22.08.2023 | permalink
In einer repräsentativen Umfrage verlangten 83 Prozent der Österreicher:innen, Produkte aus neuen gentechnischen Verfahren (NGT) genauso streng zu kontrollieren und zu regulieren wie solche aus alter Gentechnik. Unterstützung bekamen sie vom österreichischen Umweltbundesamt. Das nannte den Vorschlag der EU-Kommission „wissenschaftlich nicht nachvollziehbar“. Selbst die konservative ÖVP (Österreichische Volkspartei) distanziert sich vom Kommissionsvorschlag.
1000 Österreicher:innen hatte die Agentur Marketagent im Auftrag der österreichischen ARGE Gentechnik-frei zum NGT-Vorschlag der EU-Kommission befragt. 83 Prozent wollen die bisherige Regulierung auch für NGT beibehalten. 90 Prozent forderten eine verpflichtende Kennzeichnung auch für Produkte aus oder mit NGT. Fast drei Viertel der Befragten waren der Ansicht, dass die hohe Qualität der österreichischen Landwirtschaft durch NGT in Gefahr gebracht würde. Ebenso viele verlangten eine breite, gesellschaftliche und interdisziplinäre Diskussion über Ziele und Zwecke, die mit dem Einsatz der Neuen Gentechnik erreicht werden sollen. Erst danach solle auf Basis einer Kosten-Nutzen-Analyse über mögliche Gesetzesänderungen entschieden werden. Bedingungslose Befürworter von NGT gab es in der Umfrage zwölf Prozent.
„Konsument:innen wollen keine Lebensmittel mit Gentechnik – dies gilt für die gesamte EU, und besonders für Österreich“, sagte Florian Faber, Geschäftsführer der ARGE Gentechnik-frei. Und weiter: „Der Gesetzesvorschlag bedroht das in den EU-Verträgen verankerte Recht auf Wahlfreiheit, da Kennzeichnungspflicht, Rückverfolgbarkeit und klar geregelte Zulassungsverfahren schlichtweg abgeschafft werden sollen.“ Europaparlament und Mitgliedsstaaten dürften den Gesetzesvorschlag in dieser Form keinesfalls akzeptieren. Laut Faber sei der Verordnungsentwurf „als klarer Angriff der EU-Kommission auf alle Bereiche der Landwirtschaft zu sehen, die ohne Gentechnik arbeiten“. Allein die ‚Ohne Gentechnik‘- und die ‚Bio‘-Produktion würden in Österreich zusammen rund 4,5 Milliarden Euro erwirtschaften.
Faber stellte auch ein Papier vor, das Mitarbeiter:innen des österreichischen Umweltbundesamts im Auftrag der ARGE Gentechnik-frei verfasst haben. Sie kommen darin zu dem Ergebnis, die Vorschläge seien wissenschaftlich nicht nachvollziehbar. Wesentliche Fragen der Haftung, Patentierung und Koexistenz blieben völlig ungeklärt und das in den EU-Verträgen festgelegte Verursacherprinzip und das Vorsorgeprinzip würden ausgehebelt. Die Kritik an der fehlenden Wissenschaftlichkeit bezieht sich vor allem auf die Kriterien, mit denen die Kommission NGT-Pflanzen der Kategorie 1 definiert, die sie von allen Reglementierung ausnehmen will. In dem Papier heißt es: „Die im Vorschlag genannten Grenzen für die Äquivalenz von 20 veränderten oder herausgeschnittenen DNA Bausteinen, sowie von 20 verschiedenen Veränderungen pro Produkt, entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage.“ Mit der sehr breiten Definition von NGT 1-Pflanzen sei es möglich, „auch weitreichende und komplexe Veränderungen im Genom vorzunehmen. Dadurch sind auch unerwünschte Effekte nicht ausgeschlossen“.
Schon im April 2023 hatten die Expert:innen des österreichischen Umweltbundesamtes in der Fachzeitschrift Plants zu den Umweltrisiken von NGT-Pflanzen Stellung genommen. Dabei zerpflückten sie die Stellungnahme der EU-Lebensmittelbehörde EFSA vom Oktober 2022, auf deren Argumente sich die EU-Kommission stützt. An dem Aufsatz in Plants waren auch Mitarbeiter:innen des deutschen Bundesamtes für Naturschutz, des Schweizer Bundesamtes für Umwelt, der italienischen Umweltbehörde ISPRA und des polnischen Umweltministeriums beteiligt.
Die österreichische Bundesregierung aus ÖVP und Grünen hat sich – anders als die deutsche – einhellig hinter die gentechnikfreien Wünsche der Bevölkerungsmehrheit gestellt. „Im Regierungsprogramm ist klar verankert, dass keiner Neuregelung der Gentechnik-Gesetzgebung zugestimmt wird“, zitierte Euractiv den ÖVP-Abgeordneten Klaus Lindinger. Entsprechend positionierte sich Österreich auch in den EU-Gremien. Unter besonderer Beobachtung stehen die Europaabgeordneten der ÖVP. Denn ihre Fraktion, die EVP (Europäische Volkspartei, zu der auch CDU und CSU gehören), setzt sich vehement für die NGT-Vorschläge der Kommission ein. Deshalb lobte Alexander Bernhuber, Umweltsprecher der ÖVP im Europaparlament, erst einmal den Vorschlag. Es sei an der Zeit, das mehr als 20 Jahre alte Gentechnik-Gesetz wieder auf den neuesten Stand der Wissenschaft zu bringen, sagte er. Anschließend definierte er seine roten Linien: die potenziellen Monopolstellungen von Saatgutunternehmen, die unzureichenden Regeln zur Kennzeichnung und dass die letzte Entscheidung über eine Zulassung nicht bei Österreich liege. Sein Fazit: „Daher ist der derzeitige Vorschlag abzulehnen". [lf]
16.08.2023 | permalink
+++UPDATE+++ Die EU-Regularien sehen vor, dass die Europäische Kommission einen fertigen Verordnungsvorschlag noch einmal zur Kommentierung ins Internet stellt. Deshalb kann der Anfang Juli vorgelegte Vorschlag zur Regulierung neuer gentechnischer Verfahren (NGT) noch bis 5. November von Privatpersonen und Organisationen kommentiert werden. „Alle eingegangenen Rückmeldungen werden von der Europäischen Kommission zusammengefasst und dem Europäischen Parlament und dem Rat vorgelegt, um in die Gesetzgebungsdebatte einfließen zu können“, schreibt die Kommission dazu.
Die Kommission weist von sich aus die Öffentlichkeit nicht mehr groß auf diese Feedback-Möglichkeit zu vorgelegten Verordnungsvorschlägen hin. Schließlich hat sie in der Regel bereits zwei Konsultationen durchgeführt, während sie den Vorschlag erarbeitete. Die einschlägigen Stellungnahmen der beteiligten Organisationen sind ihr also bekannt und wurden von ihr – mehr oder weniger – berücksichtigt.
