzten FSC-Generalversammlung im Oktober. [lf]

13.12.2022 |

"Goldener Reis" geerntet, Filipinos besorgt

Gold Goldener und weißer Reis (Foto: IRRI Photos)

Auf den Philippinen wurden dieses Jahr erstmals einige Tonnen gentechnisch veränderter (gv) Reis mit einem erhöhten Gehalt an Beta-Carotin geerntet. Die wegen ihrer Farbe als „goldener Reis“ bezeichnete Pflanze wurde bereits vor 24 Jahren präsentiert. Damals galt sie als gentechnische Lösung, um den Vitamin A-Mangel in Entwicklungsländern zu beheben. Inzwischen geben selbst Befürworter:innen zu, dass andere Methoden schneller helfen.

67 Tonnen „goldener Reis“ (englisch: Golden Rice) seien in diesem Jahr auf 17 Feldern der philippinischen Insel Antique geerntet worden, meldete die Wissenschaftsseite Phys.org. Sie sollen nun an Haushalte mit schwangeren Frauen, stillenden Müttern oder Kindern im Vorschulalter verteilt werden, die durch Vitamin-A-Mangel verursachte Krankheiten erleiden könnten. Das Portal Manila Bulletin gibt die Anbau-Fläche mit 15 Hektar an und erwähnt, dass der gv-Reis auf weiteren 23 Hektar angebaut wurde, um zusätzlich Saatgut zu gewinnen. Denn das philippinische Landwirtschaftsministerium wolle, dass der gelbe Reis 2027 auf zehn Prozent der Reisanbaufläche wächst, was ungefähr 500.000 Hektar entspreche, wie der Leiter des „goldener Reis“-Programms des staatlichen Forschungsinstituts PhilRice dem Blatt mitteilte. Die philippinische Regierung setzt stark auf Gentechnik und hatte vor zwei Monaten auch den Anbau gentechnisch veränderter Bt-Auberginen zugelassen. Sie produzieren ein Bakteriengift gegen Schädlinge.

Die vergangenen zehn Jahre war es vor allem PhilRice und das auf den Philippinen ansässige internationale Reisforschungsinstitut IRRI, die noch am „goldenen Reis“ arbeiteten. Schon 2013 zerstörten wütende Bauern geheimgehaltene Versuchsfelder des IRRI. Der Widerstand hat seither nicht nachgelassen. In einer Stellungnahme schreibt das Netzwerk StopGoldenRice: „Trotz des überwältigenden Widerstands der philippinischen Bevölkerung, ungerechtfertigter Lücken im Genehmigungsverfahren, möglicher Risiken für unsere Umwelt und Gesundheit und des Überflusses an lokal verfügbaren Vitamin-A-reichen Feldfrüchten im Land wird dieser Reis nun auf unseren Feldern angebaut und in unsere Nahrungsmittelsysteme gezwungen.“ Das Netzwerk befürchtet, dass der gv-Reis die widerstandsfähigen traditionellen und von den Landwirten gezüchteten Reissorten dauerhaft verunreinigen könnte.

Seit Jahrzehnten stark in der bäuerlichen Züchtung engagiert ist die Organisation Masipag. Sie hat zusammen mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen eine Petition an das Oberste Gericht der Philippinen gerichtet. Die Richter sollen die Genehmigungen für den Anbau von gv-Reis und gv-Auberginen vorläufig auf Eis legen. Damit würden sie die Umwelt schützen und zwei Grundnahrungsmittel des Landes, sagte Masipag-Koordinator Alfie Pulumbarit der Zeitung Philippine Star. Denn es sei nicht erwiesen, dass Beta-Carotin-Reis und Bt-Auberginen für die Umwelt und den menschlichen Verzehr sicher seien.

Womöglich spielt bei den anstehenden Gerichtsverhandlungen die Frage eine Rolle, ob es den gv-Reis überhaupt braucht, um Vitamin A-Mangel (VAD) wirkungsvoll zu bekämpfen. Die Antwort ist nein: In den 90-er Jahren war VAD weltweit bei 23 bis 34 Prozent der verstorbenen Kinder unter fünf Jahren die Todesursache. Bis 2013 sank dieser Anteil auf etwa zwei Prozent. Die Ursachen dafür waren „umfangreiche Impfprogramme gegen Masern, ein besserer Zugang zu sauberem Wasser sowie die Versorgung mit Vitamin A-Tabletten durch kommunale Gesundheitsprogramme“. So steht es in einem Beitrag von 2021 für ein Buch über Reisforschung. Geschrieben haben dieses Kapitel übrigens Befürworter:innen des „goldenen Reises“, die ihn natürlich dennoch loben. [lf]

08.12.2022 |

Stiftung plant Klage gegen Glyphosatverlängerung

RoundUp von Bayer/Monsanto (Foto: Mike Mozart, http://bit.ly/2yIfwuQ, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/) RoundUp von Bayer/Monsanto (Foto: Mike Mozart, bit.ly/2yIfwuQ, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)

