13.04.2023 |

Neue Freilandversuche mit Crispr-Pflanzen in der EU

Kartoffel BASF Amflora Gentechnisch veränderte Kartoffeln, hier "Amflora" von BASF beim Freilandversuch 2008 in Schweden (Foto: BASFPlantScience / flickr, Lizenz: creativecommons.org/licenses/by/2.0)

In diesem Jahr liegen EU-weit bisher sechs Anträge für Feldversuche mit Crispr-Pflanzen vor. Sie betreffen vor allem Kartoffeln sowie Mais, die in drei Ländern angepflanzt werden sollen: Schweden, Dänemark und Belgien. Alle Pflanzen sind noch weit von einer Marktreife entfernt. Die Informationen zu den geplanten Versuchen stammen aus dem zentralen Register der Europäischen Kommission für Freilandversuche. Dorthin melden die zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten bei ihnen eingegangene Anträge mit gentechnisch veränderten (gv) Pflanzen.

Drei Meldungen kamen aus Schweden. Dort will das Umeå Plant Science Center (UPSC) auf 5.000 Quadratmetern drei verschiedene gv-Kartoffel-Linien ausbringen: eine mit veränderter Stärkezusammensetzung, eine die weniger anfällig für Krankheiten ist und eine dritte, die weniger Verbindungen wie Lektine oder Alkaloide enthält, die die Nährstoffaufnahme behindern. Beantragt sind die Versuche für fünf Jahre. Die Forschenden der UPSC wollen untersuchen, wieviel Ertrag die Linien bringen und wieviel Stärke die reifen Knollen enthalten. Sie wollen herausfinden wie anfällig die Linien bei Kälte, Trockenheit oder Krankheiten sind. Die Stärke aus den Knollen wollen die Forschenden extrahieren und für verschiedene Anwendungsstudien verwenden. Sortenprüfung und Vermarktung werden als „langfristige Ziele“ angegeben. Laut EU-Register haben die schwedischen Behörden den Antrag bereits genehmigt.

Forschende der schwedischen Agrar-Universität SLU wollen an sieben Standorten gv-Kartoffeln pflanzen, die widerstandsfähiger gegen Krankheitserreger sein und bessere Ernten liefern sollen. Die auf fünf Jahre angelegten Versuche sollen zeigen, ob die veränderten Merkmale stabil sind und die Kartoffeln tatsächlich resistent. „Der Versuch ist nur für Forschungszwecke bestimmt“, heißt es in der Beschreibung für das EU-Register. Dort steht auch, dass noch nicht bekannt ist, ob die Behörden dem Antrag zugestimmt haben. Dies gilt auch für den dritten Versuch aus Schweden, mit dem Wissenschaftler:innen der Universität Umeå mehr über Photosynthese und Hormonbiologie herausfinden wollen. Ihr Versuchsobjekt ist die Acker-Schmalwand, die von Gentechniker:innen gerne als Modellpflanze für die Grundlagenforschung verwendet wird.

In Dänemark hat der Kartoffelzüchter und -verarbeiter KFC Amba zwei Feldversuche beantragt. Einer umfasst Knollen, die mit Hilfe von Crispr/Cas der Kraut- und Knollenfäule trotzen sollen. Das Verfahren haben Wissenschaftler:innen der Universität Kopenhagen und der schwedischen SLU entwickelt. Es könnte sich also um die gleichen oder ähnliche Linien handeln, wie sie auch in Schweden getestet werden. Die zweite gv-Kartoffel von KFC Amba weist eine veränderte Stärkezusammensetzung auf und hat auch schon einen Namen: WaxyWotan. Auch hier haben dänische und schwedische Wissenschaftler kooperiert und das Verfahren bereits 2019 veröffentlicht. Beide Anträge sind nur für ein Jahr gestellt und umfassen jeweils weniger als 500 Quadratmeter Anbaufläche. Die zuständige dänische Behörde hat eine öffentliche Beteiligung gestartet, die am 17. April schließt. Die dazu eingereichten und veröffentlichten Unterlagen legen die Vermutung nahe, dass KFC Amba mögliche Nebenwirkungen bisher nicht untersucht hat. Es heißt dort bei der gegen Krautfäule resistenten Knolle lediglich: „Die Erfahrung aus der traditionellen Kartoffelzucht zeigt, dass diese Art von Mutation, wenn sie natürlich auftrat, keine Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier hatte“. Auch sei nicht zu erwarten, dass es durch den gentechnischen Eingriff „zu Veränderungen bei der Stärkesynthese oder der sonstigen Art und Weise, wie die Pflanze wächst, gekommen ist“.

In Belgien hat das Biotech-Unternehmen Inari Agriculture aus den USA beantragt, einen Mais anpflanzen zu dürfen, dessen Höhe mit Crispr/Cas begrenzt wurde. Der kleinwüchsige Mais soll ein Jahr lang angebaut werden, um Entwicklung und Ertragspotential im Freiland zu testen. Standort des Versuchs ist das staatliche Forschungszentrum ILVO; als Fläche sind 1.800 Quadratmeter angegeben. Die zuständige belgische Behörde hatte den Antrag im Februar als bereits genehmigt online gestellt und ihn im März an die EU gemeldet. [lf]

05.04.2023 |

Holz-Siegel FSC bleibt vorerst gentechnikfrei

Eukalyptus - Aracruz monoculture (Foto: Chris Lang, https://bit.ly/3RW9Dy9, creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0) Eukalyptus - Aracruz monoculture (Foto: Chris Lang, https://bit.ly/3RW9Dy9, creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0)

Der Forest Stewardship Council (FSC) hat seine vorsichtige Öffnung hin zu gentechnisch veränderten Bäumen zurückgenommen. Damit reagierte die Organisation auf massive Proteste von Umweltorganisationen. Ganz vom Tisch ist das Thema Gentechnik beim FSC damit noch nicht. Denn große FSC-zertifizierte Unternehmen wollen Gentech-Bäume anbauen.

Vergangene Woche teilte der FSC-Vorstand mit, er werde den im Februar 2022 begonnenen Gentechnik-Lernprozess beenden. Ziel des Prozesses war zu entscheiden, ob FSC-zertifizierte Unternehmen außerhalb ihrer FSC-Flächen gentechnisch veränderte (gv) Bäume kommerziell anpflanzen dürfen – was die Standards derzeit verbieten. Doch diese Überlegungen stießen innerhalb und außerhalb des FSC auf massiven Protest, der den Vorstand schließlich zu einer Reaktion zwang. „Bei der Entscheidung wurden die unterschiedlichen Auffassungen der FSC-Mitglieder über den Lernprozess, die damit verbundene Spaltung des FSC sowie das potenzielle Risiko für den Auftrag und den Ruf des FSC berücksichtigt“, hieß es in der Erklärung des Vorstandes. Die Entscheidung sei im Konsens getroffen worden, wobei zwei von sieben Vorstandsmitgliedern Vorbehalte gegen das Vorgehen geäußert hätten.

