Gentechnik-Baumwolle

Baumwolle - eine gefragte Faser

Foto: Stephanie Hofschläger /www.pixelio.de
Foto: Stephanie Hofschläger /www.pixelio.de

Fühlt sich gut an auf der Haut! Da Baumwolle so beliebt ist und sich alle darin einhüllen wollen, wird die Baumwoll-Pflanze auf 2,5% der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche angebaut. Meist in den USA, in Indien oder China. Die Folgen für die Umwelt sind oft katastrophal. Der Baumwollanbau verschlingt unglaubliche Mengen an Wasser. Für jedes T-Shirt, das wir tragen, sind allein für die Bewässerung der Pflanzen 2.000 Liter Wasser nötig. Auch der Pestizid-Verbrauch ist enorm: Ein Feld wird bis zur Ernte ca. 20 Mal gespritzt. Durch die hohen Preise für Saatgut und Pestizide stehen die Bauern unter einem riesigen Druck, eine hohe Ernte einzufahren, um die Kosten wieder reinzubekommmen. Transfair und Programme für den ökologischen Baumwollanbau versuchen mit anderen Anbaumethoden und garantierten Preisen diese Spirale zu durchbrechen. Doch bislang stammt weniger als ein Prozent der Baumwolle aus ökologischem Anbau.

 taz (19.2.2009): "Für jedes T-Shirt sieben Kilo CO2"

Wundermittel Gentechnik-Baumwolle?

Foto: Manfred Rose /www.pixelio.de
Foto: Manfred Rose /www.pixelio.de

Ca. 80% der weltweit angebauten, konventionellen Baumwolle ist gentechnisch verändert (Stand 2012). Meist handelt es sich um Bt-Baumwolle; Bt steht für Bacillus thuringiensis: ein Gen des Bakteriums wird in die Baumwollpflanze eingebaut. Dadurch ist sie resistent gegen den Baumwollkapselbohrer, weil sie ein Gift gegen ihn produziert. Dafür nehmen Sekundärschädlinge zu: Ist der Baumwollkapselbohrer bekämpft, freuen sich die Blattläuse und Stinkwanzen und vermehren sich prächtig. Außerdem währt auch der Schutz gegen den Baumwollkapselbohrer nicht ewig. Seit 2008 werden vermehrt Resistenzen gegen das Bt-Gift  festgestellt.

 Umweltinstitut München (2012): Baumwolle Anbau / Bekleidung
 eco-news (12.2.2008) Baumwollschädling entwickelt Resistenzen gegen Pflanzenschutzmittel

Andere Gentechik-Baumwoll-Sorten sind resistent gegen die Pflanzengifte ("Roundup Ready") der Gentechnikfirmen. Zwar kann durch die neuen Eigenschaften der Pestizid-Verbrauch kurzfristig gesenkt werden, längerfristig steigt er jedoch wieder an, weil auch die Unkräuter unempfindlich gegen das Gift werden. Auch anderen Problemen, beispielsweise extreme Trockenheit oder zu viel Regen, können die Gentechnik-Pflanzen nicht trotzen.

Um den zwangsläufig auftretenden Resistenzen Herr zu werden, wird die Baumwollpflanze mittlerweile gleich mehrfach gentechnisch manipuliert. Diese sogenannten gestapelten Merkmale sorgen dafür, dass die Baumwollpflanze sowohl ihr eigenes Bt-Gift produziert als auch resistent gegen die Spritzmittel der Gentechnikkonzerne ist.

Indiens Bauern: Selbstmorde aus Verzweiflung

Foto: Jim C / flickr, CC BY-NC 2.0
Foto: Jim C / flickr, CC BY-NC 2.0

Neben den USA und China ist Indien das Haupt-Anbauland für Baumwolle. Als die Bt-Baumwolle 2002 auf den Markt kam, waren die Erwartungen groß: Mehr Erträge und weniger Pestizideinsatz wurden versprochen. Millionen von indischen Bauern stellten um auf Gentechnik-Baumwolle. 2007 wurden auf über 70% der Baumwollfelder gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut (ca. 7 Millionen ha). Doch die Erwartungen wurden nicht erfüllt und die Situation der Bauern ist prekär: In Indien ist gentechnisch verändertes Saatgut teils viermal so teuer wie konventionelles. Die ohnehin armen Bauern müssen mehr Geld ins Saatgut investieren und sind verschuldet, wenn die Ernte schlecht ausfällt. Die Abhängigkeit von Großkonzernen wird dadurch verstärkt, dass Saatgut durch Lizenzverträge immer wieder nachgekauft werden muss und nicht aus der eigenen Ernte gewonnen werden kann.