Dabei ist dieses nachgelagerte Feedback die einzige amtliche Möglichkeit, zu dem Stellung zu nehmen, was die Kommission aus den von ihr zusammengetragenen Informationen gemacht hat. Erst jetzt können Privatpersonen und Organisationen konkret auf den vorgelegten Verordnungstext eingehen, während sie bei den vorgelagerten Konsultationen nur vermuten konnten, was die Kommission plant. Für die EU-Bürgerinnen und Bürger, die von den vorgelagerten Diskussionen nichts mitbekommen haben, bietet dieses Feedback die einzige Möglichkeit, der Kommission noch die Meinung zu sagen. Das dürfte deren Haltung zu dem jeweiligen Thema, in diesem Fall zur Regulierung neuer gentechnischer Verfahren (NGT), nicht mehr ändern. Aber das gesammelte Feedback geht in den weiteren Gesetzgebungsprozess ein, weswegen es durchaus von Bedeutung sein kann, welche Positionen in den eingehenden Kommentaren zum NGT-Vorschlag dominieren.
Um ein Feedback geben zu können, ist es notwendig, sich auf der entsprechenden Kommissionsseite zu registrieren oder sich mit einem Social-Media-Konto anzumelden. Die Registrierung kann dann für weitere Stellungnahmen bei anderen Konsultationen der Kommission genutzt werden. So ist auch der neue, umstrittene Vorschlag für eine Saatgutverordnung derzeit für Kommentare offen. Die Frist 11. Oktober für den NGT-Vorschlag dürfte sich noch nach hinten verschieben. Denn erst wenn der Kommissionsvorschlag in alle EU-Sprachen übersetzt vorliegt, beginnt die offiziell achtwöchige Feedbackfrist. Mitte August standen neben dem englischen Original nur die Übersetzungen ins Deutsche, Spanische und Französische als Download zur Verfügung. Abgegeben waren zu diesen Zeitpunkt gerade mal 53 Kommentare, was neben dem fehlenden amtlichen Hinweis womöglich auch der Sommerpause geschuldet ist. [lf]
13.08.2023 | permalink
In Bayern haben sich die Minister:innen für Landwirtschaft und Umwelt skeptisch zu den Gentechnikvorschlägen der EU-Kommission geäußert. Damit verlässt die CSU-geführte Staatsregierung den gentechnikfreundlichen Kurs der Unionsparteien im Bund. Der Grund: Im Bayern ist im Oktober Landtagswahl.
Bayern ist seit April 2014 Mitglied im Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen und hat 2019 den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen gesetzlich verboten. Im Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt machte die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber von der CSU deutlich, dass sie auch neue gentechnische Verfahren (NGT) skeptisch sieht. „Alle Fragen zur Sicherheit, auch zum Beispiel der Koexistenz von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft, müssen vor weiteren Debatten geklärt sein“, zitierte das Wochenblatt Kanibers Ministerium. Die Sicherheit, auch die der Verbraucher, habe absoluten Vorrang. Dafür brauche es weitere Forschung und mehr Fakten. Auch stehe aus Sicht des bayerischen Landwirtschaftsministeriums noch nicht abschließend fest, ob NGT-Pflanzen die versprochenen Vorteile wirklich hätten. Hier müsse man nun eingehend analysieren, schrieb das Ministerium dem Wochenblatt.
Ministerin Kaniber selbst wandte sich explizit gegen die Absicht der Kommission, nationale Verbote von NGT-Pflanzen zu untersagen. „Wir finden es nicht hinnehmbar, dass die EU-Mitgliedstaaten nach Ansicht der EU-Kommission künftig nicht mehr selbst entscheiden dürfen, ob sie derartig erzeugte Pflanzen zulassen“, sagte die Ministerin dem Wochenblatt und forderte, die Regionen Europas und deren Bürgerinnen und Bürger in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen.
Eine Woche nach Kaniber äußerte sich Bayerns Umwelt- und Verbraucherminister Thorsten Glauber von den Freien Wählern ebenfalls im Wochenblatt zur neuen Gentechnik. „Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ist mit den empfindlichen Naturräumen und der kleinteiligen Agrarstruktur in Bayern nicht vereinbar“, sagte Glauber. Beibehalten will er auch die Kennzeichnungspflicht entlang der kompletten Lebensmittelkette. Bayern brauche Wahlfreiheit für Verbraucher, Landwirte und Industrie, zitierte das Wochenblatt den Minister.
Damit setzt sich die CSU-geführte Staatsregierung in Bayern deutlich von dem ab, was die CSU-Bundestagsabgeordneten in Berlin sagen. In einem Antrag vom Sommer 2022 forderte die Bundestagsfraktion von CDU und CSU die Bundesregierung auf, sich in der EU für „eine Reform des EU-Gentechnikrechts einzusetzen, sodass die Forschung und Anwendung von NGT außerhalb der GVO-Regulierung geregelt wird, wenn die Merkmale auch mit konventionellen Methoden erreicht werden können.“ CDU und CSU forderten sogar, „die Verwendung von NGT in die gute fachliche Praxis aufzunehmen“. Das würde bedeuten, dass den Landwirt:innen amtlich nahegelegt wird, NGT-Pflanzen anzubauen. Der Bundestag lehnte den Antrag im März 2023 ab.
Dass die CSU in Bayern und Berlin mit zweierlei Zungen spricht, hat einen Grund. In Bayern wird im Oktober ein neuer Landtag gewählt. Die neue Gentechnik wird von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt und der aktive Widerstand dagegen reicht weit in konservative ländliche Kreise. So engagiert sich etwa der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) im Bündnis Bayern für eine gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft. Um das Thema im Wahlkampf flach zu halten, sendet die Staatsregierung deshalb erste Widerstandssignale. Allerdings dezent und gezielt über das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt, das fast jeder bayerische Bauernhof abonniert hat. Richard Mergner, dem Vorsitzenden des Bund Naturschutz in Bayern reicht das nicht. Er forderte den CSU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Markus Söder bei einer Demonstration in München auf, „Klartext“ zu reden.
Denn auf der Berliner Bühne lobt die CSU weiterhin die neue Gentechnik, zuletzt in einer Ende Juli eingereichten Kleinen Anfrage, mit der sie die unterschiedlichen Positionen zu NGT in der Bundesregierung thematisiert. In Brüssel führt der CSU-Politiker Manfred Weber die Europäische Volkspartei und unterstützt mit ihr aktiv die Gentechnikpläne der Kommission. Doch auch in Europa wird im Juni 2024 gewählt. [lf]
06.08.2023 | permalink
Die Europäische Kommission geht mit ihren vorgeschlagenen Lockerungen für neue gentechnische Verfahren (NGT) weit über das hinaus, was in den USA und England Gesetz ist. Ein wichtiger Grund dafür ist die großzügige und wissenschaftlich nicht begründbare Definition einer NGT-Pflanze im Kommissionsvorschlag. Doch es gibt noch weitere Unterschiede.