„Diese Entscheidung des FSC, gentechnisch veränderte Bäume abzulehnen, spiegelt die ernsten ökologischen und wissenschaftlichen Fragen wider, die diese Technologie aufwirft und die in den letzten Jahren im Interesse der Unternehmen vertuscht wurden“, sagte Anne Petermann vom Global Justice Ecology Project, das die Kampagne STOP GE Trees koordiniert. Mehr als 130 Umwelt- und Sozialrechtsgruppen aus 34 Ländern, darunter 10 FSC-Mitglieder, hatten einen Aufruf der Kampagne unterzeichnet und damit den FSC aufgefordert, Anbau und Verarbeitung von gentechnisch veränderten Bäumen weiterhin zu verbieten und sich nicht an Feldversuchen zu beteiligen. Diese großflächigen, vom FSC zu überwachenden Feldversuche waren ein wichtiger Teil des jetzt beendeten Lernprozesses.

In der Vorstandserklärung heißt es dazu: „Der Vorstand bekräftigte, dass (abgesehen von Literaturrecherchen, Schreibtischstudien und Forschungen, die nach der derzeitigen Verbandspolitik zulässig sind) keine Untersuchungen gentechnisch veränderter Bäume durchgeführt oder vom FSC gefordert werden, ohne zuvor eine breite Beteiligung und Zustimmung der Mitglieder sicherzustellen.“

Der FSC zeichnet mit seinem Siegel seit 30 Jahren weltweit nachhaltige Forstwirtschaft aus. Dabei waren gv-Bäume von Anfang an als nicht nachhaltig angesehen worden und damit nicht zertifizierbar. Diese strikte Position begann aufzuweichen, als Holzkonzerne mit FSC-zertifizierten Plantagen sich für gv-Bäume interessierten. Besonders aktiv war dabei das brasilianische Unternehmen Suzano Papel & Celulose, der weltweit größte Anbauer von Eukalyptus und einer der größten Papierproduzenten Lateinamerikas. Suzano entwickelte gv-Eukalyptus und bekam im November 2021 von der brasilianischen Gentechnik-Behörde CTNBio die Erlaubnis, die gv-Eukalyptus-Linie 751K032 kommerziell anzubauen.

Der FSC hatte jahrelang toleriert, dass von ihm zertifizierte Unternehmen parallel an gv-Bäumen forschten. Im September 2021 forderte die Organisation ihre Mitglieder auf „zu bewerten, ob das Verbot des kommerziellen Einsatzes von Gentechnik in nicht zertifizierten Plantagen und Produkten weiterhin angemessen ist“. Im Februar 2022 kam dann der gentechnische „Lernprozess“ hinzu, der großflächige Feldversuche mit gv-Bäumen unter Aufsicht des FSC ermöglicht hätte. Der wachsende Widerstand brachte den Vorstand des FSC nun dazu, zumindest den „Lernprozess“ zu beenden.

Vom Tisch ist das Thema Gentechnik beim FSC damit noch nicht. Denn der Vorstand betonte in seiner Erklärung auch, wie wichtig es sei, „die neuesten Entwicklungen in Wissenschaft, Technologie und Wissen zu diskutieren und auf dem Laufenden zu bleiben, um eine verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung zu verbessern, die soziale, wirtschaftliche und ökologische Werte auf verschiedenen Wegen erfüllt“. Auf seiner nächsten Sitzung im August 2023 will der Vorstand erörtern, wie diese Diskussion weitergeführt werden soll. Zu vermuten ist, dass Suzano weiterhin dafür eintreten wird, die Standards aufzuweichen. Denn nach der noch gültigen FSC-Politik kann der Konzern seine gentechnisch veränderten Eukalyptusbäume nicht kommerziell anbauen, ohne vorher den FSC zu verlassen, „was erhebliche Auswirkungen auf die Märkte des Unternehmens haben könnte“, wie die Kampagne STOP GE Trees schreibt. Auf der Gentechnikseite des FSC steht weiterhin: „Der FSC ist sich bewusst, dass mehrere FSC-zertifizierte Unternehmen ihre gentechnische Forschung vorantreiben, und die FSC-Richtlinien in diesem Bereich nicht den aktuellen Stand der Forschung oder Technologien widerspiegeln.“

Doch fürs erste dürfte der FSC-Vorstand seine Lektion gelernt haben – was der Kampagne Zeit gibt, sich auf zwei andere bedrohliche Entwicklungen zu konzentrieren. Das US-Landwirtschaftsministerium kann jederzeit erlauben, dass die gentechnisch veränderte Kastanie „Darling 58“ unkontrolliert in amerikanische Wälder ausgewildert wird. Hinzu kommt eine gv-Pappel, die das Unternehmen Living Carbon in großem Stil anbauen will – wofür es nicht einmal eine Genehmigung braucht. Und auch in Europa forschen Wissenschaftler:innen an gv-Bäumen und pflanzen schon Versuchspappeln, etwa in Schweden. [lf]

30.03.2023 |

Brasilien und Indonesien lassen Gentech-Weizen zu

Weizen Foto: Inopinatus, https://bit.ly/3I934EF, https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/ Weizen Foto: Inopinatus, https://bit.ly/3I934EF, https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/

Der argentinische Gentech-Weizen HB4 der Firma Bioceres darf in Brasilien angebaut werden, entschied die dortige Gentechnikbehörde CTNBio Anfang des Monats. In einige andere Länder darf er als Lebens- und Futtermittel importiert werden, seit neustem auch nach Indonesien. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass HB4 die globalen Lieferketten für Weizen kontaminieren könnte. In Argentinien kann schon jetzt niemand mehr sagen, in welchem Brot er steckt.

Dass der nach Firmenangaben „dürretolerante“ HB-4-Weizen jetzt auf brasilianischen Äckern wachsen darf, könnte auch dem argentinischen Markt nützen. Denn bisher durfte der Weizen nur in Form von Mehl nach Brasilien ausgeführt werden. Durch die jüngste Freigabe von CTNBio für Einfuhr und Anbau können argentinische Unternehmen nun auch ganze Weizenkörner nach Brasilien exportieren, dem wichtigsten Abnehmer von argentinischem Weizen. Mit seiner Partnerfirma Tropical Melhoramento e Genética will Hersteller Bioceres auch HB4-Saatgut in Brasilien vermarkten und die gentechnische Veränderung in lokale Weizensorten einkreuzen.

„Das grüne Licht bedeutet zwar nicht, dass Brasilien zwangsläufig bald GVO-Weizen für die Produktion anbauen wird“, kommentierte das Portal latina-press.com. Doch spiegele die Behördenentscheidung „einen erheblichen Meinungsumschwung wider, da der Klimawandel und der Krieg in der Ukraine die Sorge vor einer globalen Nahrungsmittelkrise verstärken“. Die Freigabe von HB4-Mehl im November 2021 hatte noch zu massiven Protesten der Getreideverarbeiter geführt. Nun aber teilte der brasilianische Verband der Weizenindustrie, Abitrigo, mit, er befürworte „innovative Entwicklungen“. Der Verband äußerte sich positiv zu den Erleichterungen beim Import, merkte aber auch an: „Das letzte Wort haben die Verbraucher.“ Von diesen allerdings hätten mehr als 70 Prozent nichts dagegen, Produkte mit Gentech-Weizen zu konsumieren, zitierte latina-press eine Umfrage des Keks- und Nudelherstellerverbandes Abimapi. Auch dieser hatte seine einst kritische Haltung geändert und die Zulassung begrüßt.