Außerdem fallen die Weltmarktpreise für das einst als "weißes Gold" gepriesene Produkt beständig: Die hoch subventionierte Gentechnik-Baumwolle aus den USA und (konventionelle) aus Europa drückt die Verkaufserlöse. Viele Bauern begehen Selbstmord, weil sie aus ihrer schwierigen Lage keinen Ausweg sehen. Nicht allein die Gentechnik ist daran Schuld - jedoch werden die Probleme der Landwirte durch den Anbau von Gentechnik-Pflanzen teilweise noch schlimmer. Denn der Anbau in Monokulturen fördert auch das Hungerproblem. Wurden früher gleichzeitig Gemüse und Früchte angebaut, muss heute erst die Baumwolle verkauft werden, um Nahrungsmittel zu kaufen. Dass die gentechnisch veränderte Bt-Baumwolle heute so weit verbreitet ist, führen Kritiker vor allem auf das aggressive Marketing der Konzerne und auf die Verdrängung traditioneller Sorten zurück.

Eine im Sommer 2012 viel beachtete Studie der Universität Göttingen, derzufolge Gentech-Baumwolle indischen Bauern 50 Prozent mehr Einkommen beschert habe, hatte nach Ansicht von Greenpeace-Experten und indischen Aktivisten gravierende Mängel. So sei der Anstieg bei der Baumwoll-Ernte auf die Jahre vor der Markteinführung der Gentech-Pflanzen zurückzuführen, während die Erträge in den letzten Jahren, in denen Gentechnik dominierte, stagnierten. Gleichzeitig seien jedoch die Ausgaben der Bauern für teureres Saatgut und Pestizide drastisch gestiegen. Die Göttinger Studie hatte jedoch nur die "guten Jahre" bis 2008 beachtet.

Baumwolle zum Essen

Doch Baumwolle landet nicht nur in Jeans und T-Shirts. Bestimmte Teile der Fasern werden für die Papierherstellung verwendet. Und auch die rund anderthalb Kilogramm Samen pro Kilogramm Faser bleiben nicht ungenutzt: Man presst das Öl aus ihnen heraus. Übrig bleiben neben dem rötlichen Öl die sogenannten Ölkuchen, die in den Futtertrögen von Kühen und Schweinen landen. Sie vertragen die Fladen, denn ihre Mägen sind unempfindlicher gegen die natürlichen Giftstoffe der eiweißreichen Baumwollsamen. Außer den zahlreichen Pestiziden, denen die Baumwollpflanze während ihres Wachstum ausgesetzt war, produziert die Pflanze ein eigenes Gift namens Gossypol, das die Pflanze vor Schädlingen schützt. 2006 jubilierten Gentechnik-Bewürworter, man könne diese Öl nun bald auch für Menschen genießbar machen. Dank einer gentechnischen Veränderung sei es nunmehr möglich, dass Gossypol nur noch in der Pflanze, aber nicht im Samen produziert werde. Ein riesiges Potential zur Ernährungssicherheit wurde konstatiert. Ob das Öl mit weniger Gossypol vor dem Hintergrund des massiven Pestizideinsatzes beim Anbau tatsächlich empfehlenswert ist, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass die "klassischen" Gentech-Varianten (s. o.) den Markt bestimmen.

 Spiegel-online (21.11.2006): Giftfreie Baumwolle soll Arme ernähren

Bio-Baumwolle: Ungenutztes Potential

Foto: A.Dreher/www.pixelio.de
Foto: A.Dreher/www.pixelio.de

Weniger als 1% Baumwolle wird weltweit ökologisch angebaut. Die Vorteile der Bio-Baumwolle liegen jedoch auf der Hand. Wer Biobaumwolle anbaut muss eine Fruchtfolge einhalten, um so die Schädlinge besser in Schach zu halten. Nach einem Jahr Baumwolle werden im nächsten Jahr Bohnen, Erbsen oder eine andere Nahrungsfrucht angebaut. So können sich die Böden erholen und gleichzeitig produzieren die Bauern ihre eigenen Lebensmittel. Außerdem bleibt Dünger im Boden.