Die Begründung der Gesetze in den USA, Großbritannien und der Europäischen Union ist die gleiche: Gentechnisch veränderte Pflanzen, die auch durch Zucht oder zufällige Mutation hätten entstehen können, sollen schnell auf den Markt kommen können. In den USA gibt es deshalb eine Regelung, wonach Unternehmen, die eine NGT-Pflanze entwickelt haben, bei der Gentechnikbehörde APHIS des US-Landwirtschaftsministeriums eine Freistellung von deren Zulassungsregeln erhalten können. Doch eine solche Ausnahme erteilt die APHIS nur für eine einzelne Veränderung. Die EU-Kriterien dagegen erlauben bei einer NGT-Pflanze bis zu 20 Veränderungen. So könnte eine Pflanze, die an drei Stellen bearbeitet wurde, in der EU künftig als NGT zugelassen werden, in den USA jedoch nicht, schreiben Anwält:innen der Kanzlei Morrison & Foerster in einem Fachartikel. Dabei verweisen sie auf eine Klarstellung der APHIS von 2022. Darin heißt es: „Im Allgemeinen erlauben mehrere Veränderungen, die gleichzeitig an ein und derselben gentechnisch veränderten Pflanze vorgenommen wurden, keine Ausnahme gemäß § 340.1.“ Die Unternehmen könnten jedoch Pflanzen mit einzelnen freigegebenen Veränderungen miteinander kreuzen, schlägt die APHIS vor. Die Nachkommen aus einer solchen Züchtung bräuchten dann keine eigene Zulassung mehr. Das Fazit der US-Fachanwält:innen: Die EU-Kommission will NGT-Pflanzen „eine breitere Basis von Ausnahmen“ gewähren, als es das US-Recht bereits tut.
Das im März 2023 verabschiedete britische Genetic Technology (Precision Breeding) Bill (dt. etwa Gesetz zur gentechnischen Präzisionszüchtung) gilt derzeit nur in England. Es bleibt in seiner Definition vage und gibt nur vor, dass jedes durch NGT entstandene Merkmal „auch durch traditionelle Verfahren hätte entstehen können“. Zwar stehen die Ausführungsbestimmungen für das Gesetz noch aus. Doch bereits Anfang 2022 hatte die britische Regierung den Versuchsanbau von NGT-Pflanzen erleichtert, „die durch traditionelle Züchtungstechniken erzeugt worden oder durch natürliche Prozesse entstanden sein könnten“. Im April 2022 hatte die Regierung in Leitlinien diese Pflanzen genauer definiert. Dort ist vor allem von einzelnen Eingriffen die Rede. Sorgfältig geprüft werden müssten Fälle, „in denen mehrere gleichzeitige oder aufeinanderfolgende Bearbeitungen vorgenommen wurden, die genau aufeinander abgestimmt sind“, heißt es in der Leitlinie. Denn diese könnten zu einem Merkmal führen, das „vernünftigerweise durch natürliche Prozesse oder traditionelle Methoden nicht entstehen könnte“. Dafür gäbe es dann auch keine Ausnahme. Eine solche Einschränkung sieht der EU-Vorschlag nicht vor.
Neben der großzügigen Definition von NGT-Pflanzen gibt es weitere Unterschiede. Im US-Recht ist die Zulassung einer Gentech-Pflanze dreigeteilt. Die APHIS prüft nur die landwirtschaftliche Seite. Für mögliche Umweltrisiken ist ein eigenes Verfahren bei der US-Umweltbehörde EPA notwendig. Soll die NGT-Pflanze als Lebensmittel auf den Markt kommen, braucht sie zudem noch eine Zulassung durch die Lebensmittelbehörde FDA. Zwar ist diese Konsultation freiwillig, angesichts des strengen US-Haftungsrechts verzichtet jedoch kaum ein Unternehmen darauf. In den USA muss eine NGT-Pflanze also weitere Prüfverfahren durchlaufen, die nicht nur für NGT, sondern für alle gentechnisch veränderten Pflanzen gelten. In der EU wäre dies mit dem Kommissionsvorschlag nicht der Fall.
Die in den USA seit Anfang 2020 vorgeschriebene Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln gilt nicht für gentechnische Änderungen, die auch in der Natur vorkommen könnten. „Da das US-Landwirtschaftsministerium diese Begriffe jedoch nicht definiert, umfasst die Kennzeichnungspflicht für biotechnologisch veränderte Lebensmittel in den USA mehr Lebensmittel als die (vorgeschlagenen) Kennzeichnungsvorschriften der EU“, schreiben die Anwält:innen von Morrison & Foerster. Zwar beziehen sie sich in ihren Ausführungen auf den geleakten EU-Entwurf vom Juni. Die genannten Regelungen sind jedoch im offiziellen Entwurf der EU-Kommission vom 5. Juli gleichgeblieben.
Das neue englische Recht verlangt für die Vermarktung von Lebens- und Futtermitteln, die NGT-Pflanzen enthalten, eine eigene Vermarktungserlaubnis und ermächtigt die Behörden, die dafür notwendigen Regeln zu erlassen. Diese sollen die Rückverfolgbarkeit sicherstellen und gewährleisten, dass das Lebensmittel keine nachteiligen Folgen für die Verbraucher:innen und für die Umwelt hat. Für Risikoabschätzungen ist die nationale Lebensmittelbehörde FSA zuständig. Sie soll auch ein Register führen, in dem alle diese Zulassungen aufgeführt sind. Der Kommissionsvorschlag dagegen sieht einen Automatismus vor. Haben die Behörden eine NGT-Pflanze vor dem ersten Feldversuch der nahezu ungeregelten Kategorie eins zugeordnet, dann darf diese Pflanze später ohne weitere Überprüfungen kommerziell angebaut und als Zutat in Lebensmitteln vermarktet werden – und niemand schaut mehr drauf. [lf]
31.07.2023 | permalink
Um zu begründen, warum sie die Regeln für neue Gentechnik aufweichen will, verweist die Europäische Kommission gerne auf angebliche Wunderpflanzen, die Widrigkeiten des Weltklimas wie Trockenheit dank Genmanipulation widerstehen sollen. Eine solche Pflanze ist eine nach Firmenangaben dürretolerante Sojabohne des argentinischen Herstellers GDM Seeds. Diese wurde 2022 in Brasilien und Argentinien zugelassen. Das heißt aber nicht, dass sie dort auch wächst.
Denn inzwischen ist es üblich geworden, dass Agrogentechnik-Unternehmen ihre Pflanzen bereits nach den ersten Laborversuchen zur Zulassung anmelden. Sie wollen möglichst frühzeitig sicherstellen, dass ihre neu entwickelte Pflanze für die Behörden in Süd- und Nordamerika als neue Gentechnik gilt und keine strenge Zulassung mehr braucht. Eine solche Klarstellung erhielt die brasilianische Tochter von GDM Seeds im Mai 2022 von der brasilianischen Gentechnikbehörde CTNBio. Argentinien folgte im November 2022.
Im Januar 2023 räumte der GDM Seeds-Manager André Beló gegenüber der brasilianischen Zeitschrift Valor ein, dass sein Unternehmen noch keine Daten über Ernteerträge habe. Man werde im Jahr 2023 in den USA Feldversuche durchführen, um diese Daten zu ermitteln. Den Markteintritt in den USA und Argentinien erwartet Beló für die Anbausaison 2025/26. Der Anbau in Brasilien sei dann für 2027/28 geplant. Denn die manipulierte Pflanze sei für gemäßigtes Klima gedacht und müsse erst an das tropische Klima in Brasilien angepasst werden.