Im Gegensatz dazu kritisierte laut amerika21.de ein Abgeordneter der Arbeiterpartei (PT), Nilto Tatto, die Zulassung. Nun kämen die Ackergifte direkt ins Brot, sagte Tatto in Anspielung darauf, dass HB4-Weizen gegen das Herbizid Glufosinat resistent ist. In der EU ist der Wirkstoff wegen seiner Giftigkeit verboten. Wissenschaftler:innen und zivilgesellschaftliche Bewegungen hielten es für ein „echtes Verbrechen“, dass Brasilien neben Argentinien als einziges Land der Welt den Anbau dieser Weizensorte zugelassen habe, zitierte amerika21 den Abgeordneten.

Deutlich mehr Länder erlauben inzwischen, HB4-Weizen als Lebens- und Futtermittel zu importieren. Bioceres listet die USA, Kolumbien, Neuseeland, Australien, Südafrika und Nigeria auf. Mitte März neu hinzugekommen ist Indonesien, wie die Agentur Reuters meldete. Das Land ist nach Brasilien der wichtigste Abnehmer von argentinischem Weizen und hatte laut Reuters im vergangenen Jahr 1,34 Millionen Tonnen Weizen aus Argentinien bezogen.

Da HB4-Weizen ohne Kennzeichnung angebaut und verarbeitet wird, kann er gentechnikfreien Weizen verunreinigen - im Export, vor allem aber in Argentinien selbst. Dort wurde der HB4-Weizen zuerst getrennt geerntet und verarbeitet. Seit Mai 2022 darf er jedoch mit herkömmlichem Weizen vermischt werden. „Wir arbeiten mit mehr als 25 Mühlen zusammen, und die Kommerzialisierung des HB4-Weizens verläuft reibungslos“, zitierte die Tageszeitung taz einen Bioceres-Mitarbeiter. „Eine frustrierte Hilflosigkeit macht sich breit“, beschreibt die taz die Stimmung der Kund:innen in einer argentinischen Bäckerei.

HB4 ist ein Weizen, in dessen Erbgut mit alten gentechnischen Verfahren ein Gen der Sonnenblume eingeschleust wurde. Dadurch soll die Pflanze Dürren besser widerstehen können. Bioceres schreibt in seiner jüngsten Präsentation, dass HB4 im Anbaujahr 2022/23 in den „Zielumgebungen“ verglichen mit herkömmlichen Sorten bis zu 43 Prozent mehr Ertrag gebracht hätte. Gemeint sind Regionen mit einem weit unterdurchschnittlichen Weizenertrag. In Gegenden, in denen die durchschnittliche Ernte höher lag, steigerte HB4 den Ertrag dagegen nur um sieben bis acht Prozent. Bioceres interpretierte die Zahlen so, dass die niedrigen Durchschnittserträge dürrebedingt seien und HB4 der Dürre erfolgreich getrotzt habe. Allerdings machte Bioceres keine Angaben mehr über die mit HB4-Weizen bepflanzte Fläche oder über Hektarerträge. Im vergangenen Anbaujahr 2021/22 hatten diese Zahlen gezeigt, dass HB4 weit niedrigere Ernten einbrachte als handelsübliche Hochleistungssorten. [lf]

26.03.2023 |

England weicht Gentechnikrecht für Crispr & Co. auf

Justiz Gericht Gesetz Schild am Eingang eines Gerichts in Newcastle (Foto: smlp.co.uk, https://bit.ly/3TJJODo, creativecommons.org/licenses/by/2.0)

Das neue britische Gentechnikrecht kann in Kraft treten. Nach den beiden Häusern des Parlaments hat diese Woche auch König Charles III. dem Gesetz zugestimmt. Damit können die meisten mit neuen gentechnischen Verfahren wie Crispr/Cas erzeugten Pflanzen ohne Sicherheitsüberprüfung und Kennzeichnung in England auf den Markt kommen. Wales und Schottland haben die Zustimmung verweigert.

Genetic Technology (Precision Breeding) Bill (dt. etwa Gesetz zur gentechnischen Präzisionszüchtung) heißt das Gesetz, mit dem die britische Regierung ihr Gentechnikrecht aufweicht. Es betrifft alle Pflanzen und Tiere, die mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) so verändert wurden, wie es auch durch herkömmliche Züchtung oder Mutationen passieren könnte. Für diese NGT-Produkte wird in England künftig ein zweistufiges Verfahren gelten. Wer sie zu Forschungszwecken im Freien anpflanzen will, muss dies zuvor bei einer Behörde anmelden. Die dafür notwendigen Unterlagen gibt die Regierung in einer Verordnung vor. Um NGT-Produkte kommerziell vermarkten zu dürfen, braucht es darüber hinaus eine amtliche Bestätigung. Auch hier müssen die für einen Antrag nötigen Unterlagen noch per Verordnung bestimmt werden. Ein beratender Ausschuss muss binnen 90 Tagen nach dem Antrag einen Bericht vorlegen, ob das angemeldete Produkt unter das Gesetz fällt. Anschließend entscheidet die Behörde, ob das Produkt auf den Markt kommen darf, ohne dass es gekennzeichnet und bei Pflanzen die Risiken geprüft werden. Alle im Zuge dieser Verfahren gesammelten Informationen werden in einem öffentlichen Register zugänglich gemacht.

Das Wort Risikoabschätzung kommt in diesem Zusammenhang lediglich zweimal vor. Vor der Vermarktung von NGT-Tieren muss das Risiko des gentechnischen Verfahrens für die Gesundheit und das Wohlergehen der Tiere und ihrer Nachkommen abgeschätzt werden. Das Ergebnis muss einem Tierwohl-Ausschuss vorgelegt werden. Zudem verlangt das Gesetz von demjenigen, der einen NGT-Organismus importiert oder anderweitig erwirbt, das Risiko für die Umwelt zu überprüfen. Auch hierfür fehlen noch die genauen Vorgaben. Das Gesetz erlaubt es, mit der Risikoabschätzung die Lebensmittelbehörde FSA (Food Standards Agency) zu beauftragen.

Der neue rechtliche Rahmen solle nun Schritt für Schritt ausgefüllt werden, hieß es in einer Mitteilung des britischen Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums DEFRA. Dabei wolle man den Einsatz von NGT zunächst bei Pflanzen und erst später bei Tieren ermöglichen. Der für Ernährung zuständige Staatsekretär Mark Spencer sprach von einer „fantastischen Nachricht“ für Verbraucher:innen und Landwirt:innen. NGT seien die Zukunft der Lebensmittelproduktion weltweit, „und dieses Gesetz wird unser Land an die Spitze dieser Revolution stellen“, sagte Spencer. Jubel gab es auch beim britischen Bauernverband sowie bei Züchtungsunternehmen und Forschungsinstituten.

Für Pat Thomas, Geschäftsführerin der gentechnikkritischen Organisation Beyond GM, hat das neue Gesetz nur einen Nutznießer: die Gentechnik-Industrie. Es „entzieht eine Vielzahl von gentechnisch veränderten Pflanzen und Tieren der sinnvollen behördlichen Kontrolle - einschließlich Sicherheitsbewertungen, Verbraucherkennzeichnung und Überwachung“. Die Gentech-Entwickler „dürfen sich selbst bescheinigen, dass ihre manipulierten Organismen sicher und nützlich sind, und das Gesetz sieht keine Strafen vor, wenn sich dies als unwahr herausstellt“. Die Befürworter neuer Gentechnikverfahren würden immer wieder zu viel versprechen und zu wenig halten, kritisiert Pat Thomas: „Wir sollten uns auf Lösungen konzentrieren, die funktionieren.“ Dabei hofft sie auf „die neue Regierung, von der viele glauben, dass sie in einem Jahr neu gewählt wird“. Sie müsse dazu gedrängt werden, „einen strengeren Rechtsrahmen zu schaffen - einen, der tatsächlich für alle funktioniert und nicht nur für die Biotech-Industrie“.

