Dossier: Hunger und Gentechnik

Gentechnik-Pflanzen ohne Nutzen für Entwicklungsländer

Ob Gentechnik-Pflanzen wirklich dabei helfen können, die Probleme der armen Länder zu lösen, scheint weiterhin mehr als fraglich. Schon der Bericht des Weltagrarrats hat 2008 klargestellt, dass die beste Lösung für das Hungerproblem eine regional angepasste, nachhaltige Landwirtschaft ist. Der Arbeitsbericht des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag kommt zu ähnlichen Ergebnissen: "Der Bericht belegt eindringlich, dass selbst nach zwölf Jahren großflächigen Einsatzes von transgenem Saatgut der ökonomische, ökologische und soziale Nutzen nicht zu belegen ist. Daher sollten Forschung und Entwicklung für nachhaltigere und ökologische Alternativen zur Agrogentechnik gestärkt werden", so NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Das amerikanische Rodale Institute kommt nach 30 Jahren Vergleich von ökologischem, konventionellem und Gentechnik-Anbau zu dem Fazit, dass ökologische Methoden effizienter sind und bessere Chancen zur Anpassung an den Klimawandel bieten.

 Rodale Institute 2012: 30 Jahre Systemvergleich: Ökologischer Anbau effizienter als konventioneller (Ökopflanzen bei Trockenheit höhere Erträge als Gentech-Pflanzen)

 NABU: Gen-Pflanzen ohne Nutzen
 TAB: Bericht "Transgenes Saatgut in Entwicklungsländern" (April 2009)
 IAASTD: Weltagrarbericht

Unrealistische Heilsversprechen über Gentech-Wunderpflanzen

Die Ankündigungen der Gentechnik-Konzerne Monsanto, BASF, Syngenta, Bayer, Dow und DuPont-Pioneer, schon bald könne mit gentechnisch veränderten Nutzpflanzen der Welthunger bekämpft, die Energieversorgung gesichert oder dem Klimawandel begegnet werden, halten nach Analysen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) einer Überprüfung nicht Stand. Eine von der Publizistin Ute Sprenger für den BUND erstellte Studie mit dem Titel »Die Heilsversprechen der Gentechnikindustrie - ein Realitäts-Check« erbrachte das Ergebnis, dass Gentech-Pflanzen mit den genannten Eigenschaften in absehbarer Zeit nicht zur Marktreife kommen werden. Alle genannten Gentechnik-Konzerne erwirtschafteten den Löwenanteil ihres Umsatzes mit chemischen Spritzmitteln. Ihr vorrangiges Interesse sei, herbizidresistente Pflanzen und dazugehörige Spritzmittel in Kombination zu verkaufen.
Eine weitere Recherche von Foodwatch zeigt anhand des Beispiels "Golden Rice" auf, dass die Gentechnik-Industrie ihre Heilsversprechen bislang nicht einlösen konnte. Das vermeintliche Vorzeigeprojekt "Golden Rice" stellt sich insgesamt als eine Kampagne dar, mit der gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln zum Durchbruch verholfen werden soll.

 BUND (17.12.08): Unrealistische Heilsversprechen über Gentech-Wunderpflanzen
 BUND: Heilsversprechen der Gentechnikindustrie - Ein Realitätscheck, Dezember 2008
 foodwatch (07.01.2009): Fragwürdige Versprechen der Gentechnikindustrie

Weltargrarbericht: Nachhaltige Landwirtschaft als Mittel gegen Hunger

Das soll reichen?
Das soll reichen?

Gentechnik hilft nicht gegen den Hunger in der Welt. Im Gegenteil: Sie verschlimmert ihn, da sie zu Monopolisierung und einer industriellen Landwirtschaft führt, die einen hohen Einsatz von Pestiziden und Kunstdüngern erfordert. Die einzige Form von Hunger, den die Konzerne stillen, ist nicht „der Hunger in der Dritten Welt, sondern der Hunger der Aktionäre“, schlussfolgert die schwedische EU-Kommissarin Margot Walström. Auch der Weltagrarrat sieht in seinem jüngsten Bericht (April 2008) die Zukunft der Landwirtschaft in einer Rückbesinnung auf natürliche, regionale und nachhaltige Produktionsweisen.