Die Forschenden bei GDM Seeds hatten 2018 mit ihrer Arbeit begonnen und gemäß den Angaben von CTNBio zwei Gene verändert, die die Bildung eines Proteins namens RACK1 steuern, das wichtige Aufgaben im Pflanzenstoffwechsel erfüllt – bei Trockenstress, aber auch in vielen anderen Fällen, wie eine Übersichtsarbeit von 2015 zeigt. Der Eingriff könnte also unerwünschte Stoffwechselfolgen mit sich bringen, die sich zeigen, sobald die Pflanzen im Freiland wachsen. Auch dass zwei Gene verändert wurden ist wichtig, weil die Antwort einer Pflanze auf Trockenstress von einer Vielzahl von Genen und Stoffwechselmechanismen bestimmt wird. Bisherige Versuche, mit einem einzigen Genschalter dürretolerante Pflanzen zu erzeugen, waren erfolglos.
Ein Beispiel dafür ist eine dürretolerante Sojabohne, die Forschende des US-Landwirtschaftsministeriums bereits 2017 entwickelt und angemeldet hatten. Sie bekamen von der US-Gentechnikbehörde APHIS eine Freistellung als NGT-Pflanze. Doch auf den Markt kam diese Sojabohne bis heute nicht. Nicht einmal Meldungen erfolgreicher Feldversuche ließen sich im Internet finden. Auch bei dieser Bohne wurden lediglich zwei Gene abgeschaltet, allerdings andere als bei der Pflanze von GDM Seeds. Kommerziell erfolglos blieb auch die noch mit alter Gentechnik in Argentinien von Bioceres hergestellte Sojabohne (HB4). Sie enthält ein Gen der Sonnenblume, das dieser hilft, Trockenheit zu überstehen. Erlaubt ist der Anbau in Argentinien seit 2015 und in Brasilien und den USA seit 2019. Im Finanzbericht für das dritte Quartal 2022/23 meldet Bioceres die ersten Verkäufe von HB4 Soja, ohne diese jedoch zu quantifizieren. Ansonsten war die letzten Jahre nur von Feldversuchen oder Vermehrungsanbau die Rede.
Während dürretolerante Crispr-Soja vermutlich noch Jahre auf sich warten lässt, startete das internationale Agrarforschungsnetzwerk CGIAR im Dezember 2022 ein alternatives Programm. Es will trockentolerante Sojabohnen, die in den vergangenen Jahren konventionell in Afrika gezüchtet wurden, auf die dortigen Märkte bringen. [lf]
27.07.2023 | permalink
Der spanische Agrarminister Luis Planas will bis Dezember, dem Ende der spanischen Präsidentschaft, im EU-Agrarrat eine Einigung über die umstrittene EU-Gentechnikverordnung herbeiführen. Das sagte der Sozialist am Dienstag bei einer Sitzung, in der über den „ausgezeichneten Vorschlag“ (Planas) der Europäischen Kommission diskutiert wurde, die Regeln für neue gentechnische Verfahren (NGT) zu lockern. Sein deutscher Amtskollege Cem Özdemir (Grüne) plädierte für einen Kompromiss, bei dem Koexistenz und Wahlfreiheit gesichert und die Frage von Patenten auf NGT geregelt werden.
Zunächst lobte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides, die den Verordnungsentwurf am 5. Juli präsentiert hatte, erneut NGT-Pflanzen als Wunderwaffe gegen alle Übel dieser Zeit: Sie könnten Dürren und Unwettern besser widerstehen. Sie könnten gleichzeitig höhere Erträge liefern und weniger Dünger und Wasser verbrauchen. Sie seien resistenter gegen Schädlinge, wodurch Pestizide eingespart werden könnten. Belegen würden diese Behauptungen die europäische Lebensmittelbehörde EFSA sowie eine hauseigene Folgenabschätzung. Dass noch an keinem Ort der Welt solche Wunderpflanzen wachsen, schien weder die Kommissarin noch diverse Agrarminister zu stören, die diese Hymnen im Lauf der Sitzung wiederholten.
Dementsprechend drängten Länder wie Frankreich, Portugal, Dänemark und Schweden darauf, solche Pflanzen so schnell wie möglich von den Fesseln strenger Zulassungsverfahren zu befreien, wie es im Entwurf der EU-Kommission für bestimmte NGT-Pflanzen vorgesehen ist. Die EU dürfe der Welt nicht hinterherhinken, hieß es. Zahlreiche EU-Mitgliedsstaaten sehen aber auch noch deutlichen Diskussionsbedarf. So sprach sich der italienische Agrarstaatssekretär Luigi D’Eramo dagegen aus, NGT-Pflanzen, wie von der EU-Kommission geplant, in zwei Kategorien aufzuteilen. Die wissenschaftlichen Argumente der Aufteilung in gentechnische Veränderungen von mehr oder weniger als 20 Basenpaaren müsse hinterfragt werden. Auch Finnland findet die Einteilung zweifelhaft und Portugal wünscht sich eine präzisere Definition von Kategorie zwei.
Der litauische Agrarminister Kestutis Navickas plädierte dafür, die nahezu unregulierte Kategorie eins nur an NGT-Pflanzen zu vergeben, die nachweisbar positive Wirkungen haben. Für NGT 2-Pflanzen wünscht er sich klarere Kontrollen. Diskussionsbedarf sieht er auch bei der Risikoanalyse. Es sei wichtig für die Mitgliedsstaaten zu wissen, welche Gefahren von einer Pflanze ausgehen, damit sie sie gegebenenfalls auch verbieten könnten. Auch Nachbar Lettland verwies auf das Vorsorgeprinzip und forderte ebenso wie die Slowakei, jede NGT-Pflanze umfassend auf ihre Risiken zu prüfen. Nach dem EU-Entwurf sollen NGT1-Pflanzen weitestgehend so behandelt werden wie konventionell gezüchtete.
Der Vertreter Rumäniens schlug vor, öffentliche Labore einzurichten, die auf NGT-Pflanzen spezialisiert sind. Man müsse möglichst viele Äquivalenztests durchführen, um die Sicherheit der Pflanzen nachzuweisen. Dann gewinne man auch das Vertrauen der Verbraucher:innen. Zugleich müsse ihre Einführung in den Mitgliedsstaaten evaluiert werden, um zu sehen, ob die Behörden die NGT-Pflanzen unterscheiden könnten. Kroatiens Agrarministerin Marija Vučković plädierte dafür, die Forschung zu Biosicherheit auszubauen und bat dafür um finanziellen Unterstützung. Da neue gentechnische Verfahren unerwartete Konsequenzen haben könnten, müsse man vorsichtig sein. Auch Slowenien mangelt es noch an Instrumenten für ein Monitoring, welche Folgen es haben wird, NGT 1-Pflanzen kaum reguliert freizusetzen. Die Folgenabschätzung der EU-Kommission bezeichnete die Vertreterin als fragwürdig. Irland will sich ebenfalls nicht auf die Behauptung der EFSA verlassen, NGT-Pflanzen hätten keine besonderen Risiken. Der Inselstaat will die Einführung von NGT-Pflanzen beispielsweise mit ergebnisorientierten Umweltverfahren flankieren und die biologische Landwirtschaft gezielt unterstützen.
