16.01.2019 |

Glyphosat-Bewertung: Noch mehr Plagiat als bisher angenommen

Europäisches Parlament, Foto: https://flic.kr/p/bCXLTT Europäisches Parlament, Foto: https://flic.kr/p/bCXLTT

UPDATE +++ Das Europäische Parlament hat heute mit großer Mehrheit beschlossen, dass die Risikobewertung von Pestiziden im Zulassungsverfahren reformiert werden muss. Bereits gestern hatten EU-Parlamentarier eine neue Studie veröffentlicht, wonach bei der Einschätzung von Glyphosat wesentliche Angaben von Herstellern wörtlich übernommen wurden. Das betroffene Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bezeichnete den Begriff „Plagiat“ als „nicht zutreffend.“

Das BfR habe in seiner 2015 vorgelegten Bewertung ganze Passagen aus einem Antrag des Herstellers Monsanto (Bayer) „wortwörtlich abgeschrieben“ und als eigene Feststellung ausgegeben, erläuterte der Plagiatprüfer Stefan Weber vor Journalisten im Europäischen Parlament in Straßburg. Dieses Vorgehen sei „eindeutig als Plagiat“ zu werten. Die an der Erstellung der Studie beteiligte österreichische Umweltorganisation Global2000 erläuterte, dass die Plagiate ausschließlich in den Unterkapiteln über publizierte unabhängige Studien festgestellt worden seien. „Studienbeschreibungen und Bewertungen aus dem Zulassungsantrag der Glyphosat-Hersteller wurden dabei kopiert und im Bewertungsbericht als die Beschreibungen und Bewertungen der Behörde dargestellt“, schreibt Global2000. Das BfR habe keine der insgesamt 58 auf diese Art „bewerteten“ unabhängigen Studien als relevant oder zuverlässig eingestuft. Darunter hätten sich auch die epidemiologischen Studien befunden, mit denen die WHO-Krebsforschungsagentur den Verdacht begründete, dass Glyphosat beim Menschen Krebs verursacht. Die Autoren der Plagiatstudie kommen zu dem Ergebnis, dass das Vorgehen des BfR nichts mit einer unabhängigen, objektiven und transparenten Risikobewertung zu tun habe.

Das BfR räumte ein, es habe „die detaillierten Studienbeschreibungen und die Bewertungen der Antragsteller aufgeführt, diese aber kritisch kommentiert (in kursiver Schrift)“. So könne „für jede einzelne Studie nachvollzogen werden, ob das BfR und die Antragsteller zu gleichen oder unterschiedlichen Bewertungen gekommen sind“. Für alle Studien seien eigenständige Bewertungen hinsichtlich der Relevanz, der wissenschaftlichen Qualität und Aussagekraft gemäß den gesetzlichen Vorgaben vorgenommen worden. „Das Verfahren zur Bewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen wie Glyphosat ist durch eine EU-weit geltende Gesetzgebung geregelt“, schreibt das BfR.

Genau diese Gesetzgebung steht seit der umstrittenen Wiederzulassung von Glyphosat im Dezember 2017 auf dem Prüfstand. Das EU-Parlament hatte im Februar 2018 einen Sonderausschuss (PEST) eingerichtet, der das EU-Zulassungsverfahren für Pestizide analysieren und Verbesserungen vorschlagen sollte. Der im Oktober vorgestellte Bericht des Ausschusses wurde heute vom Plenum des Parlaments verabschiedet. Die von neun Abgeordneten des Ausschusses fraktionsübergreifend in Auftrag gegebene Plagiatstudie soll noch einmal die Notwendigkeit der Reform verdeutlichen und auf den Bericht hinweisen. Die Plagiatvorwürfe selbst wurden bereits im Oktober 2017 erstmals öffentlich und sind in der jetzt vorgelegten Studie ausführlicher und umfangreicher bearbeitet worden als damals. Worum es politisch geht, erklärt die grüne EP-Abgeordnete Marita Heubuch: „Der PEST-Abschlussbericht legt die Grundlage für transparente und unabhängige Entscheidungen über die Zulassung giftiger Stoffe, die Bundesregierung sollte sich daran halten.“
Der Bund für Umwelt- und Naturschutz BUND forderte, das Risiko von Pestiziden müsse künftig unabhängig von der Industrie geprüft werden. "Um unabhängige Studien zu finanzieren, ist es sinnvoll einen Fonds einzurichten, in den die Industrie einzahlt, der aber unabhängig verwaltet wird", schlug BUND-Agrarexpertin Katrin Wenz vor. Sie forderte, bei der Risikobewertung auch Langzeitwirkungen und Kombinationseffekte zu beachten. [lf/vef]

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