Zudem sind die Preise, die für ökologisch erzeugte Baumwolle bezahlt werden, höher und verlässlicher. Das Projekt von transfair in Burkina Faso arbeitet beispielsweise nach diesen Prinzipien. Das groß angelegte und vom Otto-Versand geförderte Projekt Cotton made in Afrika schließt Gentechnik ebenfalls aus, ist aber nicht so transparent und umfassend wie andere Programme, auch die sozialen und ökologischen Standards sind niedriger. C&A wiederum setzt zumindest bei seinen "Bio-Cotton"-Produkten auf zertifizierte biologische (und damit gentechnikfreie) Baumwolle.

Es liegt an den Kundinnen und Kunden, sich zu informieren und bewusst einzukaufen - und vielleicht auch mal wieder über einen Flohmarkt zu schlendern...

 Deutschlandfunk (09.02.2009): Beliebter Rohstoff
 Ökologisch und sozial verträglich angebaute Baumwolle
 Cotton made in Africa

Was können Sie tun?

Achten Sie beim Textil-Einkauf auf Siegel, die ökologischen Anbau von Baumwolle und soziale Mindeststandards garantieren, z.B. GOTS, IVN BEST oder Naturland - oder zumindest nach international anerkannten Standards als Bio-Baumwolle zertifiziert sind. Nur der Anbau von Bio-Baumwolle ermöglicht es den Landwirten, unabhängig von Saatgutkonzernen zu arbeiten. Dies sichert die Ernährung ihrer Familien und belastet die Umwelt nicht mit synthetischen Pflanzenschutzmitteln.

Noch ein Tipp: Flohmärkte, Second-Hand-Läden und Tauschbörsen bieten nicht nur tolle Schnäppchen, sondern auch eine besonders umweltschonende Alternative zum Neukauf..

 

Kirsten Brodde klärt in ihrem Buch "Saubere Sachen: Wie man grüne Mode findet und sich vor Öko-Etikettenschwindel schützt" (Januar 2009) über die feinen Unterschiede auf. In Greenpeace Magazin gibt sie einen Überblick über die Thematik:

 Greenpeace Magazin / Kirsten Brodde (März 2008): Grün Couture

In dem Infokasten rechts finden Sie unter Tipps für "saubere" Klamotten weitere nützliche Links.

Hintergrundinfos

  • Fragen und Antworten zum Thema Bekleidung/Baumwollbekleidung hat das Umweltinstitut München e.V. zusammengestellt. Es geht hier um Probleme des konventionellen Baumwollanbaus, Chemikalien bei der Verarbeitung von Baumwolle sowie um Gentechnikbaumwolle: Fragen und Antworten – Bekleidung – Baumwollbekleidung

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Smartphone Reportage

„Killing Seeds“

(GEO, ausgezeichnet mit dem Salus-Medienpreis 2013,  ansehen) [Foto: windorias geändert Infodienst / pixelio]