Deutschland, Griechenland, Polen und Österreich verwiesen auf die Gefahr, dass Landwirte durch Patente auf NGT-Pflanzen von den Agrarkonzernen abhängig werden könnten. Diese Frage hat die EU-Kommission in ihrem Entwurf bewusst offengelassen und will erst mal den Markt beobachten. Mehrere Staaten betonten, dass die Existenz von kleinen und mittleren Agrarbetrieben gesichert werden müsse. Das gelte auch für das Nebeneinander von ökologischer und gentechnikfreier konventioneller mit Gentechnik-Landwirtschaft. Deutschland, Österreich, Ungarn, Litauen und Polen haben hier noch Diskussionsbedarf. „Mit über 25 Prozent Biolandwirtschaft geht Österreich bereits jetzt über das Ziel des Green Deal hinaus“, sagte Botschafter Gregor Schusterschitz – als einziges EU-Land. „Diese Errungenschaften dürfen nicht gefährdet werden.“ Daher stehe Österreich NGT ebenso wie dem Vorschlag der EU-Kommission „sehr kritisch“ gegenüber.
Der ungarische Agrarminister István Nagy hob hervor, dass Ungarns Landwirtschaft sogar qua Verfassung gentechnikfrei ist. Ungarn habe 2015 von der europarechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich gegen den Gentechnik-Anbau im eigenen Land zu entscheiden. „Das ist eine Frage der Souveränität für uns“, sagte Nagy. „Aus diesem Grund kann ich das Verbot von Verboten auf Mitgliedsstaatenebene nicht akzeptieren.“ Nach dem Kommissionsentwurf soll ein sogenanntes „Opt out“ einzelner EU-Länder bei NGT-Pflanzen nicht mehr möglich sein. Im Übrigen wisse man noch viel zu wenig, wie solche Pflanzen wirklich zur Nachhaltigkeit beitragen könnten. Wie anderen Staaten, etwa dem traditionell skeptischen Zypern, ist ihm wichtig, dass Verbraucher:innen freie, aufgeklärte Entscheidungen treffen können.
Um all diese Fragen im Detail zu klären und rechtliche Lösungsmöglichkeiten zu finden, hat die spanische Präsidentschaft bis Dezember neun Arbeitsgruppentreffen terminiert, von denen heute bereits das zweite stattfindet. Auch bei den fünf geplanten Sitzungen des Agrarrats kann weiter über strittige Punkte diskutiert werden. Aktuell sind die Fachleute in den EU-Mitgliedsstaaten alle noch dabei, den Entwurf zu prüfen, hieß es im Agrarrat unisono. Ihm sei bewusst, dass der NGT-Vorschlag zusammen mit den geplanten Regelungen zur Pestizidreduktion (SUR) zu sehen sei, da beide Vorschläge sich ergänzen, sagte Ratschef Planas zum Abschluss der Sitzung. Offenbar gilt das von Kommissionsvize Frans Timmermans ausgerufene Verhandlungsjunktim weiter, obwohl Timmermans die europäische Bühne verlassen will, um in seiner holländischen Heimat Politik zu machen. Da die konservative EVP-Fraktion im europäischen Parlament weiter blockiert, wurde das Thema SUR im Agrarausschuss allerdings erst mal auf Oktober vertagt.
Der deutsche Agrarminister Cem Özdemir, der sich selbst zum Thema NGT bisher nicht klar positionierte, sieht seine Rolle im Verhandlungsprozess offenbar als eine Art Mediator. Er wolle sich für einen ausgewogenen Kompromiss zwischen denjenigen einsetzen, die neue Gentechnik grundsätzlich ablehnen, und denen, für die Technologien wie Crispr/Cas alle Probleme dieser Welt lösen, sagte er vor der Ratssitzung in Brüssel. Und weil es diese Fronten nicht nur in Brüssel gibt, sondern auch in seiner heimischen Ampelkoalition, setzt er darauf, dass ein solcher Kompromiss dann auch die Linie der Bundesregierung werden könnte: neue Gentechnik ja, aber mit existentiellem Schutz für die gentechnikfreie und biologische Landwirtschaft, einer geregelten Patentfrage und einem Lebensmittelangebot nach den Erwartungen der Verbraucher:innen, die bekanntlich keine Gentechnik auf ihren Tellern wollen. In diese Richtung wolle er im Agrarrat verhandeln, sagte der Grünenpolitiker. Sollte er nicht zugleich die zerstrittene Berliner Ampel einigen können, müsste er sich bei der Abstimmung über den Entwurf im Agrarrat am Ende enthalten. [vef]
24.07.2023 | permalink
Während die Europäische Kommission auf eine erneute Zulassung von Glyphosat zusteuert, greifen Umweltorganisationen bestehende Zulassungen des Totalherbizids und seiner Produkte mit teils neuen Klagemöglichkeiten für Verbände an. Die Deutsche Umwelthilfe, Foodwatch und die Aurelia-Stiftung haben entsprechende Vorstöße angekündigt. In Frankreich konnte die Organisation Générations Futures (dt. künftige Generationen) bereits einen ersten Erfolg erzielen: Ein Gericht annullierte die Zulassungen von zwei glyphosathaltigen Pestiziden.
Nach dem europäischen Pestizidrecht lässt die Europäische Union (EU) zunächst den Wirkstoff Glyphosat zu. Anschließend müssen die nationalen Behörden noch die Vermarktung der Spritzmittel genehmigen, die aus diesem Wirkstoff und weiteren Hilfsstoffen hergestellt wurden. Nachdem die EU Ende 2017 Glyphosat erneut für fünf Jahre zugelassen hatte, erlaubte die zuständige französische Behörde Anses im September 2020 dem Hersteller Syngenta auch wieder den Vertrieb des glyphosathaltigen Pestizids Touchdown. Im Dezember 2020 klagte die französische Umweltorganisation Générations Futures beim Verwaltungsgericht von Montpellier gegen diese Genehmigung. Sie argumentierte, dass Anses keine Daten zu den Risiken von Glyphosat für Wirbeltiere, Bestäuber und andere Insekten verlangt und damit gegen das europarechtliche Vorsorgeprinzip verstoßen habe.
Die Verwaltungsrichter schlossen sich dieser Argumentation an und bemängelten, dass die Risikobewertung der Anses aufgrund der fehlenden Daten nicht vollständig sei. Sie verwiesen dabei auf die Verordnung 2017/2324, mit der die EU-Kommission Glyphosat im Dezember 2017 zugelassen hatte. Darin forderte sie die EU-Mitgliedstaaten explizit auf, bei ihrer Gesamtbewertung auf die Risiken für Wirbeltiere und die Bedrohung der Insektenvielfalt zu achten. Dem sei Anses nicht nachgekommen. Das Urteil ist inzwischen umgesetzt. Auf der Webseite von Syngenta Frankreich steht Touchdown als nicht mehr zugelassen. Générations Futures feierte das Urteil als Sieg, forderte Anses auf, in ähnlich gelagerten Fällen ebenfalls die Zulassungen zurückzuziehen und will weitere Klagen prüfen.