Auch jetzt funktioniert der neue Rechtsrahmen übrigens nur in England. Die Parlamente von Wales und Schottland haben ihre Zustimmung verweigert; das nordirische Parlament ist schon seit Monaten nicht arbeitsfähig. Die Regierungen von Wales und Schottland hatten bereits im vergangenen Jahr angekündigt, dass sie die Gentechnik-Pläne der britischen Regierung nicht umsetzen würden. [lf]

23.03.2023 |

Neue Gentechnik: viele Ansätze für Nachweis

Genomforschung Labor DNA Genomforschung (Foto: Lawrence Berkeley Nat"l Lab - Roy Kaltschmidt, genomic research, bit.ly/1S5aZiO, creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/)

Auf einer internationalen Konferenz in Berlin präsentierten Forschende vergangene Woche vielfältige Ansätze, Eingriffe durch neue gentechnische Verfahren (NGT) in Pflanzen nachzuweisen. Ihr Fazit: Es ist schwierig, aber machbar. Helfen würde es, wenn die Agrarkonzerne verpflichtet würden, Referenzmaterial ihrer gentechnisch veränderten Pflanzen (GVO) zur Verfügung zu stellen, da Wissenschaftler:innen aktuell nur nachweisen können, was sie kennen.

"Rechtssichere Analysemethoden für GVO sind ein wichtiger Faktor, um Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit sicherzustellen“, sagte Agrarstaatssekretärin Silvia Bender zur Eröffnung. Nur dann könnten sich Landwirtinnen und Landwirte sowie Verbraucherinnen und Verbraucher für oder gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel entscheiden. Der Nachweis sei ihrem Ministerium auch wichtig um zu verhindern, dass der gentechnikfreie konventionelle und biologische Ackerbau oder daraus gewonnene Lebensmittel mit GVO verunreinigt werden.

Und es besteht Hoffnung: Behördliche Kontrolleure, Wissenschaftler:innen und Wirtschaftsvertreter aus Europa, den USA, China und Japan stellten bei der Konferenz vor, wie sie Spuren winzigster Veränderungen im Pflanzengenom im Labor sichtbar machen können. Dabei nutzen sie sowohl Analyseverfahren, die das ganze Erbgut nach Änderungen durchsuchen (Genom-Sequenzierung) als auch solche, die auf einzelne Änderungen abzielen (PCR-Verfahren). Ist die gentechnische Veränderung bekannt und liegt entsprechendes Referenzmaterial vor, sei es kein Problem, sie nachzuweisen, resümiert das gentechnikkritische Portal GMWatch in seinem Tagungsbericht. Schwierigkeiten haben die Forschenden bislang, wenn sie nicht wissen, wo im Pflanzengenom was genau verändert wurde. In diesem Fall können detaillierte Datenbanken helfen. Teilweise behelfen sich die Wissenschaftler:innen auch damit, die molekularbiologischen „Instrumente“ nachzuweisen, mit denen die Gene manipuliert wurden. Das sei „technisch nicht einfach“, doch seien die Herausforderungen, „nicht unüberwindbar“, zitierte das Portal GMWatch beteiligte Expert:innen.

So arbeiten etwa Lebensmittelbehörden deutscher Bundesländer daran, herbizidresistenten Raps und eine Soja mit veränderter Fettsäurezusammensetzung der US-Unternehmen Cibus und Calyxt nachzuweisen. Die Unternehmen hatten Anfang des Jahres begonnen zu fusionieren; der Prozess soll nach Angaben der Portals Marketscreener im zweiten Quartal 2023 abgeschlossen werden. Beide Pflanzen werden in den USA bereits angebaut. Die Ergebnisse beim Nachweis des Cibus-Raps seien „vielversprechend“, hieß es bei der Konferenz. Bei dieser Pflanze ist allerdings umstritten, ob sie durch den vorgenommenen gentechnischen Eingriff verändert wurde oder das Genom zufällig mutierte. Eine Arbeitsgruppe aus behördlichen und privaten Laboren mehrerer europäischer Länder hofft, „Methoden mit höherer Spezifität“ entwickeln zu können, als das derzeit von der gentechnikfreien Lebensmittelwirtschaft verwendeten Nachweisverfahren des amerikanischen Health Research Institut. Bei Calyxt-Soja planen Mitglieder der Arbeitsgruppe noch in diesem Jahr einen ersten Ringversuch, um eine neu entwickelte Nachweismethode zu testen. Erarbeitet haben sie die Wissenschaftler:innen mit nachgebautem Erbgut, da Hersteller Calyxt kein Referenzmaterial zur Verfügung gestellt hat. Inzwischen produziert er diese Soja selbst nicht mehr. Der Infodienst hat über beide Projekte bereits berichtet.

Das gilt auch für eine Machbarkeitsstudie zu Nachweis- und Identifizierungsverfahren für genomeditierte Pflanzen, welche die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Frühjahr 2020 ausgeschrieben hatte. Seit 2021 forschen das Leibniz Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung sowie die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in ihrem Auftrag zum Nachweis genomeditierter Gerste- und Rapslinien. Das Projekt läuft laut BLE noch bis 30. April. Bei der Tagung hat ein Kieler Wissenschaftler, wie zu hören war, ein Nachweisverfahren für eine Rapslinie vorgestellt, die sein Team zuvor selbst mit dem neuen gentechnischen Verfahren Crispr/Cas entwickelt hatte. Man könne mit dem Test aber nicht unterscheiden, ob die Gene durch menschlichen Eingriff oder durch natürliche Mutation verändert wurden, räumte er ein.

Für Wirtschaftsunternehmen wäre das aber wichtig, wenn sie nachweisen wollen, dass sie einen GVO selbst entwickelt haben – etwa um ein Patent zu beantragen oder Lizenzen zu kassieren. Das US-Unternehmen Corteva baut deshalb bewusst Marker in seinen gentechnisch veränderten „waxy" Mais ein, um ihn von herkömmlichem Wachsmais unterscheiden zu können. Auch Vertreter:innen der Gentechnikkonzerne BASF und Syngenta bestätigten dem Vernehmen nach beim Kongress, dass die Hersteller der NGT-Pflanzen selbst Nachweismethoden bräuchten. Sie spielten in der Forschungs- und Entwicklungsphase der Pflanzen eine Rolle, aber auch später für Zulassungsverfahren und den internationalen Handel. Doch offenbar ist die Bereitschaft eher begrenzt, diese Methoden staatlichen (Kontroll-)Behörden zur Verfügung zu stellen. Das Vorgehen der Konzerne, Sequenzinformationen und Referenzmaterial zu verweigern, aber andererseits eine Deregulierung der deshalb schwer nachweisbaren NGT-Organismen zu fordern, „entspricht nicht meinem Verständnis von Transparenz“, kritisierte denn auch Silvia Bender, Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium.

