09.11.2017 |

Glyphosat: keine Mehrheit für 5-Jahres-Vorschlag der EU-Kommission

RoundUp von Bayer/Monsanto (Foto: Mike Mozart, http://bit.ly/2yIfwuQ, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/) RoundUp von Bayer/Monsanto (Foto: Mike Mozart, bit.ly/2yIfwuQ, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)

UPDATE +++ Die Europäische Kommission ist mit ihrem Vorschlag gescheitert, das Pflanzengift Glyphosat für weitere fünf Jahre zu erlauben. Wie erwartet fanden die Mitgliedsländer heute in Brüssel weder dafür noch dagegen eine qualifizierte Mehrheit. Unterdessen hat Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) der EU-Kommission signalisiert, Deutschland könne einer Verlängerung der Glyphosat-Zulassung um drei Jahre zustimmen.
In einem Brief an den zuständigen EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis verwies Schmidt am Mittwoch darauf, dass Frankreich diese Position teile. Nicht geteilt wird sie aber offenbar innerhalb der noch amtierenden Bundesregierung. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) verurteilte Schmidts Vorstoß, der nicht einmal mit dem Bundeskanzleramt abgestimmt gewesen sei als „Foulspiel“. „Die Kommission hat bis heute keinerlei Vorkehrungen gegen die katastrophalen Auswirkungen auf die Artenvielfalt vorgesehen“, kritisierte Hendricks. Daher bleibe sie bei ihrem Nein zur weiteren Zulassung von Glyphosat.
Hier will Schmidt offenbar Abhilfe schaffen. Er schlug dem EU-Kommissar vor, die 2016 gemeinsam mit dem Umweltministerium eingebrachte Biodiversitätsklausel in die Zulassung mit aufzunehmen. Außerdem regte er an, Glyphosat für den Privatgebrauch zu verbieten und das Genehmigungsverfahren für „Pflanzenschutzmittel“ zu optimieren.
Während Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth (SPD) Schmidts Vorstoß auf Twitter als wenig sondierungsfreundliches Verhalten anprangerte, reagierten die Grünen, die mit der CDU gerade eine Jamaika-Koalition ausloten, erstaunlich gelassen. Es sei „bemerkenswert“, wie weit der Agrarminister sich schon bewegt habe, meinte etwa der grüne Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. „Um grüne Unterstützung zu bekommen, fehlt aber noch das klare Bekenntnis zum Ausstieg“, stellte der Pestizidexperte klar. Außerdem müsse die Anwendung von Glyphosat in der Landwirtschaft sofort und deutlich beschränkt werden. Die Grünen hatten die CDU mehrfach davor gewarnt, die Zulassung für Glyphosat in der EU während der Koalitionsverhandlungen durchzuwinken.
Wenig Effekt hatte der Brief des Agrarministers offenbar in Brüssel. Wie eine Sprecherin dem Infodienst Gentechnik auf Anfrage mitteilte, werde die EU-Kommission den Mitgliedsländern bei der nächsten Beratung erneut ihren Fünf-Jahres-Vorschlag vorlegen. Der sogenannte Berufungsausschuss, bei dem hochrangige Vertreter der EU-Staaten erneut diskutieren und abstimmen werden, soll voraussichtlich noch vor dem 22. November tagen. Experten gehen nicht davon aus, dass sich die Mehrheitsverhältnisse bis dahin ändern werden. Das könnte bedeuten, dass die EU-Kommission die Entscheidung über Glyphosat dann doch selbst treffen will. Die aktuelle Zulassung läuft am 15.12.2017 aus.
Im zuständigen EU-Ausschuss stimmten heute 14 Mitgliedsländer dafür, das Pflanzengift für weitere fünf Jahre zu erlauben. Sie repräsentieren 36,5 Prozent der EU-Bevölkerung. Neun Staaten waren dagegen, fünf enthielten sich der Stimme, darunter Deutschland. Für eine qualifizierte Mehrheit ist ein Votum von 16 EU-Staaten nötig, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten.
„Aus Umweltsicht war der Entwurf eine einzige Enttäuschung“, kritisierte der Naturschutzbund Deutschland (NABU) die Beschlussvorlage von Gesundheitskommissar Andriukaitis. „Die Kommission hatte weder ein Verbot der Sikkation vorgesehen noch Glyphosat im Haus- und Kleingartenbereich oder in Schutzgebieten verbieten wollen“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Die Jamaika-Sondierer forderte er auf, mindestens ein schrittweises Verbot des Totalherbizids in den Koalitionsvertrag aufzunehmen.
Ein Ausstiegsprogramm für Glyphosat aus der Landwirtschaft forderte der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND). „Landwirte brauchen Beratung und Unterstützung für einen Ackerbau, der ohne Glyphosat auskommt“, so BUND-Pestizidexpertin Heike Moldenhauer. Und ihre Verbandskollegin Christiane Huxdorff von Greenpeace ergänzte: „Die künftige Bundesregierung muss sich für ein nationales wie europäisches Verbot von Glyphosat stark machen.“ [vef]

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