In Deutschland musste sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH) das Recht, gegen Pestizidzulassungen zu klagen, erst vor dem Europäischen Gerichtshof erkämpfen. Das bis dahin geltende deutsche Verbot solcher Verbandsklagen widerspreche EU-Recht und sei nichtig, erklärten die Richter im November 2022. Daraufhin machte sich die DUH zusammen mit der Verbraucherorganisation Foodwatch auf den Weg und legte in einem ersten Schritt Widerspruch gegen fünf Pestizidzulassungen ein, darunter das glyphosathaltige Roundup Powerflex von Bayer. Da das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Zulassung nicht von sich aus zurücknahm, kündigte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch eine Klage gegen Roundup Powerflex noch im Juli an. (Update: Die Klage wurde am 26. Juli eingereicht).
Dieser Klage kommt angesichts der bisherigen Rechtsprechung eine besondere Bedeutung zu. 2019 hatte das Umweltbundesamt für die Zulassung von Totalherbiziden wie Glyphosat strenge Auflagen zum Schutz der Biodiversität verlangt und sich dabei ebenfalls auf die Verordnung 2017/2324 berufen. Zwei Pestizidhersteller klagten dagegen und bekamen vom Verwaltungsgericht Braunschweig recht. Die Urteile „sprechen deutschen Behörden das Recht ab, die tatsächlichen Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Umwelt vollumfänglich zu bewerten und Schutzmaßnahmen für die biologische Vielfalt und das Grundwasser vorzusehen“, kommentierte damals das Umweltbundesamt. Es verlangte vom beklagten Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Berufung zu gehen. Doch das erkannte die Urteile an. Mit der neuen Klage könnte die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Braunschweig revidiert werden.
Eine weitere Glyphosatklage bereitet die Aurelia Stiftung vor. Sie will vom Europäischen Gericht die Ende 2022 von der EU-Kommission beschlossene Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat um ein Jahr überprüfen lassen. Zuvor hatte die für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständige Kommissarin Stella Kyriakides eine Einwendung der Stiftung zurückgewiesen und auf den Klageweg verwiesen. Stiftungsvorstand Thomas Radetzki begründete die Klage damit, dass „Glyphosat nicht nur eine Vielzahl von Beikräutern abtötet, sondern auch Bienen, bestäubende Insekten und Amphibien schädigt“. Auch die Aurelia Stiftung betritt juristisches Neuland, da eine entsprechende Klagemöglichkeit für Verbände auf EU-Ebene erst seit 2021 existiert. Bedeutung hat die Klage über Glyphosat hinaus, da es eine gängige Praxis der EU-Kommission ist, Pestizidzulassungen zu verlängern, obwohl die Behörden die Wirkstoffe noch nicht abschließend neu bewertet haben. [lf]
18.07.2023 | permalink
Anders als konventionell gezüchtete dürfen gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen patentiert werden. Wie berichtet plant die EU-Kommission, gv-Pflanzen mit kleineren Veränderungen den konventionell gezüchteten gleichzustellen. Viele befürchten, dass das zu einer Patentierungswelle auf konventionelle Pflanzen führen und Landwirte von großen Agrarkonzernen abhängiger machen könnte. Die Europäische Kommission will erst mal abwarten, was auf dem Agrarmarkt passieren wird, bevor sie die Patentregeln anpasst.
Dabei zeigt ein Blick in die USA bereits, wie die Einführung der Gentechnik und damit verbundener Patente in den vergangenen Jahren zu einer Konzentration auf dem Saatgutmarkt geführt haben. Nach einer Studie der Universität Sussex, die sich auf Zahlen des US-Agrarministeriums aus dem Jahr 2022 beruft, liegen die Rechte an den vier gängigen Gentechnikpflanzen zum größten Teil in der Hand der vier weltweit operierenden Agrarkonzerne Bayer, BASF, Sinochem und Corteva. Besonders hoch ist die Quote bei Raps (97 %) und Mais (95 %). Diese Firmen würden auch davon profitieren, würde die EU-Kommission kleinere gentechnische Veränderungen vom Gentechnikrecht ausnehmen, prophezeite Adrian Ely, Mitautor der Studie, bei einer Veranstaltung der Grünen im Europäischen Parlament. Er sieht die Gefahr, dass "Patentdickichte" und "Patentminenfelder" entstehen, die den europäischen Saatgutsektor in komplexe Rechtsstreitigkeiten, Verhandlungen und gegenseitige Lizenzen zu verwickeln drohen, bis er am Ende aufgekauft werde. Die Biobranche könnte ferner durch Verunreinigungen geschädigt werden, warnte der Wissenschaftler.
Was die Patente auf neue gentechnische Verfahren (NGT) wie Crispr/Cas in Europa angeht, bestätigt sich das Bild: Wie das Münchner Institut Testbiotech recherchierte, sind auch hier die Agrarkonzerne Corteva und Bayer führend: Corteva habe bis Ende 2022 rund 100 solcher Patente beantragt, Bayer gut 60. Doch nach Erkenntnissen von Testbiotech lassen sich manche Firmen nicht nur gentechnische Neuentwicklungen patentieren, sondern etwa auch die Veränderung alter Gentechnikpflanzen mittels neuer gentechnischer Verfahren. Bei dieser „Second Hand-Gentechnik“ würde die Crispr/Cas-Technologie dazu verwendet, Transgene, die mit Hilfe der ‚alten Gentechnik‘ in das Erbgut inseriert wurden, zu entfernen, zu verändern oder mit weiteren Eigenschaften zu kombinieren, erläuterte Testbiotech-Geschäftsführer Christoph Then. So ließen sich Patente noch einmal verlängern, die sonst nach 20 Jahren auslaufen würden.
Besonders kritisch sieht es Then, wenn unter dem Vorwand eines gentechnischen Eingriffs Patente auf winzige Punktmutationen im Erbgut beantragt werden, die auch in natürlichen Exemplaren einer Art vorkommen. So habe etwa der Konzern Syngenta ein Patent auf 5000 solcher Punktmutationen in einer Sojabohne angemeldet, die auch bei wilden Verwandten der Pflanze auftauchen. Auf diese Weise könne im Extremfall verhindert werden, dass andere Züchter mit dieser Pflanze künftig noch arbeiten können, warnte Then. Und schließlich werde zuweilen traditionelle Züchtung als neue Gentechnik „verkauft“, damit die Pflanze patentiert werden kann. Denn wenn die Pflanzen als nicht unterscheidbar gleichbehandelt werden, wer weiß denn dann noch, ob wirklich Gentechnik im Spiel war?