„Alle Institute, die in der EU gentechnisch veränderte Pflanzen entwickeln, könnten auch Nachweismethoden für sie entwickeln, da sie genau wissen, was in ihnen steckt“, konstatierte Franziska Achterberg, Mitarbeiterin der grünen Fraktion im Europaparlament, nach der Konferenz. Unklar sei, ob die Entwickler in Belgien, Schweden und Spanien, deren NGT-Pflanzen bereits auf Versuchsfeldern wachsen, an Nachweismethoden arbeiteten. „Eigentlich sollten die Behörden dies verlangen, bevor sie einen Feldversuch genehmigen, oder solche Forschungsvorhaben mit öffentlichen Geldern fördern“, forderte Achterberg. Ihrem Eindruck nach bemühen sich nur sehr wenige Behörden in der Europäischen Union, das geltende Gentechnikrecht umzusetzen. Die Arbeit werde anscheinend vor allem in Deutschland gemacht.
„Die Konferenz hat gezeigt, wie wichtig Kooperationen im Bereich der Nachweisverfahren und -anstrengungen sind“, kommentierte Jutta Jaksche, die für den Verbraucherzentrale Bundesverband teilgenommen hat. „Nur wenn Import- und Exportländer verlässliche Organisationen, entsprechendes Equipment und standardisierte Methoden haben, kann der Austausch von Lebensmitteln unterschiedlicher Produkt– und Prozessqualitäten zukünftig gelingen.“ Bundesregierung und Europäische Kommission müssten dafür sorgen, dass klassische wie neue Gentechnik verlässlich nachgewiesen werden könne, forderte Jaksche. Nach Angaben des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als Mitveranstalter soll es noch einen offiziellen Tagungsbericht geben, Erscheinungstermin offen. [lf/vef]

19.03.2023 |

Neue Gentechnik: Österreich kritisiert Gesetzgebungsprozess der EU

EU Rat Ministerrat Foto: The Council of the European Union

Im Rat der Umweltminister der europäischen Union hat Österreich das Vorgehen der EU-Kommission bei ihrem Plan, das Gentechnikrecht zugunsten neuer gentechnischer Verfahren (NGT) aufzuweichen, diese Woche massiv angegriffen. Die Kommission stütze sich zum großen Teil auf reine Annahmen, sagte die österreichische Umweltministerin Leonore Gewessler und verlangte eine „solide wissenschaftliche Basis“ für die geplante Neuregelung. EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkeviĉius wies die Vorwürfe zurück.

Im Mittelpunkt der Debatte stand die Folgenabschätzung (englisch: impact assessment), die jeden Verordnungsvorschlag der EU-Kommission begleiten muss. Um diese zu erarbeiten, benutzte die Kommission einen Fragebogen, der an die EU-Mitgliedstaaten und zahlreiche Organisationen ging. In einer Informationsnote, die als Basis für die Diskussion im Umweltrat diente, schrieb Österreich, der Fragebogen basiere „weitgehend auf Erwartungen, Annahmen und suggestiven Szenarien und nicht auf Daten und wissenschaftlich fundierten Methoden“. Deshalb dürften die Ergebnisse nicht die Basis von Regelungen für neue gentechnische Verfahren sein.

Das Schreiben verweist auch auf eine Studie der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA zur Risikobewertung von NGT-Pflanzen und kritisierte, dass in dem darin vorgeschlagenen Konzept zahlreiche Fragen zu den möglichen Umweltrisiken dieser Pflanzen offengeblieben seien. Deshalb müsse die Kommission „eine umfassende Umwelt- und Gesundheitsrisikobewertung vorsehen“ und dürfe ihren Gesetzesvorschlag nicht „auf ein vages und noch unzureichend ausgearbeitetes Konzept“ stützen. Das Fazit des Schreibens: Die Kommission soll „eine umfassende Folgenabschätzung durchführen, die sich auf solide Daten und nicht auf Annahmen stützt“. In der Debatte verteidigte EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkeviĉius die Folgenabschätzung. „Die Kommission habe sich einem „evidenzbasierten, transparenten und inklusiven Prozess verschrieben“. Es habe zahlreichen Möglichkeiten für alle Beteiligten gegeben, sich zum Thema zu äußern. Neu war seine Aussage, dass das EU-Forschungszentrum JRC Fallstudien zu möglichen Gesetzesänderungen erarbeitet habe. Sie umfassen laut Sinkeviĉius positive wie negative soziale, ökologische und ökonomische Auswirkungen.

Unterstützt hatten das österreichische Schreiben im Vorfeld Zypern und Ungarn. In der Debatte schlossen sich Luxemburg, die Slowakei, Belgien und Slowenien der österreichischen Position an. Die Vertreterin des deutschen Umweltministeriums betonte, das Vorsorgeprinzip müsse gewahrt, Wahlfreiheit gewährleistet und Koexistenz gesichert bleiben. Man sei interessiert zu erfahren, wie die Kommission beabsichtige, mit diesen Themen umzugehen. Die sieben Staaten unterstützten auch den Vorschlag Österreichs, auf der Ebene des Europäischen Rates eine Arbeitsgruppe zu NGT einzurichten, in der die Ressorts Umwelt, Gesundheit und Landwirtschaft vertreten seien. Bisher sind es vor allem die Landwirtschaftsminister:innen, die die Debatte um NGT bestimmen. Die Umweltminister:innen haben sich erst zweimal kurz darüber ausgetauscht, auch beim ersten Mal auf Initiative Österreichs. Entschieden wird bei einem solchen Anlass nichts.

Dänemark, Estland, Lettland und die Niederlanden unterstützten dagegen die Linie der EU-Kommission. Insgesamt beteiligten sich nur zwölf der 27 EU-Mitgliedstaaten an dem Meinungsaustausch. Bioland, Demeter und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft hatten im Vorfeld an den Umweltrat appelliert, ein klares Zeichen gegen eine Deregulierung des Gentechnikrechts zu setzen. Friends of the Earth Europe hatte der Kommission vorgeworfen, kritiklos die Positionen der Agrarlobby abgeschrieben zu haben. [lf]

15.03.2023 |

Bayern: breites Bündnis gegen neue Gentechnik

Bündnis gegen Gentechnik (v.li.): Thomas Lang (LVÖ), Richard Mergner, Martha Mertens (beide Bund Naturschutz), Jutta Saumweber (VBZ Bayern), Johann Leis (BDM)  Foto: Harald Ulmer/Bund Naturschutz Bündnis gegen Gentechnik (v.li.): Thomas Lang (LVÖ), Richard Mergner, Martha Mertens (beide Bund Naturschutz), Jutta Saumweber (VBZ Bayern), Johann Leis (BDM) Foto: Harald Ulmer/Bund Naturschutz

Die Menschen in Bayern wählen im Oktober einen neuen Landtag. Ein breites Bündnis von Organisationen will im Vorfeld der Wahl erreichen, dass sich alle Parteien klar zu einem gentechnikfreien Bayern bekennen – auch die CSU. Dass das keine Utopie ist, hat ein ähnliches Bündnis in der Vergangenheit bereits gezeigt.

