08.07.2022 |

Patentrecht: Wem gehören natürlich entstandene Gene?

Tomate: Auf mich gibt´s kein Patent Tomate: Auf mich gibt´s kein Patent (Foto: Keine Patente auf Saatgut!)

Gentechnik-Konzerne lassen sich nicht nur gentechnisch veränderte Pflanzen patentieren, sondern auch zufällig durch Mutation entstandene Gen-Varianten natürlicher Pflanzen. Das belegt ein Bericht des Bündnisses Keine Patente auf Saatgut!. Dadurch würden Gene, die etwa die Widerstandskraft von Pflanzen gegenüber Krankheiten oder Trockenstress stärken, in den Besitz der Konzerne übergehen, warnte das Bündnis. Andere Züchter könnten dann mit diesen Genen nicht mehr frei arbeiten.

Ein Beispiel aus dem Bericht: Im April 2021 erteilte das Europäische Patentamt EPA dem zum BASF-Konzern gehörenden Gemüsezüchter Nunhems ein Patent auf Tomatenpflanzen mit einer verbesserten Toleranz gegenüber Trockenheit. Die Züchter hatten in wilden Verwandten der Tomate bestimmte Gene für deren Trockenheitstoleranz identifiziert und diese durch herkömmliche Züchtung in handelsübliche Tomatensorten eingekreuzt. Das Patent umfasst nun alle Tomatenpflanzen, die diese Gene enthalten. Will ein anderer Züchter – egal ob konventionell oder mit Hilfe neuer gentechnischer Verfahren – ebenfalls mit dem Erbgut dieser wilden Tomatenverwandten arbeiten, würde er das Patent von Nunhems verletzen. Also bräuchte er für seine Züchtung deren Erlaubnis und müsste dafür Lizenzgebühren zahlen. „Der Zugang zur biologischen Vielfalt, die für die zukünftige Züchtung benötigt wird, darf nicht durch Patente kontrolliert, behindert oder blockiert werden“, heißt es im Bericht von No Patents on Seed. Und weiter: „Solche Patente bedrohen unsere Lebensgrundlagen“.

Der Bericht listet weitere Beispiele auf: Etwa die Gene einer wilden Salatpflanzenart, die gegen Mehltau resistent ist. Sie gehören aufgrund eines im April 2022 vom EPA erteilten Patents jetzt dem niederländischen Gemüsezüchter Bejo Zaden. Im Juni dieses Jahres gewährte das EPA dem deutschen Saatgutkonzern KWS ein Patent auf Mais mit einer erhöhten Verdaulichkeit. Die dafür verantwortliche Genvariante fanden die Forscher in konventionell gezüchteten Mais. KWS könne nun mit dem Patent andere Züchter daran hindern, diese natürlich vorkommenden Gene in der konventionellen Pflanzenzüchtung zu verwenden, heißt es im Bericht.

„Bisher konnten im Rahmen des Sortenschutzes alle konventionell gezüchteten Sorten frei genutzt werden, um neue und noch bessere Sorten auf den Markt zu bringen“, erläuterte Johanna Eckhardt von Keine Patente auf Saatgut!. „Wenn die europäischen Regierungen jetzt nicht aktiv werden, wird diese Freiheit der ZüchterInnen in einem Patent-Dschungel erstickt“, warnte Eckhardt. Das Bündnis forderte deshalb die europäischen Staaten, die das EPA tragen, auf, aktiv zu werden und die längst bestehenden Verbote solcher Patente auf konventionelle Pflanzen und Züchtungen endlich durchzusetzen. „Wenn die notwendigen politischen Entscheidungen nicht getroffen werden, ist das das Ende der Pflanzenzucht, so wie wir sie kennen“, warnte Verena Schmitt vom Umweltinstitut München. Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat das Bündnis bereits mehr als 200.000 Unterschriften gesammelt. [lf]

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