Das ist auch eine große Sorge der Bauern, dass sie überraschend mit kostspieligen Patentansprüchen auf Pflanzen konfrontiert werden, mit denen sie bisher unbehelligt arbeiten konnten. So kam es zu der zwiegespaltenen Positionierung des deutschen Bauernverbandes, der zwar neue Gentechnik begrüßte, aber nur dann, wenn sie nicht mit Patenten verbunden ist. Vor einer „schleichende Enteignung von Bäuerinnen und Bauern“ warnte auch Christoph Fischer von der gentechnikkritischen Initiative Zivilcourage: „Wenn Saatgut nicht mehr als GVO-Saatgut gekennzeichnet ist und GVO-Felder nicht mehr in einem Standortregister stehen, wird Lizenzforderungen von Patenthaltern Tür- und Tor geöffnet. Das können wir in den USA schon seit zwei Jahrzehnten beobachten.“
Die EU-Kommission möchte das jetzt auch in Europa tun. Sie will die Auswirkungen von Patenten auf den Markt und die Züchtungsinnovation einer breiteren Marktanalyse unterziehen. Die soll den Zugang der Züchter zu genetischem Material und Techniken ebenso berücksichtigen wie die Verfügbarkeit von Saatgut für Landwirte und die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der EU-Biotech-Industrie. „Die Kommission wird bis 2026 über ihre Ergebnisse berichten. Die Analyse wird mögliche Herausforderungen in diesem Sektor aufzeigen und als Grundlage für die Entscheidung über mögliche Folgemaßnahmen dienen“, teilte sie Anfang des Monats mit, als sie ihren Entwurf für neue NGT-Regeln vorstellte. Doch der muss jetzt noch mit Europäischem Parlament und Rat abgestimmt werden. Und bei der Veranstaltung der Grünen im EP wurde bereits deutlich, dass er so nicht bleiben kann. [vef]
12.07.2023 | permalink
Die EU-Lebensmittelbehörde EFSA hat ihre Bewertung für die Neuzulassung des Herbizidwirkstoffs Glyphosat abgeschlossen. Sie sieht keine kritischen Probleme, nur einige Datenlücken. Damit stünde aus Sicht der EFSA einer erneuten Zulassung von Glyphosat nichts im Wege. Umweltverbände fordern, das EU-Zulassungssystem für Pestizide grundlegend zu reformieren.
Die EFSA schrieb, sie habe in ihrer Bewertung des Wirkstoffs Glyphosat „keine kritischen Problembereiche ermittelt, die in Bezug auf das von ihm ausgehende Risiko für Mensch und Tier oder die Umwelt Anlass zu Bedenken geben“. Ein solcher, kritischer Problembereich müsste alle Anwendungen von Glyphosat betreffen und stünde einer Genehmigung oder deren Erneuerung entgegen, erläuterte die Behörde. Im Umkehrschluss heißt das: Glyphosat kann aus Sicht der EFSA erneut genehmigt werden. Die EFSA hatte Glyphosat zuletzt 2016 als unbedenklich bewertet. Deshalb war es nicht überraschend, dass die Behörde bei ihrer positiven Bewertung blieb. Doch ganz abtun konnte sie die zunehmenden Belege für die Schädlichkeit des Totalherbizids in ihrer Mitteilung nicht.
Was die Risiken für Menschen angeht, erklärte die EFSA, sie habe für ihre Risikobewertung die Gefahreneinstufung der Europäischen Chemikalienagentur ECHA „verwendet“. Diese Formulierung lässt offen, ob die EFSA die Bewertung ihrer Schwesterorganisation überprüft oder nur übernommen hat. Die ECHA kam 2022 zu dem umstrittenen Ergebnis, Glyphosat erfülle „die wissenschaftlichen Kriterien für eine Einstufung als karzinogener, mutagener oder reproduktionstoxischer Stoff“ nicht. Im Hinblick auf die Ökotoxikologie, also die Giftigkeit für die Umwelt, räumte die EFSA ein, dass „für 12 von 23 vorgeschlagenen Verwendungen von Glyphosat ein hohes langfristiges Risiko für Säugetiere ermittelt wurde“.
Zu den Auswirkungen auf die Biodiversität hieß es, diese seien komplex und von mehreren Faktoren abhängig. Zudem würden harmonisierte Methoden und einheitliche Schutzziele fehlen. „Insgesamt lassen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu diesem Aspekt der Risikobewertung zu, und Risikomanager können Maßnahmen zur Risikominderung in Betracht ziehen“, schrieb die EFSA. Da Risiken zu managen eine ureigene Aufgabe der Politik ist, könnte man das auch als Aufforderung lesen, Glyphosat zu verbieten oder mit strengen Auflagen zu verbinden, um das Risiko für die Artenvielfalt zu minimieren.
Man habe auch Studien berücksichtigt, die über Auswirkungen auf das Mikrobiom berichten, schrieb die Behörde weiter und merkte an, dass es derzeit „keine international vereinbarten Leitlinien für die Risikobewertung des Mikrobioms im Bereich der Pestizide“ gebe und weitere Forschungsarbeiten erforderlich seien. Kurz gesagt: Ohne Leitlinie keine EFSA-Bewertung. Widersprüchlich äußert sich die Behörde zur Neurotoxizität. Einerseits heißt es: „Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Glyphosat als Wirkstoff ein neurotoxisches Potenzial hat.“ Im nächsten Satz steht dann: „Allerdings zeigen Daten aus der öffentlich zugänglichen Literatur über Formulierungen auf Glyphosatbasis und eine Studie mit einem (in der EU nicht zugelassenen) Glyphosatsalz Auswirkungen auf die Entwicklungsneurotoxizität“.
Die Lobbywächter von Corporate Europe Observatory schließen daraus: „Die EFSA stützt sich, ähnlich wie die ECHA und die nationalen Behörden, bei ihren Bewertungen überwiegend auf Studien der Industrie.“ Das mangelhafte EU-Zulassungssystem für Pestizide vernachlässige eine Fülle unabhängiger und von Fachleuten überprüfter wissenschaftlicher Studien, „die belegen, dass Glyphosat genotoxisch und neurotoxisch ist, das Darmmikrobiom schädigt und schwerwiegende Schäden an Böden, Wasserlebewesen und der biologischen Vielfalt verursacht“. Auch für Daniela Wannemacher vom Umweltverband BUND ist das System dringend reformbedürftig: „Die Empfehlung der EFSA zeigt erneut, dass die europäische Pestizid-Zulassung die Gefahren für Gesundheit und Ökosystem weitgehend ignoriert.“ Der Toxikologe Peter Clausing wertete die Schlussfolgerung der EFSA als einen „Schlag ins Gesicht vieler unabhängiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die seit der Bewertung durch die Krebsagentur IARC im Jahr 2015 zahlreiche Studien veröffentlicht haben, die das Gefahrenpotenzial von Glyphosat belegen“. Er erinnerte auch an den vor fünf Wochen bekanntgewordenen „Pestgate“-Skandal. Mehrere Medien hatten aufgedeckt, dass große Pestizidhersteller bei der EU-Zulassung von Wirkstoffen Studien über deren Neurotoxizität zurückgehalten hatten.
