Deutschland hat sich in der entscheidenden Abstimmung über die Zulassung des Gentechnik-Mais 1507 im Februar 2014 enthalten - und dem Anbau damit indirekt grünes Licht gegeben. Regierung, Koalition und Landesregierungen sind sich uneins, Verbraucher enttäuscht und Landwirte verunsichert. Wie geht es nun weiter? Ab wann könnte der Gentech-Mais auf die Felder?
Die Kommission kann jederzeit eine Entscheidung treffen, ob der Gentechnik-Mais 1507 künftig in der EU angebaut werden darf. Im Ministerrat hatte im Februar 2014 zwar eine klare Mehrheit von 19 EU-Staaten gegen den Gentechnik-Mais gestimmt (5 waren dafür, 4 enthielten sich), das reichte aber nicht für die nötige qualifizierte Mehrheit (260 von 352 Stimmen). Nach EU-Recht liegt die Entscheidung daher bei der Kommission, zuständig ist der Gesundheits- und Verbraucherkommissar.
Wenn der Gentechnik-Mais 1507 durch die Kommission zum Anbau zugelassen ist, darf er noch nicht sofort angebaut werden. Zuvor muss der Antragsteller, das US-Unternehmen Dupont Pioneer, den Mais in dem EU-Land ins Sortenregister eintragen lassen, in dem er auch den Zulassungsantrag gestellt hat - in diesem Fall Spanien, dort reichte Pioneer 2001 den Antrag ein.
Wurde die gentechnische Veränderung, das sogenannte Event (1507), in eine schon geprüfte und zugelassene Mais-Sorte eingebaut, könnte der Gentechnik-Mais in Spanien nach einem verkürzten Verfahren kommerziell genutzt werden. Es besteht dann die Möglichkeit, die mit dem Event verbundenen agronomischen Eigenschaften (z. B. Insektenresistenz) als ausreichend für die positive Beurteilung zu erachten. Wird das Event in eine neue Sorte eingebaut, die bis dahin in Spanien nicht im Sortenkatalog eingetragen war, durchläuft die Sorte ein Prüfverfahren. Dieses besteht zum einen in der sogenannten DUS-Prüfung, welche Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit fordert, zum anderen in einer Werteprüfung. Ein landeskultureller Wert besteht dann, wenn die Gesamtheit der wertebestimmenden Eigenschaften besser abschneidet als vergleichbare Sorten. Dafür wird die Sorte über mindestens zwei Jahre an verschiedenen Standorten getestet.
Ist die Sorte mit dem 1507-Event im spanischen Sortenregister eingetragen, melden die spanischen Behörden dies an die EU-Kommission. Diese nimmt die Sorte dann in den gemeinsamen EU-Sortenkatalog auf. Sofern keine einzelstaatlichen Verbote bestehen, sind die Sorten in den einzelnen EU-Mitgliedsländern automatisch vertriebsfähig. So auch in Deutschland und kann angebaut werden. Aber auch dann stellt sich für die deutschen Landwirte die Frage der Wirtschaftlichkeit. Denn auf Grund erheblicher klimatischer Unterschiede zu Spanien ist der Anbau für einen deutschen Landwirt nicht ratsam. Ins deutsche Sortenregister kann die Aufnahme der Sorte jedoch nur mit einem entsprechenden Antrag und einer separaten DUS- und Werteprüfung erfolgen.
Falls der Gentechnik-Mais 1507 von der Kommission zugelassen und vom spanischen Sortenamt ins Register aufgenommen wird, stehen weiter Handlungsoptionen offen:
A. Opt-Out-Klausel: Mit der sogenannten Opt-Out-Klausel (Ausstiegsklausel) soll den einzelnen EU-Mitgliedsaaten die Möglichkeit eingeräumt werden, trotz einer EU-weiten Zulassung die Pflanzen im eigenen Land zu verbieten - und zwar aus anderen Gründen als Umwelt- oder Gesundheitsrisiken, die bislang die einzige Grundlage für ein Verbot abgeben (siehe B) Safe-Guard-Klausel).
Die Mitgliedstaaten der EU haben sich bereits für Opt-Out ausgesprochen, nun muss noch das Parlament zustimmen. Dies könnte bis Ende 2014 geschehen. Kritiker sagen: in der jetzigen Form führe Opt-Out nicht zu weniger, sondern zu mehr Gentechnik. Der Grund: die Regierungen müssen bei den Konzernen anfragen, ob diese einer geografischen Einschränkung der Anbauzulassung zustimmen. Nur wenn sie ablehnen, kann ein Staat den Anbau untersagen. Das würde den Unternehmen die Möglichkeit zur Einflussnahme geben, sie könnten für ihr Entgegenkommen weitere und schnellere Zulassungen verlangen. Zudem ist nicht klar, ob die Verbote rechtssicher wären.
B. Safe-Guard-Klausel: Ein EU-Mitgliedsstaat kann eine EU-weit zugelassene Gentechnik-Pflanze in ihrem eigenen Land zum Anbau verbieten, wenn er wissenschaftliche Daten vorlegen kann, die eine Gefahr für Mensch, Tier oder Umwelt plausibel machen. Von diesem Recht hat Deutschland im Fall des Gentechnik-Maises MON810 Gebrauch gemacht. Für Mais 1507 gibt es aber keine aktuellen Studien: eine Anfertigung dauert mehrere Monate und kostet viel Geld.
C. Sicherheitsabstände: Laut EU-Gentechnikrecht gelten für gentechnisch veränderte Pflanzen Abstands-Regeln, die von den Mitgliedsstaaten selbst definiert werden. In Deutschland gilt ein Mindestabstand von 150 Metern zwischen einem konventionell bewirtschafteten und einem mit Gentechnik-Mais bepflanzten Feld. Der Mindestabstand zu einem ökologisch bewirtschafteten Mais-Feld muss 300 Meter betragen. Bulgarien hingegen hat zu Bienenstöcken einen Abstand von 10 km und zu Biobauernhöfen von 7 km festgelet.
Einzelne Bundesländer können Mindestabstände zu Naturschutzgebieten festlegen. So hat Baden-Württemberg einen Abstand von 3.000 Metern zwischen Gentechnik-Feld und Naturschutzgebiet vorgeschrieben.
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1. Schritt: Zulassung durch Kommission
2. Schritt: Sortenzulassung
3. Schritt: Anbau frühestens 2015
Über nationale Gentechnik-Verbote wird schon seit Jahren diskutiert - bislang gibt es dafür einen sehr engen Rechtsrahmen. Reformversuche sind bisher gescheitert. Mitte 2014 zeichnet sich jedoch eine Mehrheit für das sog. Opt-Out ab. Doch hilft es wirklich?