09.04.2019 |

Agrarministerium: Artenschutzauflage für Pestizide rechtswidrig

Behörden BVL Eingang zum Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Berlin (Quelle: BVL, Gloger)

Umwelt- und Landwirtschaftsministerium streiten seit Wochen um Artenschutzauflagen für Pestizide mit und ohne Glyphosat. Die wichtigste Auflage des Umweltbundesamtes sei rechtlich nicht umsetzbar, erklärte nun die Zulassungsbehörde von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner.

Der Streit begann bereits im November 2018. Damals legte Bundesumweltministerin Svenja Schulze einen Vorschlag zum Glyphosatausstieg vor und nutzte damit geschickt eine Lücke aus. Denn Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hatte seit ihren Glyphosatausstiegsversprechungen im April 2018 nichts Substanzielles geliefert.
Ein Kernelement von Schulzes Vorschlag waren Auflagen zum Artenschutz, die ihr Umweltbundesamt (UBA) an künftig zuzulassende Pestizide stellte. Die wichtigste: Landwirte, die Glyphosat und andere die Artenvielfalt gefährdende Pestizide einsetzen, müssen ab Anfang 2020 zehn Prozent ihrer Betriebsflächen als pestizidfreie Schutzflächen vorhalten. Zu diesen Biodiversitätsflächen zählt das UBA Blühflächen, Brachen oder Getreideäcker mit geringer Saatdichte.
Nach den deutschen Spielregeln erfolgen Pestizidzulassungen durch das dem Landwirtschaftsministerium unterstehende Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), allerdings im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt. Das BVL müsste also die UBA-Auflagen in die Zulassungsbescheide übernehmen.

Das BVL ließ Ende Februar 18 Pestizide zu, darunter eines mit dem Wirkstoff Glyphosat. Ohne die genannte Auflage und deshalb befristet bis Ende 2019. Das UBA nannte dieses Vorgehen „rechtswidrig“, Umweltministerin Svenja Schulze schimpfte im Deutschlandfunk: „So geht das nicht“.

Das BVL hat seinen Standpunkt nun ausführlich dargelegt. „Die Forderungen des UBA zum Schutz des Naturhaushalts, etwa zur Einhaltung von Abständen zu angrenzenden Flächen und Gewässern, und/oder zum Einsatz von abdriftmindernder Technik wurden bei den Zulassungsentscheidungen zu den einzelnen Pflanzenschutzmitteln berücksichtigt“, schreibt das BVL. Die vom UBA ab 2020 geforderte Anwendungsbestimmung sei jedoch „rechtlich nicht umsetzbar“. Das Pflanzenschutzrecht erlaube nur Bestimmungen in einem „unmittelbaren Zusammenhang mit der Anwendung des Pflanzenschutzmittels auf einer konkreten Anwendungsfläche“. Von der Anwendung losgelöste Pflichten, wie die Bereitstellung einer Ausgleichsfläche seien im Gesetz nicht vorgesehen. Aus Sicht des BVL stellt die UBA-Bestimmung einen „gravierenden Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum der Landwirte dar, da sie dadurch faktisch an der Nutzung eines Teils ihres Eigentums gehindert werden“. Ein solcher Eingriff wäre nur auf Basis einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage zulässig, die im Pflanzenschutzrecht nicht vorhanden sei, argumentiert das BVL. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner ließ durchblicken, dass auch das SPD-geführte Justizministerium diese juristischen Bedenken teile. UBA und Umweltministerium ließen eine Anfrage des Infodienstes zur Argumentation des BVL unbeantwortet.

Die Online-Aktivisten von Campact sehen hinter der befristeten Zulassung bis Ende 2019 einen Trick. Sie argumentieren, dass nach Ablauf der befristeten Zulassung Ende 2019 das BVL diese einfach verlängern könne. Denn bei technischen Verlängerungen müsse das UBA nicht mehr einbezogen werden. Knapp 400.000 Menschen haben Julia Klöckner via Campact inzwischen aufgefordert, keine Zulassungen zu verlängern. [lf]

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