++ UPDATE ++ Wie erwartet lässt die Europäische Kommission den Unkrautvernichter Glyphosat übergangsweise bis 15.12.2023 zu, um der Lebensmittelbehörde EFSA mehr Zeit zu geben, seine Risiken zu prüfen. Die Aurelia-Stiftung hält die verbreitete Praxis, die Genehmigung von Pestizidwirkstoffen schon vor dem Abschluss der vorgeschriebenen Risikoprüfung zu verlängern, für einen gravierenden Verstoß gegen das europarechtliche Vorsorgeprinzip. Sie plant daher, die aktuelle Glyphosat-Entscheidung der EU-Kommission vom Europäischen Gericht überprüfen zu lassen.
Bei einem Expertengespräch der Anwaltskanzlei [GGSC] verwies Aurelia-Vorstand Thomas Radetzki gestern auf Recherchen der Organisation foodwatch, wonach bei etwa 30 Prozent aller in der Europäischen Union (EU) verwendeten Pestizide die Zulassungen eigentlich abgelaufen seien. Laut foodwatch verlängert die EU die Genehmigungen jedoch regelmäßig – teilweise seit Jahren und ohne vorgeschriebene Sicherheitsprüfung durch die zuständige Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). In den vergangenen zehn Jahren seien Tausende von Spritzmittelzulassungen verlängert worden, weil die Behörden die Risikoprüfung und den Genehmigungsprozess systematisch verzögert hätten, kritisiert Foodwatch. „Glyphosat ist nur die Spitze des Eisbergs.“
Auch Aurelia-Anwalt Achim Willand sieht in den fast routinemäßigen Verlängerungen ein systematisches Problem. So werde den Herstellern auch nach Ablauf der vorgesehenen Fristen immer wieder Gelegenheit gegeben, Datenlücken zu füllen. Dies führe dazu, dass Pestizidwirkstoffe auf dem Markt seien, die nicht über eine Sicherheitsprüfung auf dem aktuellen Stand verfügten. Auch im Fall von Glyphosat rechnet er nicht damit, dass die Prüfungen wirklich bis Ende kommenden Jahres abgeschlossen sein werden. Die EFSA plant, ihre Schlussfolgerungen im Sommer 2023 vorzulegen. Dann wären die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten wieder am Zug. Letztere könnten dann mit qualifizierter Mehrheit entscheiden, Glyphosat für mehrere Jahre neu zuzulassen. Die gültige Genehmigung des Totalherbizids läuft am 15.12.2022 nach fünf Jahren aus. Die einjährige Verlängerung tritt laut EU-Verordnung am 12.12.2022 in Kraft.
Schon jetzt zeichnet sich für Deutschland ein schwieriger Konflikt ab: Denn Bundesagrarminister Cem Özdemir will ab 1.1.2024 definitiv verbieten, in Deutschland Glyphosat zu versprühen. Das hat er in der Pflanzenschutz- Anwendungsverordnung bereits festgelegt. Spritzmittel dürfen aber eigentlich ein Jahr länger zugelassen werden als der Wirkstoff. Das wäre im Fall von Glyphosat also bis 15.12.2024. Das von Özdemir per Verordnung geplante Anwendungsverbot sei damit in dieser Form kaum zu halten, meint Willand. Denn EU-Mitgliedstaaten könnten die Verwendung von Produkten nicht pauschal verbieten, die in der EU zugelassen sind. Der geplante ‚Ausstieg‘ aus dem Wirkstoff müsse neu geregelt werden mit einer Begründung, die sich maßgeblich auf die Umweltauswirkungen des Breitband-Herbizides stützt, rät der Jurist.
Im zuständigen Agrarministerium brütet man offenbar schon seit Monaten über einer Lösung für das Problem. Denn bereits im September hatte der grüne Agrarminister im Bundestag angekündigt, alle juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um das vereinbarte Glyphosatverbot in Deutschland notfalls im Alleingang umzusetzen. Wie das konkret aussehen soll, war bislang aber nicht in Erfahrung zu bringen. Man prüfe noch, hieß es aus dem Ministerium. Der Glyphosatausstieg zum 1.1.2024 habe sich am bisherigen Ende der Wirkstoffgenehmigung auf EU-Ebene orientiert, schrieb eine Sprecherin dem Infodienst Gentechnik auf Anfrage. „Hier ist auch die weitere Entwicklung auf EU-Ebene abzuwarten.“ Deutschland werde sich weiter dafür einsetzen, dass Glyphosat nach Ende der Prüfungen 2023 in Europa nicht erneut zugelassen werde.
Die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung muss nach Ansicht der Behörde aber aktuell nicht angepasst werden. Die darin vorgesehenen Einschränkungen für einen Spritzmitteleinsatz seien mit EU-Recht vereinbar, schrieb die Sprecherin. Die Zulassungen glyphosathaltiger Spritzmittel in Deutschland, deren Ende sich an dem ursprünglichen Ende der Glyphosat-Genehmigung am 15.12.2022 orientiert hatte, werden von Amts wegen um ein Jahr verlängert, da das EU-Recht das so vorsehe. Nach der entsprechenden EU-Verordnung können Spritzmittel übergangsweise weiter zugelassen werden, wenn die Behörden die Chemikalien nicht vor Fristablauf abschließend geprüft und bewertet haben. Foodwatch fordert, solche Pestizide vom Markt zu nehmen und bis 2035 auf eine pestizidfreie EU-Landwirtschaft hinzuarbeiten. Dann wäre auch ein Großteil der Gentechnikpflanzen überflüssig, die nämlich gentechnisch meist verändert wurden, um Spritzmittel zu überleben. [vef]
Update 8.12.: weitere Äußerungen des BMEL eingefügt.

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