 Rodale Institute 2012: 30 Jahre Systemvergleich: Ökologischer Anbau effizienter als konventioneller (Ökopflanzen bei Trockenheit höhere Erträge als Gentech-Pflanzen)

 IAASTD: Executive Summary of the Synthesis Report

 WOZ (07.05.2009): Brüder, Schwestern, auch Gott liebt diesen Reis
 jetzt.de (23.04.2008): Gentechnik macht nicht satt
 Zeit online (23.04.2008) China, Klima, Gentechnik - drei Irrtümer der Hungerdebatte
 Spiegel online (20.04.2008) LEBENSMITTELPREISE: Seehofer wirft Nahrungsmittelkonzernen Erpressung vor
 Spiegel online (15.04.2008): NAHRUNGSMITTELKRISE: Experten fordern radikale Umkehr der Agrarpolitik

Wer von der Nahrungsmittelkrise profitiert

Weniger als zehn Konzerne dominieren heute den Weltmarkt für Saatgut und Pestizide.  Mithilfe der Patentierung von Gentech-Pflanzen versuchen diese Unternehmen die Kontrolle über die weltweite Nahrungsmittelproduktion zu erlangen. Denn das sichert gerade auch in Zeiten des Mangels satte Profite. Während die Hilfszahlungen an die Hungernden viel zu zögerlich ausgezahlt werden, müssen sich Gentechnikkonzerne wie Monsanto keine Sorgen machen: Mit 3,6 Milliarden US-Dollar stiegen die Gewinne bereits im ersten Quartal 2008 um 26 Prozent.

Welternährungsgipfel: Broschüre erklärt entscheidende Erkenntnisse

1750g Getreide = 1l Milch = 218g Fleisch   Kalorien, die bei der Umwandlung von pflanzlichen in tierische Lebensmittel verloren gehen, könnten 3,5 Milliarden Menschen ernähren.
1750g Getreide = 1l Milch = 218g Fleisch Kalorien, die bei der Umwandlung von pflanzlichen in tierische Lebensmittel verloren gehen, könnten 3,5 Milliarden Menschen ernähren.

November 2009 - FAO-Chef Jaques Diouf hat im Vorfeld des Welternährungsgipfels aus Solidarität mit der eine Milliarde Menschen, die auf der Welt hungern, einen Tag lang nichts gegessen. Als Lösung schlägt die FAO vor, die Agrarproduktion bis zum Jahr 2050 zu verdoppeln. Dabei gibt es derzeit pro Kopf mehr Agrarproduktion als je zuvor. Und dennoch litten noch nie so viele Menschen an Hunger wie heute. Das Problem sind u.a. die Verluste bei der Lebensmittelproduktion, erläuterte Benny Härlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft in Berlin. Ein Großteil der Lebensmittel gehen bei der Ernte oder durch die Vernichtung von Lebensmitteln verloren. Auch der Verbrauch des Getreides für Futtermittel (35%) und andere Verwertung wie Kraftstoffherstellung (18%) seien ein Riesenproblem. Eine weitere dringende Frage ist die Übereinstimmung mit den Klimazielen: Die Landwirtschaft trägt mit 14% zur Erderwärmung bei. Der Weltagrarbericht, der von über 500 internationalen Wissenschaftlern erstellt wurde, schlägt als Lösung eine agrarökologische Evolution vor. Die Anpassung der Landwirtschaft an natürliche Gegebenheiten und Kreisläufe und an lokale Bedürfnisse sollen die Landwirtschaft effizienter und nachhaltiger machen. Gentechnik spielt insbesondere für kleine Bauern dabei keine Rolle, weil sie geld- und forschungsintensiv ist.
Um die dringenden Empfehlungen des Weltagrarberichts einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, hat Benny Härlin nun eine 40-Seitige Zusammenfassung geschrieben, die heute veröffentlicht wurde. Sie kann beim Bauernverlag bestellt werden. Auch die deutschsprachige Seite zum Bericht www. weltagrarbericht.de geht heute online. Dort finden Sie Hintergrundinformationen zu den Themen des Berichts, Tipps, was sie tun können und eine Karte mit weltweit aktiven Organisationen.