Die EFSA teilte mit, dass sie die ausführlichen Schlussfolgerungen aus ihrer Risikobewertung der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten übersandt habe. Sie sollen „voraussichtlich vor Ende Juli 2023 und die Hintergrunddokumente, die mehrere Tausend Seiten umfassen, voraussichtlich zwischen Ende August und Mitte Oktober 2023 veröffentlicht“ werden, schrieb die Behörde. Die Verzögerung begründete sie damit, dass die Glyphosathersteller erst noch die Möglichkeit hätten, für personenbezogene Daten oder sensible Geschäftsinformationen Vertraulichkeit zu beantragen. Auf Grundlage der EFSA-Bewertung wird die EU-Kommission nach der Sommerpause den Mitgliedstaaten einen Vorschlag machen, ob die am 15. Dezember 2023 auslaufende Zulassung für Glyphosat erneuert werden soll und wenn ja, unter welchen Bedingungen. Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft, Greenpeace, das Pestizid Aktions-Netzwerk und andere Organisationen forderten die Bundesregierung und alle EU-Mitgliedstaaten auf, dagegen zu stimmen. [lf]
08.07.2023 | permalink
Nachdem die Europäische Kommission am Mittwoch in Brüssel ihren Plan veröffentlicht hat, bestimmte Produkte neuer gentechnischer Verfahren wie konventionell gezüchtete zu behandeln, fürchten gentechnikfreie Lebensmittelwirtschaft und Züchter in der Europäischen Union (EU) um ihre Existenz. Betroffen sind konventionelle wie ökologische Betriebe. Letztere setzen in der EU mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr allein mit Biolebensmitteln um. Agrar-, Umwelt- und Verbraucherverbände warnen, dass Gentechnik-Pflanzen künftig unerkannt in Umwelt und Lebensmittel gelangen könnten.
„Würde der Entwurf der EU-Kommission Gesetz, wäre das das Ende der gentechnikfreien Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion in Europa“, prognostizierte Heike Moldenhauer vom europäischen Industrieverband ENGA vorgestern bei einer Veranstaltung der Grünen im Europäischen Parlament (EP). „Es wäre das Ende der Wahlfreiheit für Verbraucher:innen und Wirtschaftsbeteiligte.“ Nach ihrer Einschätzung gäbe es damit für 95 Prozent aller mit neuer Gentechnik (NGT) veränderter Pflanzen keine Risikobewertung mehr; Lebensmittel, die sie enthalten, würden nicht mehr gekennzeichnet. ENGA vereint konventionelle Lebens- und Futtermittelunternehmen, die sich freiwillig zu einem Ohne-Gentechnik-Siegel verpflichten.
Gesetzliche Pflicht ist die gentechnikfreie Produktion für Biobetriebe. Die Branche ist zwar froh, dass NGT-Pflanzen für Bioprodukte verboten bleiben sollen. Diesen Wunsch habe die EU-Kommission im Entwurf berücksichtigt, sagte Eric Gall, stellvertretender Direktor des europäischen Bioverbands Ifoam im EP. Doch um die gentechnikfreie Bioproduktion weiterhin sicherstellen zu können, müssten alle NGT-Pflanzen entlang der gesamten Produktionskette gekennzeichnet werden. Außerdem sei bislang völlig ungeklärt, wie Äcker mit Biopflanzen vor gentechnischen Verunreinigungen aus der Nachbarschaft geschützt werden sollen, kritisierte der Verband. Risiken und Lasten müssten gerecht verteilt, also Informations- und Haftungsfragen geregelt werden. Bislang will die EU-Kommission beides den EU-Mitgliedstaaten überlassen.
Doch nicht nur die Produktion, auch das „europäische Innovationsmodell der Züchtung“ sieht Ifoam bedroht. Nach dem vorgelegten Entwurf „wären eine gentechnikfreie Züchtung und Saatgutarbeit, ob konventionell oder ökologisch, langfristig nicht mehr möglich“, warnt die IG Saatgut, die Pflanzenzüchter:innen und Saatguterzeuger:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vertritt. Gelockerte Regeln für NGT-Pflanzen würden zu einer „Flut von patentiertem Saatgut“ und einem „Patentdickicht“ führen, was vor allem kleine und mittelständische Züchtungsunternehmen vom Markt verdrängen würde. Profitieren würden, da sind sich alle Kritiker:innen einig, vor allem die großen Agrarkonzerne, von denen aktuell vier den Großteil des weltweiten Saatgutmarktes beherrschen.
Die EU-Kommission hält alle Probleme für lösbar – durch die Biobranche. Wahlfreiheit? Sei gegeben, denn die Menschen könnten sich darauf verlassen, dass Bioprodukte gentechnikfrei seien, sagte eine Mitarbeiterin der zuständigen Generaldirektion Gesundheit der EU-Kommission vorgestern bei einer Überzeugungstour durch EP-Ausschüsse und Veranstaltungen. Schließlich seien die Biobetriebe gesetzlich verpflichtet, das sicherzustellen, und das Saatgut werde ja gekennzeichnet, so Generaldirektorin Claire Bury. Koexistenzregeln? Das hätten die Biobauern selbst in der Hand, indem sie sich mit ihren Nachbarn über Anbaumodalitäten verständigten. Im Übrigen gehe sie davon aus, dass nur ein kleiner Teil der NGT-Pflanzen unter die Kategorie 1 im EU-Entwurf falle, die wie herkömmlich gezüchtete Pflanzen behandelt werden soll. Patente? Das wolle man bis 2026 beobachten, ob es da wirklich Probleme gebe. Die müsse die Branche erst mal beweisen. Bei Bedarf könnten die Gesetze dann auch wieder geändert oder anders ausgelegt werden.
Dazu will es eine breite Koalition von Verbänden aber gar nicht erst kommen lassen. Sie fordern die Abgeordneten des EP sowie die EU-Mitgliedstaaten auf dafür zu sorgen, dass auch künftig die Risiken aller NGT-Pflanzen in einem Zulassungsverfahren bewertet und gekennzeichnet werden, damit alle Landwirte und Verbraucherinnen frei wählen können. Denn EP und Ministerrat müssen dem Entwurf der Kommission zustimmen, bevor er in Kraft treten kann. Und damit kommt auch der deutsche Agrarminister ins Spiel, dem eine Reihe von Agrar- und Umweltverbänden vorgestern einen Besuch abstattete. Wie berichtet hat Cem Özdemir zwar bereits kritisiert, dass in dem EU-Entwurf die Koexistenz- und Patentfragen nicht zufriedenstellend geregelt seien. Den Wegfall von Risikoprüfung und Kennzeichnung bei NGT 1-Pflanzen monierte er jedoch nicht.
„Cem Özdemir muss sich auf EU-Ebene für eine konsequente Regulierung neuer Gentechnik einsetzen, denn er hat keine Möglichkeit dann im Nachhinein in Deutschland nationale Verbote für einzelne Pflanzen zu erlassen“, erinnerte Christiane Huxdorff von Greenpeace, dass der EU-Entwurf kein Opt Out der Mitgliedsstaaten für NGT-Pflanzen vorsieht. „Gentechnik-Pflanzen mit Herbizidtoleranz könnten dann in Deutschland eingesetzt werden. Das würde den Pestizideinsatz und die Umweltbelastung steigern.“ Zwar hatte Özdemir, wie meist beim Thema Gentechnik, seine Staatssekretärin vorgeschickt. Doch mit seinem Konterfei auf ihrem Transparent machten die Demonstrant:innen deutlich, wer gemeint ist mit ihrer Forderung: Gentechnikfreie Landwirtschaft retten, vom Saatgut bis zum Essen. [vef]
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