Sie nennen sich „Bündnis Bayern für eine gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft“ und haben sich heute in München der Presse vorgestellt. „Eine Deregulierung neuer Gentechniken wäre ein Frontalangriff auf unsere Wahlfreiheit und demokratische Selbstbestimmung darüber, was wir züchten, anbauen, verarbeiten und essen“, schreiben sie. Deshalb dürften Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und seine Umweltkollegin Steffi Lemke (beide Grüne) keinen Ausnahmen für die neuen Gentechnikverfahren vom europäischen Gentechnikrecht zustimmen, wenn die EU-Mitgliedsstaaten Ende des Jahres in Brüssel darüber abstimmen werden. Weiter heißt es in dem Positionspapier des Bündnisses: „Wir fordern von der Bayerischen Staatsregierung und von den im Bayerischen Landtag vertretenen Parteien - vor dem Hintergrund der Landtagswahl im Oktober 2023 - ein klares Bekenntnis für ein gentechnikfreies Bayern.“

Das Bündnis zählt 25 Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz, darunter der Bund Naturschutz, mehrere Bio-Verbände und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Bayern. Mit dabei sind ferner die Verbraucherzentrale Bayern, das Imkernetzwerk, das katholische Landvolk und der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM). Dieses Bündnis reicht also weit hinein in die konservative, ländliche Bevölkerung im Freistaat, die immer noch mehrheitlich CSU wählt.

Auf dem Land zeigt es Wirkung, wenn sich mit Hans Leis der Landesvorsitzende des BDM klar positioniert: „Wir haben zwei Jahrzehnte investiert, um den Verbraucher*innen nachvollziehbar gentechnikfreie Produkte zu liefern“, erklärte er. Dadurch sei die Transparenz von Lieferketten auch bei den Futtermitteln gestiegen. „Die Lobby-Kräfte, die nun über die EU-Kommission diese Transparenz aushöhlen wollen, setzen auf die Täuschung der Verbraucher*innen“, kritisierte Leis. Risikoprüfung, Zulassungsverfahren und Kennzeichnungspflicht müssten auch für Produkte neuer gentechnischer Verfahren beibehalten werden.

Das Bündnis knüpft an eine erfolgreiche Vergangenheit an. In den Jahren 2006 bis 2008 engagierten sich in Bayern auf lokaler Ebene Bäuer:innen und Naturschützer:innen gemeinsam gegen den Anbau von gentechnisch verändertem Mais. Sie initiierten gentechnikfreie Regionen und füllten mit ihren Veranstaltungen ganze Bierzelte. Besonders erfolgreich waren sie dabei in Oberbayern. Unter dem Titel „Aktionsbündnis Zivilcourage“ schlossen sich dort in insgesamt 32 Landkreisen Engagierte zusammen. Das Ergebnis damals: Zahlreiche Landkreise, Städte und Gemeinden in Bayern erklärten sich zu gentechnikfreien Regionen. Die CSU mutierte zur Gentechnikkritikerin und schließlich verbot die damalige Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) 2009 die Aussaat von genverändertem Mais der Sorte MON 810.

Auch beim aktuellen Bündnis sind wieder vier Kreisverbände der „Zivilcourage“ dabei und vor Ort auch schon aktiv geworden. Sie haben etwa erreicht, dass der Kreistag im oberbayerischen Landkreis Miesbach Ende 2022 seine Beschlüsse, mit denen er 2008 und 2010 gentechnisch veränderte Pflanzen abgelehnt hatte, einstimmig erneuerte und dabei die neue Gentechnik, das sogenannte Genome editing, mit aufnahm. Erste Gemeinden im Kreis unterstützten das Vorgehen mit eigenen Gemeinderatsbeschlüssen. Sollte dieses Vorgehen Schule machen, ließe sich damit die Diskussion um die geplanten Lockerungen für neue Gentechnik in der Europäischen Union auf die lokale Ebene holen und vervielfachen. Nicht nur in Bayern übrigens: Bundesweit gibt es rund 350 gentechnikfreie Kommunen, deren Beschlüsse ein Update bräuchten, um auch neue gentechnische Verfahren abzudecken. [lf]

13.03.2023 |

Schweiz will neue Gentechnik wie Gentechnik regeln

Schweiz Gentechnikfrei Foto: Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG)

Die Regierung der Schweiz, der Bundesrat, hat in einem Bericht klargestellt, dass auch neue gentechnische Verfahren (NGT) und die daraus hergestellten Produkte unter das Gentechnikrecht fallen. Der Bericht betont das Vorsorgeprinzip und die Wahlfreiheit der Verbraucher:innen. Ein Gesetzentwurf zu NGT, den die Regierung für kommendes Jahr plant, soll beides sicherstellen.

Diesen Gesetzentwurf hatte das Parlament vergangenes Jahr verlangt, als es das Schweizer Anbaumoratorium für Gentechnikpflanzen bis Ende 2025 verlängerte. Bis Mitte 2024 soll der Bundesrat einen „risikobasierten Regelungsentwurf“ für Organismen aus neuen Züchtungsverfahren vorlegen, denen keine Fremdgene eingefügt wurden. In seinem Bericht beschreibt der Bundesrat den bestehenden rechtlichen Rahmen: das Schweizer Gentechnikgesetz, das sich eng an die EU-Regelungen anlehnt. Aus dessen Auslegung ergibt sich für den Bundesrat eindeutig: „Neue Mutagenese-Techniken stellen gentechnische Verfahren und die daraus resultierenden Organismen GVO im Rechtssinne dar.“ Dies treffe ebenfalls zu, „wenn sich die entsprechenden Veränderungen auch unter natürlichen Umständen ergeben könnten“. Zwar wäre es theoretisch möglich, künftig bestimmte GVO vom Geltungsbereich des Gentechnikgesetzes auszunehmen. Vorher müsste aber geprüft werden, ob das verfassungsmäßig ist.

Der Bericht deutet darauf hin, dass der Bundesrat bei seinem Gesetzesvorschlag für eine mögliche Zulassung von NGT-Produkten im Rahmen des Gentechnikgesetzes bleiben will. Denn ausführlich wird erläutert, was dabei zu beachten ist: „Gemäß Vorsorgeprinzip müssen sich die potentiellen und konkreten Risiken mit dem verfügbaren Wissen und der Erfahrung plausibel beurteilen lassen“, heißt es darin zur notwendigen Risikobewertung. Damit die Ziele des Gentechnikrechts, insbesondere die Wahlfreiheit, erreicht werden können, müsse der Warenfluss getrennt werden. Dies setze voraus, dass NGT-Produkte entlang der gesamten Warenflusskette nachweisbar und rückverfolgbar sind und zwingend gekennzeichnet werden, heißt es in dem Bericht. Er beschreibt die Schwierigkeiten, NGT nachzuweisen, sieht dies aber nicht als unmöglich an.
Abschließend schreibt der Bundesrat: „Die Schwierigkeit, gewisse GVO aus neuen gentechnischen Verfahren sicher als solche identifizieren zu können, ist jedoch kein Argument dafür, sie rechtlich nicht als solche zu qualifizieren.“ Zu einer Änderung der Kennzeichnung heißt es, „möglich wären einzig zusätzliche Angaben, aber kein Weglassen von Teilen oder Abändern der vorgeschriebenen Kennzeichnung“. Sollte nach Ende des Moratoriums ab 2026 ein Anbau von NGT-Pflanzen erlaubt werden, müsse vorab geregelt werden, wie gentechnikfreie Äcker geschützt werden können und wer bei gentechnischen Verunreinigungen haftet. Ebenfalls zu regeln sei eine weitere Bedingung, die das Parlament an eine mögliche Zulassung von NGT-Pflanzen geknüpft hat: Es muss für diese Pflanzen „ein Mehrwert für die Landwirtschaft, die Umwelt oder die Konsumentinnen und Konsumenten nachgewiesen werden“.