 www.weltagrarbericht.de
 Bauernstimme: Weltagrarbericht-Broschüren bestellen
 Zunkunftsstiftung Landwirtschaft: Der Welternährungsgipfel verdrängt die Realität

Deutsche Bank Studie: Kleinbäuerliche Landwirtschaft fördern

Eine überraschend kritische Studie zum Thema Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft kommt nun von der Deutschen Bank. Was 600 WissenschaftlerInnen schon letztes Jahr mit dem Weltagrarbericht verkündeten, wird nun auch in dieser neuen Studie deutlich: Die Bedeutung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft für die globale Lebensmittelversorgung ist enorm. Die Agrarpolitik müsse sich an Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit orientieren. Auch die Gentechnik wird kritisch betrachtet.
 Infodienst (1.10.09)

Höhere Erträge durch Gentechnik?

Von der Industrie unabhängige Wissenschaftler bezweifeln die These von der Wirtschaftlichkeit transgener Pflanzen zunehmend. Nun sind auch Forscher des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) zu dem Schluss gekommen, dass ein Nutzen nicht erwiesen sei. Zuverlässige Daten fehlten, obwohl die Saaten schon seit 12 Jahren kommerziell genutzt werden.

 taz.de (29.04.2008): Gentechnikvorteile nicht bewiesen

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Monsanto verspricht trotzdem munter weiter, dass sich die Erträge von Gen-Pflanzen bis zum Jahr 2030 verdoppeln ließen - bei einer gleichzeitigen 30-prozentigen Ersparnis an Wasser, Landfläche und Energie.
 
Schattenblick (6.06.2008): Das Monsanto-Märchen von der Ertragsverdoppelung

...oder weniger?

Bei einer anderen Untersuchung von herbizidresistenter Soya war herausgekommen, dass die Ernte sogar geringer ausfallen kann, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden:
 The Independent (20.04.2008): Exposed: the great GM crops myth
Dem Wissenschaftler war es in der Untersuchung darum gegangen, inwieweit sich mit der Mangan-Düngung die Erträge von Gen-Soya steigern ließen. Dass die Gen-Soya im Vergleich mit konventioneller Soya so schlecht aussah, war eher ein unbeabsichtigtes Nebenergebnis. Deshalb kam zu folgenden Gegendarstellungen zum Independent-Artikel:

 Better Crops with Plant Food (28.04.2008): Manganese Nutrition of Glyphosate-Resistant and Conventional Soybeans
 CropGen (15.05.2008): Caught in the act

Mal hingehört...

Devinder Sharma, indischer Agrarexperte:
"In einem Radio-Interview in den USA wurde ich gefragt, was der US-amerikanische Präsident tun könne, um den indischen Bauern zu helfen. Es war eine Life-Sendung (sic!) und meine Antwort lautete: 'Lasst uns am besten in Ruhe.' Wenn sich Europa und die USA nicht länger bei uns einmischen würden, könnten wir die indische Landwirtschaft wieder so entwickeln, dass sie zu einem Modell würde, zu einem Vorbild für andere. Aber Europa und die USA hindern uns daran: Mit ihrer Handelspolitik, mit ihren Geldgeberorganisationen, mit ihren multinationalen Konzernen und mit ihren Versicherungsgesellschaften."

 telepolis.de: Teure Nahrungsmittel (23.04.2008)