Nachrichten

 Schweizer Bauer: Baumwolle: Agrarkonzerne wegen Gentech-Lobbying angeprangert (16.02.15)
 Genfoodneindanke: Immer noch ein Problem: Gentechnik in Bio-Baumwolle (10.02.15)
 Le Monde diplomatique: Von wegen Naturprodukt: Genbaumwolle als globale Massenware (09.01.15)
 Infodienst: Entwicklungshelfer warnen vor Gentechnik-Baumwolle (09.07.14)
 Infodienst: Kenia könnte bald Gentech-Baumwolle einführen (03.06.14)
 Zeit Online Blog: Gentechnik verdrängt Biobaumwolle (09.04.14)
 Infodienst: Protest gegen Gentechnik bei Bremer Baumwollkonferenz (19.03.14)
 Schweizer Bauer: Biobaumwolle: Gute Rentabilität trotz tieferer Erträge (06.12.13)
 Infodienst: Studie vergleicht Bio- und Gentechnik-Baumwolle in Indien (05.12.13)
 Infodienst: Runder Tisch lobt Gentechnik-Baumwolle über den grünen Klee (25.10.13)
 The Hindu: You have quit Europe, now quit India, farmers tell Monsanto (09.08.13)
 Infodienst: „Neuer Tiefpunkt“: Kritik an Risikobewertung von Gentech-Baumwolle (22.07.13)
 The International: Are GM Seeds to Blame for Indian Farmer Suicides? (21.02.13)
 Indien: Gentechnik-Baumwolle wirft immer weniger ab (12.02.13)
 Indischer Bundesstaat verbietet Gentech-Baumwolle (10.08.12)
 Indien: Regionalregierung fragt nach Auswirkungen von Gentechnik auf Bauern (08.08.12)
 Selbstmorde: Der stille Tod von Indiens Bauern (31.07.12)
 Indischer Minister: Gentechnikunternehmen haben ausgebeutet (26.07.12)
 Indien: Abkehr von der Gentech-Baumwolle (24.07.12)
 Indien: Cotton brings doom to tribal farmers (22.07.12)
 Indien: Heftige Kritik an Studie zu Gentechnik-Baumwolle (04.07.12)
 Burkina Faso: Gentech-Baumwolle enttäuscht (GID Juni 2012)
 Gentech-Baumwolle macht Bauern ärmer (22.10.10)
 Monsanto bestätigt Resistenzbildung (19.03.10)
 GEA: Den Willen der Verbraucher respektieren (15.02.10)
 Superunkräuter durch Gentechnik (03.02.10)
 Biobaumwolle gentechnisch verunreinigt (22.01.10)
 Burkina Faso will in großem Stil Gen-Baumwolle anbauen (22.05.09)
 Gentech-Baumwolle von BAYER in Südafrika (10.11.08)

Wussten Sie schon, ...?


...dass Gentechnik bei Textilien nicht ausgewiesen werden muss?

Gentechnik verschlimmert Armut

Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen in Genf hat sich mit der Lage verarmter Kleinbauern in Indien befasst und dabei festgestellt, dass die Gentechnik-Konzerne mit ihren Produkten die Lage der Bauern noch verschlimmert hätten. Er bezog sich dabei insbesondere auf indische Baumwollfarmer, die aufgrund der schlechten Erträge der Gen-Baumwolle in die Schuldenfalle gerieten und zu Tausenden Selbstmord begingen.
 genfoodneindanke.de

Heimliche Kontamination

Ein wenig beachtetes, aber interessantes Thema: Seit vielen Jahren lassen transnationale Konzerne des Agrobiotech-Sektors und die Forschung ihre neuen Saaten von Mais, Raps, Baumwolle oder Sojabohnen in Entwicklungsländern testen und vermehren. Sie umgehen so die strengeren Sicherheitsbestimmungen in ihren eigenen Ländern. Was für Folgen dies für die einzelnen Länder hat, erfährt man aus einer Fallstudie von Ute Sprenger, die die Saatgutvermehrung von Soja und Baumwolle in Costa Rica unter die Lupe genommen hat.

 Ute Sprenger (Februar 2007): Heimliche Kontamination - transgenes Saatgut, Biosicherheit und zivilgesellschaftliche Intervention in Costa Rica

Zulassung erteilt

Im Oktober 2008 hat die EU den Import von gentechnisch veränderter Baumwolle der Firma Bayer zugelassen. Die Coordination gegen Bayer-Gefahren hat sich die Gefahren des Anbaus und Bayers Aktivitäten genauer angesehen:

 CBG: Wachsende Risiken: Gentech-Baumwolle von Bayer

Video: Ein Jahr ohne neue Kleidung

Video von Spiegel Online (2:33 Min.)
Video von Spiegel Online (2:33 Min.)

BLOGS

Das Thema "Saubere Kleidung" rückt immer mehr ins Bewusstsein der Menschen. In diesen Blogs wird diskutiert und aufgeklärt:

 Kirsten Brodde: Grüne Mode
 Korrekte Klamotten

Bt-Baumwolle