Die Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG) begrüßte die rechtlichen Klarstellungen in dem Bericht. Sie betonte, dass es laut der dem Bericht zugrundeliegenden Rechtsgutachten nicht möglich sei, NGT generell vom Gentechnikgesetz auszunehmen. Dies wäre rechtswidrig und „stünde weder mit dem Zweck des Gentechnikgesetzes noch mit der Bundesverfassung im Einklang“, schrieb die SAG. Sie kritisierte, dass der Bericht kaum auf die Patente auf NGT und deren Einfluss auf Marktprozesse und gentechnikfreie Züchtung einging. Zudem bezeichne der Bundesrat die Koexistenz von NGT und gentechnikfreier Landwirtschaft als realisierbar, mache aber kaum Vorschläge, wie dies ohne Kollisionen gewährleistet werden kann. „Hier werden anstatt konstruktiver Lösungsansätze lediglich alte Vorschläge für mögliche Koexistenzprojekte hervorgeholt, die bereits mit überwältigender Mehrheit vom Parlament und den Kantonen abgelehnt wurden“, sagte SAG-Präsidentin Martina Munz. Sie forderte im Fall einer Zulassung von NGT konkrete Koexistenz- und Kennzeichnungsregeln. Auch müsse geregelt sein, wer bei Schadensfällen hafte.

Die den Bundesrat beratende Kommission für Landwirtschaft (BEKO) stellte fest, „dass eine Sonderbehandlung neuer gentechnischer Verfahren mit einer risikobasierten Zulassungsregelung gerechtfertigt ist“. Sie setzt große Hoffnungen in NGT—Pflanzen. Deshalb sollten diese „im Gesetz speziell geregelt und nicht generell als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) behandelt werden“, schrieb die BEKO. Gleichzeitig müsse aber die Wahlfreiheit gewahrt bleiben. Die dafür notwendigen Kennzeichnungsregelungen „sind soweit wie möglich aufzuzeigen“.

Der nächste Schritt ist nun, dass der Bundesrat entlang der im Bericht genannten Eckpunkte einen Vorentwurf erarbeitet und diesen in die Verbandsanhörung gibt (auf schweizerisch Vernehmlassung). Erst wenn deren Ergebnisse eingearbeitet wurden, kann der Gesetzentwurf dem Parlament vorgelegt werden. Was laut Gentechnikgesetz „spätestens bis Mitte 2024“ passiert sein soll. [lf]

08.03.2023 |

USA bekämpfen Mexikos Importverbot für Gentech-Mais

Mais Maisvielfalt in Mexiko in Gefahr (Foto: CC0)

Auf Druck der USA hat Mexiko sein auf 2024 datiertes Importverbot für gentechnisch veränderten (gv) Mais aufgehoben. Ein Dekret vom Februar verbietet gv-Mais vorerst nur für Tortilla. Da Mexiko hier Selbstversorger sei, betreffe das den Handel kaum, zitierte das Portal Amerika21 die Regierung. Doch die Vereinigten Staaten sehen das offenbar anders. Um zu erreichen, dass Mexiko gv-Maisimporte wieder unbeschränkt erlaubt, haben sie jetzt ein Schlichtungsverfahren nach dem Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko gestartet.

Im Dezember 2020 hatte der mexikanische Präsident López Obrador per Erlass verkündet, den Import von gv-Mais und das Herbizid Glyphosat ab Januar 2024 zu verbieten. Seitdem wuchs der Druck der USA auf den südlichen Nachbarn und größten Abnehmer von US-Mais, diesen Erlass zurückzunehmen. Die mexikanische Regierung setzte daraufhin Mitte Februar ein neues Dekret in Kraft. Es verbietet, gv-Mais zu verwenden, um Tortillas oder den Teig dafür herzustellen. Für Mais, der als Viehfutter oder für die industrielle Verarbeitung zu Lebensmitteln importiert wird, setzte die Regierung das Verbot aus, bis genug Ersatz gefunden ist. Für das Glyphosat-Verbot endet die Übergangsfrist nun Ende März 2024.

Das Dekret verpflichtet die zuständigen Behörden, „die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die schrittweise Substitution zu vollziehen“. Die mexikanische Regierung argumentierte, sie habe mit dem neuen Dekret die Vorgaben von Dezember 2020 präzisiert, um Missverständnisse auszuräumen. Zudem versorge sich das Land weitgehend selbst mit Tortilla-Mais, so dass der Handel kaum betroffen sei. Der Regierung wolle mit ihrem Dekret die Ernährungssouveränität und die Lebensmittelsicherheit bei einem zentralen Bestandteil der mexikanischen Kultur stärken. Mexiko ist die Heimat der Maispflanze und Mais dort das wichtigste Nahrungsmittel. Die Nachrichtenagentur Reuters bezifferte den Anteil von Tortilla-Mais an den rund 17 Millionen Tonnen US-Maisimporten allerdings mit 18 bis 20 Prozent und berief sich dabei auf Marktexperten.

Die US-Regierung hatte schon vorab deutlich gemacht, dass ihr Mexikos Zugeständnisse nicht ausreichen. Im Januar teilte der US-Handelsbeauftragte mit, der vorgeschlagene Ansatz sei nicht wissenschaftlich fundiert und drohe, den bilateralen Agrarhandel in Milliardenhöhe zu stören. Reuters berichtete, dass sein Chefunterhändler für Agrarangelegenheiten die mexikanische Regierung anschließend ultimativ aufgefordert habe, bis 14. Februar wissenschaftliche Belege für ihr Verbot von Glyphosat und Tortilla-Mais zu liefern. So kam es, dass die mexikanische Regierung am 13. Februar nicht nur ihr überarbeitetes Dekret veröffentlichte, sondern im Internet auch eine Literatursammlung zu den schädlichen Wirkungen von Glyphosat anbot sowie eine zu den Risiken von gv-Mais.

Am 6. März informierte der US-Handelsbeauftragte, dass er „technische Konsultationen mit der mexikanischen Regierung im Rahmen des Kapitels über gesundheits- und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (SPS) des Abkommens zwischen den Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada (USMCA) beantragt hat“. Garniert war die Mitteilung mit zustimmenden Zitaten von Politiker:innen beider großen US-Parteien sowie von Wirtschaftsverbänden. Solche Konsultationen stehen am Anfang eines Schlichtungsprozesses, in dem von beiden Parteien berufene Schlichter:innen eine Entscheidung treffen. Wird diese von einer der Parteien nicht umgesetzt, kann die andere Strafzölle erheben, erläuterte das Fachjournal AgWeb.