Hier finden Sie Berichte zu den weltweiten Hungerrevolten:

 indymedia: Hungerrevolten und Ernährungskrisen

Die Unverbesserlichen

Obwohl sogar Gentechnik-Konzerne wie BASF Plant Science zugeben, dass die Gentechnik keine Lösung für die derzeitige Hungerkrise bietet, ist der Glauben an die Wunder der Biotechnologie in manchen Kreisen ungebrochen. Volker Kauder (CDU) will die Gentechnik nutzen, um das Angebot an Nahrungsmitteln auszuweiten. Die Zeitung Welt propagiert eine "Agrarrevolution" mithilfe der grünen Gentechnik. Untermauert wird die Diskussion mit zweifelhaften Umfragen, die einen Zusammenhang zwischen Hungerbekämpfung und Gentechnik herstellen.  Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die UN-Welternährungsorganisation (FAO) kommen in einem gemeinsamen Ausblick zwar zu der Erkenntnis, dass die steigende Nachfrage nach Biosprit maßgeblich für die derzeit hohen Lebensmittelpreise verantwortlich ist, aber einen Teil des Lösungsweges sehen sie in der Gentechnik.

 sueddeutsche.de (30.04.2008): Bio-Sprit-Boom verstärkt den Hunger
 welt online (24.04.2008): "Wir brauchen die Revolution auf dem Acker"
 sueddeutsche.de (23.04.2008): Gentechnik macht nicht satt

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Flächenfraß in Übersee

Laut Statistischem Bundesamt belegt Deutschland enorme Flächen im Ausland für die Erzeugung von Soja und Mais, die als Futtermittel in der hiesigen Tierhaltung eingesetzt werden. Für die einheimische Bevölkerung in den jeweiligen Ländern, oft Kleinbauern, fehlen dann Äcker, auf denen Nahrungsmittel angebaut werden können.

Zwischen 2000 und 2010 ist die Fläche, die Deutschland im Ausland für den Import von Getreide und Soja belegt um 43 Prozent gestiegen, berechnete das Amt. "Ge­wonnen werden die zusätzlichen An­bau­flächen oft durch Um­wandlung von Savannen in Acker­land; alte Weide­gebiete werden in ent­holzte Bereiche der Regen­wälder ver­lagert."

 zum Fachbericht (2013)

Zitate

  • Angela Merkel, Bundeskanzlerin: "Es wird angesichts der jährlich um 80 Millionen Menschen zunehmenden Weltbevölkerung in vielen Ländern akzeptiert, dass zur Lösung der Ernährungsprobleme auch gentechnisch veränderte Saatgüter oder Lebensmittel ihren Platz haben können." (2008 gegenüber Nachrichtenagentur AP)

  • Jean Ziegler, UN-Sonderberichterstatter: "Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft FAO sagt, dass zwölf Milliarden Menschen ernährt werden könnten. Warum geschieht das nicht?"

  • Bauernpräsident Sonnleitner: "Gentechnik löst unsere heutigen Probleme nicht."

  • Bundesagrarminister Seehofer: "Wir brauchen hier keine industrielle, sondern eine bäuerliche Landwirtschaft."

  • Unionsfraktionschef Kauder: "Wir müssen die Produktivität der Pflanzen erhöhen und sollten die Möglichkeiten der Gentechnologie nicht von vornherein ausschließen."

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Gentechnik verschlimmert Armut

Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen in Genf hat sich mit der Lage verarmter Kleinbauern in Indien befasst und dabei festgestellt, dass die Gentechnik-Konzerne mit ihren Produkten die Lage der Bauern noch verschlimmert hätten.
 genfoodneindanke.de

Öko-Landbau und Welternährung

Immer mehr Menschen benötigen immer mehr Nahrung. Gleichzeitig nimmt die für die  Landwirtschaft nutzbare Fläche ab. Der Ruf nach einer effektiveren Landnutzung wird deshalb immer lauter. Das heißt allerdings nicht, dass mehr synthetische Dünger oder gar Gentechnik auf die Äcker gehören. Lesen Sie hier, wie die Welt auch und gerade ökologisch ernährt werden kann:

 BÖLW: Kann Ökologischer Landbau die Welt ernähren?

Hunger und Gentechnik