Die Kontroverse zeige, „dass Freihandelsabkommen die Souveränität von Ländern gefährden“, heißt es in einer Erklärung des Bündnisses „Ohne Mais kein Land“. Es weist darauf hin, dass nach dem Freihandelsabkommen jede Vertragspartei „das souveräne Recht [habe], ihr eigenes Umweltschutzniveau und ihre eigenen Umweltprioritäten festzulegen“. Zudem sei bei den Verhandlungen zu dem Abkommen bereits 2002 festgehalten worden, dass Mais „für die Mehrheit der Mexikaner wichtige kulturelle, symbolische und spirituelle Werte hat, was in Kanada und den Vereinigten Staaten nicht der Fall ist. Die Risikobewertung von gentechnisch verändertem Mais in Mexiko ist zwangsläufig mit diesen Werten verbunden.“ Deshalb ist der Anbau von gv-Mais in Mexiko auch verboten - eine Entscheidung, die das oberste Gericht des Landes 2021 bestätigt hatte. [lf]

02.03.2023 |

Bayer: Vorstandschef Baumann verlässt die Baustelle

Werner Baumann (links), Vorsitzender des Vorstands der Bayer AG, und Hugh Grant, Chairman und Chief Executive Officer von Monsanto (Foto: Bayer) Werner Baumann (links), Vorsitzender des Vorstands der Bayer AG, und Hugh Grant, Chairman und Chief Executive Officer von Monsanto (Foto: Bayer)

In seinem letzten Geschäftsbericht konnte der scheidende Bayer-Chef Werner Baumann ein deutliches Plus bei Umsatz und Gewinn verkünden. Seinem Nachfolger Bill Anderson hinterlässt er abgestürzte Aktien, milliardenschwere Anlegerklagen und eine drängende Frage: Soll Bayer zerschlagen werden?

Die Bayer AG hat ihren Umsatz 2022 um 8,7 Prozent auf 50,7 Milliarden Euro gesteigert. Der Konzerngewinn erhöhte sich auf 4,15 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 war es eine Milliarde Euro gewesen. Doch diese guten Zahlen konnten Vorstandschef Werner Baumann nicht mehr retten. Anfang Februar verkündete der Aufsichtsrat, dass Baumann seinen Posten vorzeitig räumen werde und bereits zum 1. Juni 2023 vom US-Amerikaner Bill Anderson abgelöst wird. Dieser kommt am 1. April vom Arzneimittelhersteller Roche in den Bayervorstand, damit Baumann ihn noch einarbeiten kann. Anderson solle Bayer „in ein neues, erfolgreiches Kapitel führen“, sagte Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann.

Denn das Kapitel Baumann brachte dem Konzern reichlich Ärger. Seit Baumann 2016 im Vorstand den Vorsitz übernahm, halbierte sich der Aktienkurs. 2020 fuhr der Konzern einen Rekordverlust von zehn Milliarden Euro ein. Im Jahr zuvor hatten die Aktionäre dem Vorstand bereits die Entlastung verweigert. Der Grund für das Debakel: Mit dem Kauf von Monsanto hatte Bayer auch die Risiken der damals anlaufenden Glyphosatklagen übernommen – und unterschätzt. Die Verantwortung dafür tragen der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Werner Wenning und sein Zögling Werner Baumann - „der große und der kleine Werner“, wie sie laut einer ZDF-Doku intern bei Bayer genannt wurden. Wenning wurde 2020 vorzeitig als Aufsichtsratsvorsitzender abberufen. Und wie Baumann in Wennings Schlepptau bei Bayer die Karriereleiter hinaufgestiegen war, folgt er ihm jetzt im Abgang. Zuvor musste er allerdings noch die Suppe auslöffeln, die er den Aktionären eingebrockt hatte.

Fertig ist er damit nicht geworden. Im Geschäftsbericht heißt es zu den Glyphosatklagen, „dass von inzwischen insgesamt ca. 154.000 angemeldeten Ansprüchen ca. 109.000 verglichen sind oder aus verschiedenen Gründen nicht die Vergleichskriterien erfüllen“. Bayer habe, berichtete Baumann, 16 Milliarden Euro zurückgestellt und davon rund 9,5 Milliarden inzwischen ausgezahlt. 6,4 Milliarden Euro stünden noch für die ausstehenden Klagen bereit. Für dieses Jahr erwartet der Konzern Vergleichsauszahlungen von zwei bis drei Milliarden Euro. 1,3 Milliarden davon wurden bereits im Januar für zwei Vergleiche wegen Umweltschäden durch giftige Chlorverbindungen (PCB) verwendet, der Rest ist laut Baumann überwiegend für Glyphosatklagen gedacht.

In Kanada wurden dem Konzern laut Geschäftsbericht bis zum 1. Februar 2023 genau 31 Klagen im Zusammenhang mit Roundup™ zugestellt, einschließlich elf Klagen, in denen jeweils die Zulassung einer Sammelklage beantragt wird. Auch Anleger in den USA und Deutschland wollen Geld von Bayer. Sie werfen dem Konzern vor, er habe sie über die Risiken der Monsanto-Übernahme nicht ausreichend aufgeklärt. „Das Landgericht Köln leitete im Juli 2022 ein Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz ein“, steht dazu im Geschäftsbericht. Nach Angaben der prozessführenden Anwaltskanzle TILP fordern 280 institutionelle und zahlreiche private Investoren aus der ganzen Welt "weit über" zwei Milliarden Euro Schadenersatz. Insgesamt schätzt TILP die Anlegern entstandenen Schäden auf einen "mittleren zweistelligen Milliardenbetrag". In den USA hat unterdessen ein Gericht in Kalifornien entschieden, ein Sammelverfahren mit einem Teil der Vorwürfe der klagenden Anleger:innen fortzusetzen. Rückstellungen für Anlegerprozesse wurden noch nicht gebildet.

Bayer berichtete von einer „außergewöhnlich starke(n) Geschäftsentwicklung“ in seinem Bereich Crop Science. Dieser wuchs um 15 Prozent und erwirtschaftete die Hälfte des Konzernumsatzes. Am deutlichsten legte das Geschäft mit den Herbiziden zu „durch Preissteigerungen aufgrund von Versorgungsengpässen für glyphosathaltige Produkte im Markt“, teilte der Konzern mit. Anders gesagt: Bayer hat an der Knappheit verdient. Damit dürfte es 2023 vorbei sein. Die weltweiten Lieferketten funktionieren wieder und das Unternehmen rechnet damit, dass die Preise zurückgehen. „Mit mauen Geschäftsaussichten und einer Diskussion um die Aufspaltung des Pharma- und Agrarkonzerns verabschiedet sich Bayer-Vorstandschef Werner Baumann“, fasste die Agentur Reuters die Pressekonferenz zusammen.

Im Januar hatten einzelne Investoren eine Aufspaltung des Konzerns gefordert, da dessen drei Sparten Crop Science (Agrar), Pharma (verschreibungspflichtige Medikamente) und Consumer Health (rezeptfreie Medikamente) einzeln mehr wert seien als zusammen. Vorstand und Aufsichtsrat gingen auf dieses Thema auf der Jahrespressekonferenz nicht ein, haben aber eine klare Position. „Der derzeitige Bayer-Vorstand sowie der Aufsichtsrat lehnen solche Pläne ab“, schrieb die Wirtschaftswoche. Dabei sind sie sich ausnahmsweise mit ihren Kritiker:innen von der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) einig. Der neue Vorstandsvorsitzende Bill Anderson „darf sich dem Druck der Investoren nicht beugen und Bayer zerschlagen. Die seit Wochen verunsicherte Belegschaft erwartet von ihm ein kategorisches 'Nein' zu den Forderungen der Hedgefonds", erklärte CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann [lf]

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